Brechtfestival Augsburg:Spiel und Sport beim Brechtfestival

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Augsburg widmet Bertolt Brecht jedes Jahr ein zehntägiges Festival. (Foto: Brechtfestival)

Das Brechtfestival 2024 zieht in den Stadtteil Oberhausen. In einer ehemaligen Textilfabrik soll ein "Kraftklub" entstehen, wo man sich mit Schwung gegen eine aussichtslose Zukunft stemmt.

Von Yvonne Poppek, Augsburg

Der Titel klingt nicht so, als sollte er zum Jahresmotto werden: "No Future". Was im ersten Moment deprimierend wirkt, ist eine Anspielung auf die Punk-Haltung der Siebzigerjahre und auf den gleichnamigen Song der Sex Pistols. Die Zeiten sehen übel aus, ist das ein Grund aufzugeben? Diese Frage lässt sich daraus lesen. Wie soll man auch auf eine Zukunft zugehen, die durch Kriege und Klimakrise so zugestellt erscheint? Zumindest ein paar Antworten soll das Augsburger Brechtfestival 2024 geben, das diesmal eben den Titel "No Future" trägt und vom 23. Februar bis 3. März stattfindet. Festivalleiter Julian Warner hat als Spielort den Stadtteil Oberhausen gewählt.

"Das Festival ist ein vielseitiges Training, das sich der drohenden Zukunftslosigkeit mit allen Mitteln stellt, die Kunst, Sport und Pop zu bieten haben", so wird die diesjährige Ausgabe angekündigt. Tatsächlich steht da "Sport": Es wird also wieder eine überraschende Mischung geben, ganz so wie bei der ersten Festivalausgabe, die Warner kuratierte. 2023 verlegte er das Brechtfestival in das Arbeiterviertel Lechhausen und ließ unter anderem bei einem großen Wrestling-Event die Probleme der Stadt auskämpfen. Warners Konzept kam gut an, nicht nur Hochkultur hatte Platz bei dem jährlichen Festival, mit dem Augsburg seines Sohnes Bertolt Brecht gedenkt. Warner arbeitete kleinteilig, band die lokalen Communities ein, entdeckte Orte wie das Zentrum der Alevitischen Gemeinde oder ein Trachtenvereinsheim, zog mit einer Parade von der Stadtmitte über den Lech.

Julian Warner ist der aktuelle Leiter des Brechtfestivals, insgesamt kuratiert er drei Ausgaben. (Foto: Julius Ertelt)

So ähnlich soll es auch 2024 funktionieren, diesmal in Oberhausen. Hier hat das Festival ebenfalls ein eigenwilliges Zentrum gefunden, eine ehemalige Textilfabrik gegenüber dem Plärrer-Gelände. "Brechts Kraftklub" soll dort einziehen, "ein Ort für Leibesübungen und Diskussionen, für Muskelaufbau und Kontroversen". Das Programm im Kraftklub besteht aus "Mitmachtrainings, Shows, Lesungen, Performances, Workshops, Filminstallationen, Clubnächten, Gesprächen und einer Live-Radio-Show", eine Bar und Essen der lokalen Gastro-Szene gibt es dort auch.

Eröffnet wird das Brechtfestival am 23. Februar vergleichsweise traditionell, nämlich mit David Ortmanns Inszenierung von Brechts "Mutter Courage und ihre Kinder" am Staatstheater Augsburg. Mit "Der kaukasische Kreidekreis" zum Ende des Festivals ist ein weiteres Brechtstück zu sehen, hier in einer Fassung von Helgard Haug des Kollektivs "Rimini Protokoll" mit dem Theater Hora (2. und 3.3.). Am 24. Februar beginnt das Programm im Kraftklub mit einem Turnfest, später folgen weitere Sportarten wie unter anderem Boxen, Tischtennis, Skateboardfahren, Yoga, wer kommt, kann sich oft auch aktiv beteiligen. Das Turnfest soll mit "Kraft, Spannung und Schwung" für "ein Aufbäumen gegen den Lauf der Geschichte in eine aussichtslose Zukunft und blinden Fortschrittsglauben" stehen. Warner kombiniert das Körperliche mit einer Rede der Philosophin Eva von Redecker, Grußworte aus drei Religionen und einer Klubnacht.

Tiefe Gedanken neben integrierendem Tun - dieser Ansatz bleibt für den Rest des Festivals gleich. Da kommt der Kulturwissenschaftler Diedrich Diederichsen genauso wie der Skateboardverein"Razed", die russische Regisseurin Anastasia Patlay, derzeit Artist at Risk-Stipendiatin des Brechthauses, die ihr Stück "Memoria"inzeniert; außerdem gibt es eine Brechtnacht mit Post-Punk.

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