Bayerischer Landtag:Wenn die Staatsregierung die Auskunft verweigert

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  • Die Opposition im bayerischen Landtag kritisiert, dass Abgeordnete nicht ausreichend durch die Staatsregierung mit Informationen versorgt würden.
  • Die Antworten auf Anfragen seien häufig ausweichend oder sogar ablehnend.
  • Die Weigerung werde oft mit einem unverhältnismäßigen Arbeits- oder Verwaltungsaufwand begründet.

Von Claudia Henzler, Nürnberg/München

Die Oppositionsparteien im Landtag sehen ihre Möglichkeiten gefährdet, die Staatsregierung zu kontrollieren. Die Regierung nehme ihre Auskunftspflicht gegenüber den Abgeordneten nicht ernst, stellen SPD, Grüne und Freie Wähler fest. Die Landtagsabgeordneten würden nicht ausreichend mit Informationen versorgt. Die Ministerien antworteten auf parlamentarische Anfragen zu oft ausweichend oder sogar ablehnend.

"Die Qualität der Antworten lässt stark zu wünschen übrig", kritisiert Florian Streibl, parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler, den Umgang mit schriftlichen und mündlichen Anfragen. Er habe den Eindruck, "dass man sich teilweise immer weniger Mühe gibt - beziehungsweise man gibt sich Mühe, sie unzureichend zu beantworten". Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher sagt: "Es ist schlimmer geworden." Er befürchte, "dass es im Wahljahr für uns besonders schwierig wird, auf parlamentarische Anfragen noch echte valide Antworten zu bekommen".

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Ein Mitarbeiter der SPD-Fraktion fasst die Erfahrungen der Abgeordneten so zusammen: "Immer wieder erhalten wir bei schriftlichen Anfragen folgende Standardfloskel als Antwort: Zu den Fragen liegen der Staatsregierung keine statistischen Angaben vor. Ihre Erhebung wäre nur mit nicht vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich." Davon berichten auch die Grünen. "Bei der Beantwortung unserer Anfragen fällt auf, dass die Weigerung gehäuft mit einem unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand oder Verwaltungsaufwand begründet wird", sagt der parlamentarische Geschäftsführer Thomas Gehring.

Erst kürzlich hatte die SPD deswegen eine Auseinandersetzung mit Finanzminister Markus Söder. Markus Rinderspacher hatte im September schriftlich angefragt, ob und wie viele Strafzinsen der Freistaat für angelegtes Vermögen bezahlen muss - und sich eine aussagekräftige Liste über die einzelnen Guthaben, Fonds und Anlagen erhofft. Der Minister teilte ihm im November jedoch mit, dass die Daten "kurzfristig nicht ermittelt werden" könnten. Auch eine Gesamtsumme fand sich in der Antwort nicht. Rinderspacher drohte Söder daraufhin mit einer Klage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof.

Kaum war er damit an die Öffentlichkeit gegangen, gelang es Söders Mitarbeitern doch noch, Zahlen zu ermitteln. So teilte das Ministerium einem Journalisten der dpa mit, dass der Freistaat 2016 insgesamt etwa 1,5 Millionen Euro Negativzinsen zahlen musste. Eine detaillierte Auskunft soll folgen: Das Ministerium habe ihm zugesagt, so Rinderspacher, dass er die gewünschte Aufstellung im Laufe des Februars bekommen werde. Er bezeichnet diesen Vorgang als "typisch" und ein Zeichen für "politischen Unwillen". Die CSU-Regierung wolle der Opposition einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil bereiten, indem sie der Konkurrenz Informationen vorenthalte.

Anfragen sind eines der wichtigsten Instrumente der Abgeordneten im politischen Alltag. Um die Regierung zu kontrollieren, aber auch, damit sich die Parlamentarier selbst ein Bild von möglichen Problemlagen im Land machen und Konzepte entwickeln können. Nicht immer stoßen sie dabei auf Schwierigkeiten. In vielen Fällen geben Ministerien bereitwillig die geforderten Informationen heraus.

Mühsam wird es, wenn es "ans Eingemachte geht"

Deren Qualität hängt dabei nach den Erfahrungen vieler Abgeordneter vom Ministerium ab - und vom Thema der Anfrage. Wenn die Parlamentarier etwa die Abschusszahlen des Graureihers erfragen oder die Anzahl der Privatschüler wissen wollen, ist das kein Problem. Auch wenn sie eine Liste mit sanierungsbedürftigen Schwimmbädern verlangen, was einigen Verwaltungsaufwand bedeutet, können sie mit einer verwertbaren Antwort rechnen.

Spärlich kann die Auskunft sein, wenn die Abgeordneten Details zu Projekten verlangen, die Kabinettsmitglieder selbst publizistisch vermarkten wollen. Die Nürnberger Abgeordnete Verena Osgyan (Grüne) hat beispielsweise die Erfahrung gemacht, dass auf Pressekonferenzen mehr über das Museum Cadolzburg im Landkreis Fürth oder die geplante Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg zu erfahren war als aus den Antworten auf ihre Anfragen. Und das, obwohl sie im zuständigen Fachausschuss sitzt.

Mühsam wird es, wenn es "ans Eingemachte geht", wie Florian Streibl sagt. Dann wirken die Anfragen der Parlamentarier und die Antworten wie ein schriftlich geführter Kampf. Die Abgeordneten versuchen, möglichst präzise Fragen zu stellen - und das bei manchmal vagem Informationsstand. "Wie genau konnte es passieren, dass belastete Eier in den Verkauf kamen und wer hat da versagt?" - Mit solch einer Frage zum Salmonellenskandal bei der niederbayerischen Firma Bayern-Ei würden die Parlamentarier nicht weit kommen.

Die SPD erzwang eine Aufstellung über die Kosten der Verwandtenaffäre

Denn die Ministerien beantworten meist genau das präzise, wonach präzise gefragt wird. Deshalb liest sich eine SPD-Anfrage so: "1. a) Trifft es zu, dass über Zwischenhändler von Bayern-Ei während des Ausbruchsgeschehens vertriebene Eier von den Behörden nicht zurückgerufen wurden? b) Wenn ja, um wie viele Eier handelt es sich? c) Was waren die Gründe für das Unterlassen des Rückrufs? (...)"

Anders als in einigen anderen Bundesländern haben die Abgeordneten keinen generellen Anspruch auf Akteneinsicht - erst im Untersuchungsausschuss können sie diese verlangen.

Manchmal verweigert die Staatsregierung die Antworten ganz. Die Landtagsfraktionen müssen ihr Auskunftsrecht dann vor Gericht durchsetzen. Schon mehrmals ist das den Grünen gelungen, zuletzt 2014, als sie Informationen zu Aktivitäten von V-Leuten des Verfassungsschutzes verlangten. Die SPD erstritt sich 2011 Auskunft über Umfragen der Staatskanzlei, die hart an der Grenze zur Verquickung mit Parteiinteressen waren. 2014 erzwang sie eine Aufstellung über die Kosten der Verwandtenaffäre. Aus Sicht der Opposition muss der Klageweg aber die Ausnahme sein. "Anfragen sind ein zentrales parlamentarisches Kontrollinstrument. Die Erfüllung der Antwortpflicht muss die Regel sein", sagt Thomas Gehring.

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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