Mitten in Ansbach:Typisch Franken?

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Warum eigentlich ist eine überschaubare Kommune Hauptstadt Mittelfrankens? Das dürften auch in Franken wenige wissen. Da trifft es sich gut, dass Ansbach demnächst Ort einer Landesausstellung sein wird, die den Franken auf den Grund gehen will.

Von Olaf Przybilla, Ansbach

In der losen Reihe "Franken verstehen" war hier zuletzt die Rede von den Sonderfällen Aschaffenburg (gehören zu Bayern, fühlen sich fränkisch, sprechen annähernd hessisch), Wertheim (gehören zu Baden, sind auch Franken) und Wunsiedel (sind Franken, sprechen mehrheitlich eher Altbairisch). Der Sonderfall Ansbach wiederum wäre einer eigenen Betrachtung wert und das nicht deshalb, weil den bedauernswerten Ansbachern vergangenes Jahr ihr 800-jähriges Stadtjubiläum regelrecht abgeschmiert ist, pandemiebedingt.

Nein, Ansbach ist insofern besonders, weil es auch eingeborene Franken mitunter ratlos zurücklässt. Die Hauptstadt der Oberpfalz, von Unterfranken, Oberbayern, Niederbayern, Schwaben? Versteht sich von selbst, die je größte Kommune des Bezirks ist auch Regierungssitz. Oberfranken ist weniger eindeutig, aber da hat sich bei zwei auf Augenhöhe konkurrierenden Kommunen (Bamberg und Bayreuth) eben eine durchgesetzt. In Mittelfranken aber? Wohnen im zusammengewachsenen Ballungsraum Nürnberg 800 000 Menschen - die regiert werden von Ansbach aus, 40 000 Einwohner. Könnte man seltsam finden.

Ist es auch, selbst Historiker tun sich schwer mit der Herleitung. Einen eindeutigen Beleg, warum Ansbach den Nürnbergern eine lange Nase drehen konnte, gibt's nicht. Nürnberg - so die gängige Noterklärung - war 1810 verschuldet; und stand unter Napoleon kurz auf der falschen Seite (Österreich), was den Bayern nicht gefiel. Warum also nicht einen Residenzflecken als Regierungssitz beglücken?

Dass die Landesausstellung 2022 unter dem Titel "Typisch Franken?" ausgerechnet in Ansbach stattfindet, entbehrt da nicht einer gewissen Ironie. Typisch fränkisch ist wohl auch, dass selbst Mitglieder dieses stolzen Stammes in den verschlungenen Pfaden ihrer Historie den Überblick leicht mal zu verlieren drohen. Hübsch auch, dass federführende Historiker vom Haus der Bayerischen Geschichte derzeit gefragte Leute in fränkischen Blättern sind und (als Nicht-wirklich-Franken) nach charakteristischen Stammeseigenschaften (der Franken) befragt werden.

Im Mai wird die Schau eröffnet, Grundsatzdebatten sind bereits eingeplant. "Ich wär' richtig enttäuscht, wenn sich keiner beschwert", hat kürzlich Haus-Chef Richard Loibl den Nürnberger Nachrichten gesagt. Die Sorge muss er nicht haben.

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