Der verstorbene Fußballkaiser Franz Beckenbauer hat wohl mehr ehrende Nachrufe erhalten, als er Tore geschossen hat. Selbst seine vom alten Giesinger Milieu gefärbte Sprachkunst wurde eingehend gewürdigt. Ein interessanter Aspekt aus Beckenbauers Sprachkosmos blieb aber laut dem Sprachverein Bund Bairische Sprache unbeachtet. Es geht um ein Phänomen, das sich in einigen Regionen in Bayern erhalten hat. Dort ist im Laufe der Sprachentwicklung aus dem mittelhochdeutschen Doppelvokal "iu" kurzerhand ein "ui" geworden. Deshalb sagen ältere Menschen im Bayerischen Wald und im Werdenfelser Land drui statt drei und nui statt nei (neu, mittelhochdeutsch: niuwe). "Des is ebbs Nuis", rufen sie oder auch: "Der Franz hod a nuis Auto." Und der Teufel (mittelhochdeutsch: tiuvel) wird zum Duife.
Diese ui-Variation gebrauchte auch Beckenbauer. Etwa, wenn er von "Nui York" sprach statt von "Nju York". Der Sprachwissenschaftler Bernhard Stör schränkt allerdings ein, diese Aussprache habe mit dem Idiom im Werdenfelser Land gar nichts zu tun. Die Giesinger Volksschüler hätten halt damals kein Englisch gelernt, deshalb den Buchstaben "j" im englischen Wort new nicht wahrgenommen und stattdessen unbedarft nui gesagt.
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Umgekehrt gewöhnte sich Beckenbauer beim Reden das Wort Spui ab, das in Giesing gängig war. Er sagte vielmehr Spill ("gut, dass das Spill vorbei ist"). Daran war wohl sein Manager Robert Schwan schuld, der seinem Schützling eine hochdeutsche Aussprache aufzwängte, die das Giesinger Idiom unterdrücken sollte. Das Ergebnis klang nicht immer vollendet.
Eine Folge des zwanghaften Schönredens könnte auch Beckenbauers berühmte Phrase "gehts raus und spuits Fuaßboi" sein. Das Richtungsadverb klingt hier etwas schräg, korrekt müsste es heißen: gehts naus oder gehts ausse. Um zu klären, ob Beckenbauer wirklich raus gesagt hat oder ob die Journalisten den Spruch falsch wiedergaben, bräuchte man einen O-Ton, der im Archiv hoffentlich noch gefunden wird.