AfD in Bayern:Rechte als Richter

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15 ehrenamtliche Verfassungsrichter ergänzen die 22 Berufsrichterinnen und Berufsrichter in den Kammern des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, der dafür zuständig ist, die Landesverfassung auszulegen und zu wahren. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Die AfD steht in Bayern unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. In Reihen von CSU und Freien Wählern gibt es Erwägungen, auch zwei Kandidaten der Rechtsaußen-Partei an den Verfassungsgerichtshof zu wählen. SPD und Grüne wollen das verhindern.

Von Andreas Glas

Die Empörung war groß im Sommer 2021. Weil die Mehrheit sich enthielt und einige Nicht-AfD-Abgeordnete sogar zustimmten, war im baden-württembergischen Landtag ein Kandidat der AfD-Fraktion zum ehrenamtlichen Richter an den Landesverfassunsgerichtshof gewählt worden. Bei AfD-Kandidaten "sagt man ,Nein'. Immer", twitterte hinterher Grünen-Politiker Cem Özdemir. "Wenn Nazis Spiele spielen, dann erwarte ich von jedem, dass er den Rücken gerade macht", schrieb CDU-Europapolitiker Dennis Radtke.

An diesem Dienstag nun stehen in Bayern die Wahlen der ehrenamtlichen Verfassungsrichter an. Und am Montagnachmittag sprach manches dafür, dass CSU und Freie Wähler die Kandidaten der AfD durchwinken, die als Gesamtpartei vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird. Vor Kurzem noch hatten CSU, FW, Grüne und SPD den AfD-Bewerbern, die fürs Landtagspräsidium und Vorsitze in Fachausschüssen kandidiert hatten, ihre Stimmen verweigert. Aber jetzt?

Das Prozedere sah eigentlich vor, dass der Landtag nicht über jeden Richterkandidaten einzeln abstimmt, sondern gesammelt über die Kandidatinnen und Kandidaten aller Fraktionen. Wer die AfD-Bewerber verhindern will, müsste also auch die eigenen Kandidaten ablehnen - was kaum vorstellbar wäre. Auf dieses Verfahren hatte sich der Ältestenrat des Landtags verständigt - angeblich gegen den Willen der SPD. "Ich weiß nicht, wie jemand die Verfassung schützen soll, wenn er selbst nicht hinter der Verfassung steht", sagt SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Simone Strohmayr. Ihre Fraktion habe Einzelabstimmung beantragt, doch "die Mehrheit ist dem nicht nachgekommen". Die SPD will am Dienstag nochmals einen Antrag im Plenum stellen.

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Am Montagnachmittag haben sich dann auch die Grünen entschieden, doch eine Einzelabstimmung zu beantragen. "Wir Grüne haben uns die Vorschläge der AfD-Fraktion genau angesehen und sehen hier keine Verfassungstauglichkeit", sagt Parlamentsgeschäftsführer Jürgen Mistol. Für Landtagsvizepräsident Alexander Hold (FW) wiederum macht es einen Unterschied, ob ein AfD-Kandidat einen Landtagsausschuss leitet oder lediglich Mitglied eines Richtergremiums ist, was er offenbar noch für vertretbar hält. So schien man das bis zum Montagnachmittag auch bei der CSU zu sehen - aber dann kam die Nachricht, dass auch die Grünen einzeln abstimmen wollen. Ob CSU und FW trotzdem an der Sammelabstimmung festhalten, blieb zunächst offen.

Aufgrund ihres Wahlergebnisses stehen der AfD zwei Posten (samt Stellvertretern) als "nichtberufsrichterliche Verfassungsrichter" zu. 15 solcher Richter ergänzen die 22 Berufsrichterinnen und Berufsrichter in den Kammern des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, der dafür zuständig ist, die Landesverfassung auszulegen und zu wahren. Entsprechend ihrer Größe dürfen alle Fraktionen eigene Kandidaten (ohne Mandat) benennen, die "besondere Kenntnisse im öffentlichen Recht" haben sollen. In der vergangenen Legislatur wurden die AfD-Kandidaten vom Landtag gebilligt.

Zu den AfD-Kandidaten gehört erneut auch der Rechtsanwalt Rüdiger Imgart, der seit 2019 ehrenamtlicher Verfassungsrichter ist und dem Parlamentsgeschäftsführer Christoph Maier "höchste Kompetenz" zuschreibt. Imgart hatte sich im Sommer 2020 bei Corona-Protesten in Berlin unter jene Demonstranten gemischt, die den Reichstag stürmen wollten. Hinterher sagte er auf SZ-Anfrage, er habe sich nur ein Bild von der Demo machen wollen und sich nicht "mit irgendwelchen obskuren Forderungen einverstanden erklärt". Es gab Rücktrittsforderungen, doch Imgart blieb. Sanktionen oder eine Abberufung der Zusatzrichter kennt das Verfassungsgerichtshofgesetz nicht - wegen der richterlichen Unabhängigkeit.

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