Bauernproteste in Bayern:"Lassen uns nicht einfach mehrere Monatseinkommen aus der Tasche ziehen"

Lesezeit: 2 min

Traktoren von protestierenden Landwirten hatten am Montag die Auffahrt zur Autobahn A3 in Richtung Nürnberg blockiert. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Der Bauernverband erwägt drastischere Protestaktionen. Auf dem Volksfestplatz in Nürnberg findet mittags die dritte große Kundgebung der Woche statt. Die Lage am Freitag.

Tausende Landwirte wollen am Freitag bei zahlreichen Kundgebungen erneut ihren Ärger über die Sparpläne der Bundesregierung auf die Straßen tragen. Eine große Kundgebung ist in Nürnberg (11 Uhr) geplant. In einer Sternfahrt wollen die Bauern mit Traktoren in die Frankenmetropole fahren. Die Stadt erwartet etwa 6000 Teilnehmer, geplant ist ein Auftritt von CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder. Bauernverband und CSU sind einander verbunden: Der bayerische Bauernpräsident Günther Felßner ist für die CSU kommunalpolitisch aktiv.

Gleichzeitig wollen in München die Spediteure gegen die Politik der Bundesregierung protestieren, 800 Lkw wollen nach Angaben der Veranstalter in die Landeshauptstadt fahren. Dabei geht es vor allem um die Erhöhung der Lkw-Maut. Während Söder in Nürnberg spricht, will sein Stellvertreter und Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger an der Münchner Kundgebung teilnehmen, ebenso wie Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU).

Proteste der Landwirte
:Großdemo der Bauern in Berlin: keine schnelle Diesellösung gefunden

Bei der Kundgebung vor dem Brandenburger Tor beschimpfen die Landwirte FDP-Chef Lindner. Ampel-Vertreter bemühen sich bei Gesprächen um Zeichen des Entgegenkommens.

Wegen der Protestaktionen des Bayerischen Bauernverbands (BBV) und des Verbands Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) ist es am Freitagmorgen zu Verkehrsbehinderungen gekommen. Bereits seit etwa 6.30 Uhr kommt es im Nürnberger Stadtgebiet und allen wichtigen Einfahrtsstraßen zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen.

In Eckental (Landkreis Erlangen-Höchstadt) wurde bei einem Auffahrunfall zweier Traktoren ein Mensch verletzt. Für München rät die Polizei, soweit möglich auf öffentliche Verkehrsmittel auszuweichen - allerdings sollten wegen des Lokführer-Streiks dort am Freitag tagsüber auch kaum S-Bahnen fahren.

Streit um den Agrardiesel ist nur der unmittelbare Auslöser

Die Proteste der Landwirte richtet sich gegen geplante Subventionskürzungen der Bundesregierung. Innerhalb von drei Jahren soll die Steuerbegünstigung für Agrardiesel abgeschafft werden. Dass die Ampelkoalition einen Teil ihrer Kürzungspläne zurückgenommen hat, reicht den Landwirten nicht aus.

Der Streit um den Agrardiesel ist aber nur der unmittelbare Auslöser, da Frust und Ärger in der Bauernschaft schon seit Jahren schwelen. Sofern die Bundesregierung nicht kurzfristig noch einlenkt, wollen die Landwirte am Montag weiter protestieren.

"Lassen uns nicht einfach mehrere Monatseinkommen aus der Tasche ziehen"

Und womöglich könnte diese Proteste dann auch drastischer ausfallen. "Wir haben bisher davon abgesehen, Infrastruktur zu blockieren, etwa die Lebensmittelversorgung. Aber wir lassen uns nicht einfach mehrere Monatseinkommen aus der Tasche ziehen", sagte Verbandspräsident Günther Felßner der "Augsburger Allgemeinen" (Freitag). "Wir werden unsere Aktivitäten erst einstellen, wenn beide Maßnahmen zurückgenommen werden - die Kfz-Steuer und die Streichung der Agrardieselbeihilfe."

Dass die Ampelkoalition einen Teil ihrer Kürzungspläne zurückgenommen hat, reicht dem Bauernverband nicht aus. Die Bauern bekämen bisher einen Teil der Mineralölsteuer zurück, weil sie meist auf dem Acker und nicht auf der Straße fahren, sagte Felßner. Der Agrardiesel sei für die bayerischen Landwirte wichtig: "Für einen Vollerwerbsbetrieb bedeutet die Agrardieselvergütung ein bis zwei Monatseinkommen - bei meinem Hof 4500 Euro jährlich." Im Durchschnitt habe ein Bauernhof in Bayern im vergangenen Jahr zwischen 80 000 und 90 000 Euro erwirtschaftet. Aber auf dem Hof arbeiteten oft zwei bis drei Personen, und außerdem müssten davon noch die Investitionen sowie die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden.

© SZ/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBauerndemos
:"Hier ist das Volk"

Bei den Protesten gegen die Streichung von Agrarsubventionen heizt der FW-Chef Hubert Aiwanger die Stimmung unter den Teilnehmern massiv an. Er poltert gegen "Party People" in Berlin.

Von Johann Osel und Lisa Schnell

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: