Schauspieler Adnan Maral:Die Kunst, Kulturen zu kreuzen

Lesezeit: 4 min

Türkisch-bayerischer Brückenschlag: Produzent und Schauspieler Adnan Maral zwischen Film-Frau Anne (Victoria Mayer, links) und Schwägerin Farah (Siir Eloglu). (Foto: ARD Degeto/Yalla Productions)

Der Schauspieler und Produzent Adnan Maral treibt in seinen Filmen bayerisch-türkische Rollenklischee auf die Spitze, so auch in seinem jüngsten ARD-Projekt "Servus, Schwiegermutter!". Privat geht er mit dem Thema Geschlechterkampf ganz anders um.

Von Barbara Hordych, München

Als seine Eltern 1970 als Gastarbeiter aus einem kleinen Dorf im Nordosten der Türkei nach Frankfurt kamen, stand für seine Mutter von Anfang an fest: "Ich arbeite auch!", erzählt der Schauspieler und Produzent Adnan Maral bei einem Treffen im Café Mariandl. Und schon ist man mittendrin im vor 60 Jahren geschlossenen deutsch-türkischen Anwerbeabkommen, in dessen Folge Hunderttausende Arbeiter nach Deutschland kamen - biografischer Hintergrund auch für Maral. Bekannt geworden ist er in der Rolle des Metin Öztürk, eines überkorrekten Kriminalkommissars und Patchwork-Familienvaters in der ARD- Serie "Türkisch für Anfänger". Als solcher war er "deutscher als die Deutschen", eine Rolle, die er als Heizungsinstallateur Toni Freitag noch zugespitzter verkörpert. Vor zwei Jahren war die ARD-Komödie "Servus, Schwiegersohn!" mit fünf Millionen Zuschauern ein Quotenerfolg, jetzt folgt am 29. Oktober um 20.15 Uhr die Fortsetzung "Servus, Schwiegermutter!".

Als Toni mimt Maral einen vorbildlich assimilierten Muster-Bayern, der mit seiner Familie im oberbayerischen Bergham lebt, sich im Schützenverein und bei Dorffesten engagiert. Sogar den Nachnamen seiner Frau hat er angenommen. "Ich denke, es ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis, zu einer Gesellschaft dazugehören zu wollen", sagt Maral über seinen Toni. Mit seiner türkischen Herkunft hingegen tue er sich als Toni schwer. Als nach bewährtem Komödien-Gesetz seine Tochter Franzi aus dem Urlaub ausgerechnet den türkischstämmigen Berliner Osman als Bräutigam mit nach Hause bringt, ist das Toni gar nicht recht. Nach dem Motto "Servus, Schwiegersohn!" versuchte er die beiden wieder zu trennen, was ihm kräftig misslang. In der Fortsetzung "Servus, Schwiegermutter!" warten neue Herausforderungen auf Toni: Osmans Mutter Farah steht urplötzlich im idyllischen Bergham vor der Tür. Und sorgt für einige Unruhe.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Es sind Komödien, in denen mit Vorurteilen und Klischees gespielt, in denen sie vor allem aber auch ironisch gebrochen werden. Maral nennt sie "Cross-Culture-Filme", das ist ihm lieber als der Begriff "Culture-Clash", denn es gehe ihm nicht um die Konkurrenz der Nationalitäten und Kulturen, sondern um deren Kreuzung und Akzeptanz. So wie er und seine Frau Franziska, eine Schweizerin, es auch zu Hause praktizieren: Mit ihren drei Kindern sprechen sie Türkisch, Deutsch und Schwiizerdütsch. "Ich käme nie auf die Idee, meine türkische Herkunft zu verleugnen oder etwas Derartiges von anderen Menschen zu verlangen", so Maral.

Er selbst war ein "Schlüsselkind" - und es gab eine Ersatz-Oma im Haus

Aber zurück in die frühen Siebziger Jahre. Beide Eltern waren also in der Fabrik tätig. Die Mutter in einer Stanzerei, der Vater in einer Baufirma. Wie haben sie das geregelt, mit drei Kindern? Immerhin waren berufstätige Frauen seinerzeit keine Selbstverständlichkeit, Mittagsbetreuungen in Schulen nicht üblich. "Wir hatten eine tolle Nachbarschaft und ich habe zwei ältere Brüder, die mit auf mich aufgepasst haben", erinnert sich Maral. "Trotzdem war ich das, was man damals ein Schlüsselkind nannte". Und wenn er mal seinen Schlüssel vergessen hatte, die älteren Brüder nicht zu Hause waren, dann gab es eine Ersatz-Oma im Haus. "Sie machte dann Pfannkuchen für mich oder die anderen Kinder im Haus. Dieses Essen habe ich erst in Deutschland kennengelernt."

In dem Film "Servus, Schwiegermutter!" sind die beiden Ehefrauen ganz selbstverständlich berufstätig - einerlei, ob sie türkischer oder bayerischer Herkunft sind. Trotzdem kommt es zu Konflikten. Denn jetzt, wo Tochter beziehungsweise Sohn erwachsen sind, treten neue Spannungen auf. Den beiden Frauen, die jahrelang die Firmen ihrer jeweiligen Männer mitgetragen haben, passt die Lastenverteilung nicht mehr. Insbesondere wenn Toni sich nach seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Schützenkönig nun auch noch als Bürgermeisterkandidat aufstellen lässt - angeblich mit "voller familiärer Rückendeckung".

Abschied
:Monika Gruber zieht sich zurück

Zumindest von der Bühne: Ihr neues Programm "ohne Worte" soll das letzte der Kabarettistin sein. Leise wird sie trotzdem nicht.

Doch die bröckelt. Denn seine Frau Anne sieht nicht ein, dass Toni seine Interessen weiterverfolgt, während sie immer mehr Zeit mit der gemeinsamen Heizungsfirma verbringen soll. Tochter Franzi wiederum findet ein neues Kinderhaus für Bergham sowieso viel wichtiger als das von ihrem Vater vollmundig versprochene neue Schützenhaus. Ihre Mutter schließt sich dieser Ansicht an, bekommt Schützenhilfe von Farah, die ihren "Pascha"-Ehemann Mesut kurzentschlossen verlassen hat - wegen festgefahrener Rollenverteilung in Ehe und Betrieb, einem Brautmodengeschäft.

Es geht auch um universelle Themen wie die Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann

"Ganz unabhängig von den beiden Kulturen, die hier miteinander in Kontakt kommen, geht es doch um universelle Themen zwischen den Geschlechtern: Wer nimmt sich den Freiraum, wer bekommt ihn, und ja, auf wessen Kosten geschieht das?", sagt Maral. Ausführlich habe er sich mit seiner Frau, einer Schauspielerin, über das Thema beraten, mit dem auch das Ehepaar, das am Ammersee lebt, seine Erfahrung hat. Vor sechs Jahren gründeten sie gemeinsam die Produktionsfirma "Yalla" (was auf Türkisch und Arabisch so viel heißt wie "Los geht's!"). "Wir haben zwei Söhne und eine Tochter. Und natürlich war es so, dass meine Frau da streckenweise zurückgesteckt hat, als die Kinder jünger waren. Das ging nicht anders, denn gerade als Schauspieler war ich ja auch oft wochenweise mit Dreharbeiten beschäftigt." Aber dass das auf immer so bleiben müsse, sei keinesfalls fair und selbstverständlich, sagt Maral. Denn jetzt, wo die Kinder zwischen 11 und 16 Jahre alt seien, hätten sie die Berufstätigkeit wieder neu austariert. "Meine Frau arbeitet jetzt wieder mehr, in der Firma, aber auch als Schauspielerin." In "Servus, Schwiegermutter!" tritt sie als energische Bankberaterin auf.

Das Drehbuch haben wie beim ersten "Servus"-Film Enno Reese und Mike Viebrock geschrieben. Maral arbeitet gerne mit Menschen zusammen, die ihm vertraut sind. Das habe etwas mit Wertschätzung zu tun, erklärt er. Für ihn als Schauspieler-Produzent sei es wichtig, eine gute Stimmung am Set zu haben, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen. "Ich habe das am Set, wenn ich nur als Schauspieler im Einsatz war, auch schon anders erlebt. Da gibt es Regisseure, die mit Verunsicherung arbeiten, Angst erzeugen. Davon halte ich überhaupt nichts. Sowieso ist eine positive Stimmung nötig, damit Menschen über sich hinaus wachsen können."

Dass Toni und seine Anne, Mesut und Farah wieder zusammenfinden, nach Bürgermeister-Kampfkandidatur und kurzzeitigem Ehe-Aus, ist im Komödien-Format der ARD natürlich beschlossene Sache. Aber der Weg dahin ist ausgesprochen vergnüglich und verschweigt auch nicht die Untiefen zwischen den Geschlechtern. "Aber so ist es auch bei mir: Ich möchte schon ernste Themen ansprechen, die eine Tiefe haben. Doch das muss mit einer Leichtigkeit geschehen, die auch unterhält", sagt Maral. Da eine Balance zu finden, das sei das Kunststück.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBayreuth
:"Man soll an der Garderobe des Festspielhauses sein Gehirn abgeben"

Warum verehren so viele Menschen Wagner? Der Regisseur Axel Brüggemeier hat eine Doku über das weltweite Phänomen gedreht. Ein Gespräch über die Ideologie des Egoismus und warum niemand den Komponisten besser erklärt als ein Metzgerehepaar aus Bayreuth.

Interview von Olaf Przybilla

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: