Corona-Pandemie:Unternehmen droht Rückzahlung von Soforthilfe

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Corona-Soforthilfe konnte man nicht nur mit Papierformularen beantragen, sondern auch online. (Foto: Robert Michael/dpa)

Im Corona-Frühjahr 2020 warb die Staatsregierung bei Unternehmern darum, sich für die schnelle Unterstützung zu bewerben. Nun könnte doch noch eine Rechnung kommen.

Von Maximilian Gerl

Das Schreiben, das derzeit in vielen bayerischen Briefkästen landet, ruft Fragezeichen hervor - und Frust. "Erinnerung an Ihre Verpflichtung zur Überprüfung der erhaltenen Corona-Soforthilfe", lautet der Betreff. Unternehmerinnen und Unternehmer, die zwischen März und Mai 2020 finanzielle Unterstützung wegen pandemiebedingter Einbußen anmeldeten, sollen nun über ein Online-Formular nachweisen, dass sie das Geld zu Recht erhielten. Ansonsten müssen sie die "Überkompensation" anteilig oder ganz zurückzahlen.

Hilfe, einst versprochen, nun wieder hergeben - kann das sein? Die Aufregung ist jedenfalls groß, bestätigen Wirtschaftsvertreter. Dabei hatte die Staatsregierung, als der Freistaat in den ersten Corona-Lockdown taumelte, noch darum geworben, sich fleißig um ihre Soforthilfe zu bewerben. An 260 000 bayerische Firmen wurden schließlich insgesamt 2,2 Milliarden Euro ausgezahlt, überwiegend finanziert vom Bund. Das lief nicht ohne Ärger ab. Das Programm war, notgedrungen, mit heißer Nadel gestrickt, unter anderem Solo-Selbständige fühlten sich ausgeschlossen.

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Und jetzt: wieder Stoff für Diskussionen. Allein bei einer Infoveranstaltung des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga am Mittwoch schalteten sich 200 Betriebe zu, erzählt Geschäftsführer Thomas Geppert am Telefon. "Eigentlich ist das Kind schon vor zweieinhalb Jahren in den Brunnen gefallen", als die Vorgaben für das Programm gemacht wurden. Ähnliches ist vom Bund der Selbständigen zu hören: Viele hätten nicht erwartet, die Hilfe zurückzahlen zu müssen. "Wenn ich meine Leute damals nicht in Kurzarbeit geschickt habe, werde ich jetzt bestraft", sagt Sprecher Stefan Julinek. Dabei sorgten die hohen Energiekosten für genug Probleme.

Im Kern geht es wie 2020 um dieselbe Frage: Wie die "Liquiditätsengpässe" zu verstehen sind, denen die Soforthilfe begegnen soll. Der Engpass berechnet sich "aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand ... abzüglich der Einnahmen" oder stark vereinfacht: Umsatz minus Kosten ergibt Fehlbetrag. Die Personalkosten aber wurden dabei ausgeschlossen, man konnte sie nicht geltend machen. Außerdem sollte der Zuschuss zurückgezahlt werden, wenn der Engpass kleiner als erwartet ausfällt. Letzteres ist durchaus üblich. So sahen die 2013 aufgesetzten Fluthilfen vor, dass Geschädigte ihr Sofortgeld zurücküberweisen, wenn die Versicherung einspringt. Eine Art Anti-Betrugs-Mechanismus also.

Zu vage Rechenangaben beklagten indes schon damals viele Unternehmer. Manche waren vielleicht auch überfordert, als sie die Soforthilfe beantragten, eine Prüfung durch den Steuerberater brauchte es nicht. Und: Andere Bundesländer zeigten sich bei den Personalkosten flexibler, sagt Dehoga-Chef Geppert. Diese würden zum Beispiel in Baden-Württemberg und Sachsen anerkannt. Etliche Betriebe hätten zudem verpflichtend öffnen müssen, Rastanlagen etwa. Auch Minijobber und Azubis habe man nicht einfach in Kurzarbeit schicken können.

Man hoffe auf längere Rückzahlungsfristen

Den Frust vergrößert, dass das bayerische Wirtschaftsministerium früher keine größeren Nachkontrollen durchführen wollte. Nun heißt es von dort: Der Bund fordere sie. Stichprobenartige Überprüfungen ließen auf eine "erhebliche Zahl an Soforthilfe-Empfängern schließen, die rückblickend zu hohe Hilfszahlungen erhalten haben". Auch wegen des ordnungsgemäßen Umgangs mit Steuermitteln müsse das Ministerium die Empfänger auf ihre Verpflichtung hinweisen. Das hierfür konzipierte Online-Verfahren sei so gestaltet worden, dass möglichst wenig Aufwand entstehe. "Es muss lediglich die ursprüngliche Prognose selbsttätig überprüft und das Ergebnis mitgeteilt werden."

Angesichts der Komplexität des Ganzen will der Gaststättenverband auf die Politik "nicht draufhauen". Dafür hofft man auf längere Rückzahlungsfristen, Stichtag ist derzeit der 30. Juni 2023. "Gut gedacht, schlecht gemacht", beurteilt der Bund der Selbständigen die Soforthilfe. Er rät Unternehmern, die ihren Hilfsantrag alleine erstellt haben, "prüfende Dritte" einzuschalten - ansonsten drohe womöglich Subventionsbetrug. Eigentlich, sagt Sprecher Julinek, sei der Staat in der Krise ja entgegenkommend gewesen. Dass Geld zurückgefordert werde, "empfindet man trotzdem als ungerecht".

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