Bildung in der Pandemie:Wie Bayerns Schulen sich auf die vierte Welle vorbereiten

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Vor der Rückkehr an die Schulen sollen die Schüler einen PCR-Test machen lassen - so wünscht es sich der Kultusminister. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Die Zahlen steigen, das Ferienende kommt in Sicht. Bei Lehrern und Eltern steigt die Sorge vor Homeschooling. Doch die Politik rüstet auf: Mit PCR-, Lolli-Tests und Impftrupps will man Herr der Lage werden.

Von Viktoria Spinrad, München

Die Inzidenzen steigen teils wieder über die 100er-Marke und mit ihnen die Nervosität an den Schulen. Präsenzunterricht, das hatte das Kultusministerium immer wieder betont, ist das Ziel, für das man alles tun wolle. Wie, das zeichnet sich drei Wochen vor Beginn des Schuljahres zunehmend ab: mit freiwilligen PCR-Tests vor Schulbeginn, Lolli-Pooltests an den Grund- und Förderschulen und mit Impftrupps in den Schulen.

Letzteres hatten das Gesundheits- und Kultusministerium am Donnerstag angekündigt. Es ist die Fortsetzung des Programms, das bereits kurz vor den Ferien eher erfolglos eingeführt worden war: Impftrupps sollen in Koordination mit der Schule, dem lokalen Impfzentrum und der Kommune an die Schulen kommen und die Schüler impfen. Eine Verpflichtung gibt es nicht, das Programm ist freiwillig - sowohl seitens der Organisatoren als auch für die Impflinge.

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Entsprechend positiv fiel die Resonanz am Freitag aus. "Das kann man nur unterstützen", sagte Andreas Fischer, stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Schulleiterverbands und Schulleiter einer Grundschule in Landau an der Isar. "Das ist ganz in unserem Sinne." Ähnlich sieht es Martin Löwe vom Bayerischen Elternverband. "Die Schulen sind der Ort, wo man alle Kinder erreicht", sagt er. Und auch die SPD und die Schüler nehmen den Vorstoß positiv auf - mit einer Einschränkung: Beide hätten sich eine vom Freistaat koordinierte, flächendeckende Aktion gewünscht: "Beim Thema Impfen kann es nur eine Meinung geben", so Nevio Zuber vom Landesschülerrat.

Dass es zu diesem Thema mehrere Meinungen gibt, weiß auch das zuständige Gesundheitsministerium. Vor der Sommerpause hatte es zusammen mit dem Kultusministerium bereits ein Angebot für Impftrupps an den Schulen gemacht. Allerdings galt dieses zu diesem Zeitpunkt nur für volljährige Schüler - eben die Gruppe, die zu diesem Zeitpunkt nach den Abschlussprüfungen zumeist gar nicht an der Schule war. Seit die Impfempfehlung der Stiko ab zwölf Jahren galt, stieg der politische Druck, das Impfen an Schulen voranzutreiben. Das soll nun geschehen, auf Basis der Freiwilligkeit, wie das Gesundheitsministerium betont.

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Luft nach oben gibt es bei den Impfquoten unter den Jugendlichen noch: Dem Gesundheitsministerium zufolge waren bis Donnerstag 25 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen in Bayern erstgeimpft. Nun obliegt es den Schulleitern, ob sie die Impftrupps zu sich rufen. Für viele dürfte das keine ganz einfache Entscheidung sein: Vielerorts waren sie zuletzt im Sandwich zwischen Eltern, die das Maskentragen in der Schule für unzumutbar hielten, und solchen, die Angst hatten, ihr Kind aus Angst vor einer Infektion überhaupt in die Schule zu schicken. Vor dem Sommer betonten auch viele, dass sie mit einer solchen Aktion befürchten, Druck auf die Schüler auszuüben. Fischer zeigt sich jedoch gelassen: "Kein Lehrer und kein Schulleiter wird Druck ausüben." An den Kapazitäten in den Impfzentren dürfte es kaum scheitern: Hier herrschte zuletzt eher Flaute.

Mittlerweile zeichnet sich auch ab, wiegenau das Testen an den Grund- und Förderschulen ablaufen sollen. Demnach sollen die Schüler regelmäßig mit Lolli-Pooltests getestet werden. Pooltests, bei denen die Proben einer Gruppe zunächst einmal zusammengeführt und in einem Rutsch getestet werden, hatten sich zuletzt als deutlich zuverlässiger erwiesen als Schnelltests. Eben deshalb fordern Verbände wie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, diese auch für weitere Schulen einzuführen. "Sie sind das Mittel der Wahl", sagt Landesvorsitzende Martina Borgendale.

Allerdings nicht das Mittel der unbegrenzten Möglichkeiten. Das Gesundheitsministerium hatte zuletzt immer wieder betont, dass die Laborkapazitäten begrenzt seien. Fest steht, dass man sich beim Pooltesten nun auf die Jüngsten fokussiert, die noch nicht geimpft werden können. Das Konzept dazu wurde Verbänden am Mittwoch vorgestellt; dem Vernehmen nach will man es Nordrhein-Westfalen nachmachen und die Unternehmensberatung "Boston Consulting" beauftragen, die Strukturen aufzubauen.

Bevor es so weit ist, sollen die Schüler sich noch vor der Rückkehr an die Schulen auf das Coronavirus testen. Einen entsprechenden eindringlichen Appell hat Kultusminister Michael Piazolo (FW) vor den Sommerferien geäußert. Schwieriger wird dies nun dadurch gemacht, dass PCR-Tests nur noch an kommunalen Testzentren kostenfrei gemacht werden können. Eine offene Flanke im Maßnahmenpaket sind derweil noch die Luftfilter: Hier herrscht ein Flickenteppich - viele Landkreise und Kommunen haben aus Kostengründen auf eine Anschaffung verzichtet.

© SZ vom 21.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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