Landtagswahl in Bayern:Aiwanger will das Landwirtschaftsministerium

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Eine Kulisse, in der sich Neben-Agrarminister Hubert Aiwanger gefällt: Kühe im Hintergrund, Journalisten davor und alle Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Beflügelt von den guten Umfragewerten sendet der FW-Chef in einem Interview eindeutige Signale Richtung Koalitionspartner CSU. Nicht nur deswegen ist das ein bemerkenswertes Gespräch.

Kolumne von Katja Auer

Es läuft gerade für die Freien Wähler in Bayern, dem aktuellen BR-Bayerntrend zufolge kommen sie auf 17 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung und wären damit erstmals zweitstärkste Kraft im Land. Da wird das Laufen vor lauter Kraft schon schwierig und nun hat FW-Chef Hubert Aiwanger dem Ministerpräsidenten per Interview ausgerichtet, auf was der sich einrichten kann. "Jetzt erst mal die Wahl abwarten", sagte Aiwanger der Augsburger Allgemeinen, "aber Landwirtschaft ist uns schon sehr wichtig." Das darf als Kampfansage interpretiert werden - und zwar als eine um das Landwirtschaftsministerium.

Das klingt selbstbewusst und ist noch nicht das Bemerkenswerteste an dem Interview, in dem die Rede auch auf das hetzerische Flugblatt kommt, das zu Schulzeiten in Aiwangers Schultasche gefunden wurde. Die Fragen danach passten dem Wirtschaftsminister wohl nicht, sodass sie hernach bei der Autorisierung einfach gestrichen wurden. Es ist zwar üblich, ein Wortlaut-Interview dem Befragten noch einmal vorzulegen, damit dieser schnell dahingesagte Antworten eventuell glätten kann. In die Fragen einzugreifen oder sie gar zu streichen, ist allerdings nicht vorgesehen.

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Also druckte die Augsburger Allgemeine die vier Fragen nach der Flugblatt-Affäre - ohne Antwort. Etwa diese: "Was uns überrascht hat, ist, dass Sie sich an so viele Dinge nicht mehr erinnern können, wo es doch ein so einschneidendes Erlebnis war in Ihrer Jugend. Wenn sich so ein Schuldirektor vor einem aufbaut zur Standpauke, das weiß man doch noch."

Auf andere Fragen antwortet Aiwanger schon, auf jene etwa, was er fordern würde bei einem Ergebnis von 17 Prozent. Das Landwirtschaftsministerium möchte er also für seine Freien Wähler haben, er geriert sich ohnehin wie ein Neben-Agrarminister. Ob Wolfsabschuss oder Anbindehaltung, Wald, Gülle, Kuhfladen, bis die Haupt-Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber schaut, hat Aiwanger schon seine Ansicht kundgetan. Da schert ihn keine Zuständigkeit.

Hubert Aiwanger
:"Schauma moi, ob de Kühe nu scheißen dürfen"

Weil seine Tiere zu viel Dreck im Ort hinterließen, soll ein Landwirt im oberbayerischen Pähl Strafe zahlen. Nicht mit Hubert Aiwanger! Der Freie-Wähler-Chef übernimmt das Bußgeld und festigt damit seinen inoffiziellen Ruf als Minister für Kuhfladen und Bauernseelen.

Von Johann Osel

Den CSU-Kollegen geht der Minister für Kuhfladen und Bauernseelen gehörig auf die Nerven. Und gerade das Landwirtschaftsministerium will Markus Söder nicht hergeben, das hat er schon im Juli beim CSU-Bezirkstag in der Oberpfalz betont. Sollten sich also CSU und Freie Wähler nach der Landtagswahl wieder zusammentun, was ja beide Seiten trotz der Flugblatt-Affäre versichert haben, werden die Koalitionsverhandlungen diesmal weniger harmonisch verlaufen als vor fünf Jahren.

Wenigstens muss nun niemand mehr so tun, als verbinde die Bündnispartner mehr als Pragmatismus zum Machterhalt. Wie es wirklich um das Verhältnis zwischen Söder und Aiwanger bestellt ist, das hat dieser in besagtem Interview jedenfalls beantwortet: "Ein Herz und eine Seele waren wir noch nie, aber wir arbeiten im Sinne Bayerns zusammen."

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