Politik:AfD-Politiker Johannes Huber will aus seiner Partei austreten

Lesezeit: 2 min

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes Huber will zum Jahreswechsel seine Partei verlassen. (Foto: Marco Einfeldt)

Das hat der Freisinger Bundestagsabgeordnete in einem Telegram-Kanal angekündigt. Aus dem rechten Lager wird er als "opportunistischer Beutegeier" beschimpft. Auch der AfD-Politiker Uwe Witt verlässt Partei und Fraktion.

Von Johann Osel, München/Freising

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes Huber hat angekündigt, die Partei zum Jahreswechsel zu verlassen. Zugleich wird er aus der Fraktion im Bundestag ausscheiden, sein Mandat will er aber behalten. Dies postete der Politiker aus dem Wahlkreis Freising, der 2017 erstmals über die Liste in den Bundestag gewählt wurde und vor drei Monaten erneut, in einer Mitgliedergruppe der bayerischen AfD. Der Beitrag liegt der SZ vor. Huber bestätigte die Entscheidung dann auf Anfrage am Donnerstagnachmittag, er wolle einen "klaren Schnitt" machen - unter Verweis auf ein umstrittenes Telegram-Posting kürzlich über Trickserei bei Corona-Tests. Die Gründe, die der 34-Jährige in der schriftlichen Erklärung nannte, lieferten dennoch ein eher konfuses Bild; auch in der Interpretation vieler Parteikollegen.

Huber teilte darin mit, er habe sich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, es gehe ihm darum, "die freiheitlich-demokratische Oppositionsbewegung und die friedlichen Spaziergänger in Deutschland zu schützen". Er wolle persönliche Konsequenzen ziehen "in einem Berufsfeld, in dem die Kultur der Verantwortungslosigkeit weit verbreitet ist". Ferner schreibt er von "der allgemeinen Verunsicherung bis in die private Sphäre und Familien hinein, für die die Regierenden spätestens seit dem gebrochenen Versprechen verantwortlich sind, einen Impfzwang zu vermeiden".

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"Opportunistischer Beutegeier"

Selbst gut informierte Parteikollegen zeigten sich am Donnerstag etwas ratlos. Eine Deutung ist, dass Huber die Partei "womöglich vor Schlimmerem bewahren will", seine Person betreffend. Die Staatsanwaltschaft Landshut prüfte zuletzt die besagte Telegram-Nachricht des Abgeordneten, diese liest sich wie eine Anleitung zur Erschleichung eines positiven Corona-Tests. "Womöglich kommt in der Richtung noch mehr", ist in der AfD zu hören. Huber war zudem einer der aktivsten Protagonisten jener Telegram-Gruppe, die seit Wochen Unruhe in der Landespolitik auslöst. In dem Chat mit Hunderten Politikern, Funktionären, Mitgliedern und Sympathisanten der AfD wurden Umsturzfantasien und die Systemfrage geäußert. Laut Analysen der Chats durch die SZ war Huber im Frühjahr 2020, als die AfD bei Pandemiebeginn den Regierungskurs mittrug, einer der ersten, die sich abzusetzen versuchten. Etwa den Namen "Södolf" für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) gebrauchte auch Huber in Postings.

Huber wurden früher Tendenzen zum völkischen "Flügel" der AfD nachgesagt; zuletzt trat er aber intern und auch 2021 beim Listenparteitag als Mitstreiter des gemäßigteren Lagers auf. Deshalb kommt nun vor allem in "Flügel"-Kreisen harsche Kritik an Hubers "stupider" Austrittsbegründung auf. Da er durch zwei volle Perioden im Bundestag "fette" Pensionsansprüche habe, sei er ein "opportunistischer Beutegeier", hieß es, "der die AfD verlässt, aber natürlich das kürzlich erworbene Mandat behält". Doch auch in liberaleren AfD-Kreisen legte man am Donnerstag Huber die Aufgabe des Mandats nahe.

Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Witt verlässt Partei und Fraktion

Als Reaktion auf "Grenzüberschreitungen" von AfD-Mitgliedern hat der AfD-Bundestagsabgeordnete Uwe Witt seinen Austritt aus der Partei und der Fraktion erklärt. Sein Mandat will der Abgeordnete aus Schleswig-Holstein, der als Vertreter der moderaten Strömung in der Partei galt, weiter ausüben. In einem Schreiben an die AfD-Bundesgeschäftsstelle und die Landesgeschäftsstelle der Partei in Kiel, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, führte Witt weiter aus, er habe öffentlich immer "klare Positionen in Bezug auf parteiinterne Vorgänge" artikuliert. Zudem habe er darauf hingewiesen, dass er Konsequenzen ziehen würde, falls "diese benannten Grenzüberschreitungen innerhalb der Partei die Bundestagsfraktion erreichen sollten oder der Bundesvorstand keine klare Kante bei Grenzüberschreitungen von Parteimitgliedern beweist".

Er werde sich öffentlich Mitte Januar zu seinem Austritt aus Partei und Fraktion äußern, sagte Witt auf Anfrage. Der Abgeordnete ist Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Er gehörte dem Bundestag bereits in der vergangenen Wahlperiode an, damals noch als Mitglied des AfD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen.

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