Panama Papers:So verdiente Trump in Panama Millionen

Donald Trump 16x9 Panama Papers

Der Turm von Panama: Für ein Hochhaus mit 70 Stockwerken gab Trump seinen Namen her und verdiente damit prächtig. Seine Tochter Ivanka warb für das Projekt, das der Bauunternehmer Roger Khafif (Mitte) umsetzte.

(Foto: Peter Hoffmann)

Der mögliche US-Präsidentschaftskandidat taucht in den Panama Papers auf. Er verdient Millionen mit einem Luxus-Hochhaus, in das sehr viel Geld aus Briefkastenfirmen fließt.

Von Nicolas Richter, Washington

Der Bauunternehmer Roger Khafif hatte einen Traum. Er wollte die spektakulärste Immobilie Lateinamerikas errichten. Es sollte ein Hochhaus sein voller Wohnungen und Hotelzimmer, geschwungen wie ein straffes Segel im Wind. Der imposante und doch gefällige Turm sollte in Panama-Stadt liegen, unmittelbar am türkisblauen Ozean. Oben ein randloser Pool, der anscheinend über dem Pazifik schweben würde, unten ein Steg für Ausflugsboote, irgendwo noch ein Kasino, das Ganze ein Leuchtturm Mittelamerikas. Khafif, einem Geschäftsmann libanesischer Herkunft, fehlte es nicht an einer Vision, aber doch an einem großen eigenen Namen und damit an der Möglichkeit, Banken, Baufirmen und Käufer zu gewinnen.

Zum Glück für den unbekannten Herrn Khafif wollte der sehr bekannte New Yorker Geschäftsmann Donald Trump damals Mitte der Nullerjahre seinen Namen in aller Welt verbreiten, mehr noch als zuvor. Trump, vor allem wegen seiner Hochhäuser in Manhattan bekannt, entdeckte gerade Mittelamerika. Panama kannte er, weil er dort ein paar Jahre zuvor seinen Schönheitswettbewerb "Miss Universe" ausgerichtet hatte. Nun war die Zeit reif für ein größeres Projekt, also für ein Bauprojekt: Trump Ocean Club International Hotel and Tower, 70 Stockwerke, 500 Wohnungen, 370 Hotelzimmer. Ein Symbol des aufstrebenden Lateinamerika. Roger Khafif und Donald Trump wurden Partner.

Trump hat allem Anschein nach nie eine Briefkastenfirma von der berüchtigten Kanzlei Mossack Fonseca in Panama gründen oder verwalten lassen. Er bevorzugt die US-Steueroase Delaware. Aber sein Name und der seines Geschäftspartners Khafif tauchen in den Panama Papers doch immer wieder auf. Das ist nachvollziehbar bei einem Mann, der seinen Namen zu einer globalen Marke geformt hat und darunter sowohl Luxusimmobilien vertreiben lässt als auch Hemden und Krawatten. Trumps Verbindungen zu den Klienten Mossack Fonsecas sind allenfalls indirekt, aber sein Projekt Ocean Club war unter diesen Klienten durchaus begehrt.

Wie begehrt, zeigen die Panama Papers: Mossack Fonseca hat etlichen Interessenten dabei geholfen, Wohnungen im Trump Ocean Club zu kaufen und damit selbst eine Menge Geld verdient. Die Juristen in Panama-Stadt kümmerten sich um die Formalitäten, forderten Unterlagen an und besichtigten im Auftrag ihrer weltweit verstreuten Klienten die Immobilien. Das ergibt sich aus Hunderten Seiten interner Dokumente, die der Süddeutschen Zeitung zugespielt und mit der US-Zeitungsgruppe McClatchy ausgewertet wurden.

Gleich bei der ersten Pressekonferenz für den Ocean Club zeigte Trump seine notorische Vorliebe für Übertreibungen. Der talentierteste Verkäufer und Selbstvermarkter seiner Generation lobte den Ort und das geplante Hochhaus mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein. "Ich glaube, dass die Zeit für Panama gekommen ist", sagte er. "Es wird nur sehr, sehr wenige Gebäude geben, die es mit diesem aufnehmen können."

Der Unternehmer Khafif hatte damit genau das bekommen, was er sich vom Joint Venture mit dem Amerikaner versprochen hatte: einen großen Namen, der Investoren und Käufer anzieht. "In der damaligen Zeit stand der Name Trump sehr hoch im Kurs", sagt Khafif heute, um zu erklären, warum es den Turm ohne Trump wohl nie gegeben hätte. "Trump war der Name. Der Name schlechthin. Es war eine gute Geschäftsentscheidung, ihn einzubinden."

Trump - das klang nach Erfolgsgarantie. Donald Trump selbst verstärkte diesen Eindruck mit seinen großspurigen Sprüchen. Die 220 Millionen Dollar für den Bau musste man erst auftreiben, aber dank Trump war das kein Problem. Sieben große Geldhäuser, behauptete er einmal, "kämpfen darum, sich zu beteiligen".

So verdient Trump Geld mit seinem Namen

Der Turm in Panama veranschaulicht, wie das Geschäftsmodell Trumps funktioniert, und warum es so erfolgreich ist. Im Kern besteht es darin, den Namen Trump zu vermarkten. Zweitens geht es darum, an jenem Teil des Gebäudes zu verdienen, der sichere Erträge verspricht, ohne dabei eigenes Vermögen aufs Spiel zu setzen. Die Risiken dagegen bleiben möglichst dem Partner im Joint Venture überlassen. Wer es länger mit Trump zu tun hat, stellt zuweilen fest, dass sich allerhand Kleingedrucktes im Vertrag am Ende meist zugunsten Trumps auswirkt.

In mancher Hinsicht erinnert der Turm in Panama zudem an die politische Karriere Donald Trumps, der sich dieser Tage um die Nominierung der Republikanischen Partei für das Weiße Haus bewirbt. Es geht darum, mit einem großen Namen Aufmerksamkeit zu erregen und sich großen Ertrag zu sichern, ohne aber ein allzu großes Risiko einzugehen. Und sollte die Unternehmung am Ende schiefgehen, stehen genügend Partner oder Sündenböcke bereit, um die Kosten und die Schuld zu tragen. In Wirtschaft wie Politik kann es ein Erfolgsrezept sein, dass man einerseits wie die Überfigur wirkt, sich andererseits aber nicht zu sehr verstricken lässt.

Seine Lizenzierungsfirma hat zuletzt fünf Millionen Dollar abgeworfen

Juristisch wählte Trump für den Ocean Club in Panama eine bewährte Konstruktion. Zum einen würde er an dem Bauwerk verdienen, weil es seinen Namen trägt. Die Einkommensquelle lässt sich bis heute verfolgen, denn Trump hat bei Bekanntgabe seiner Präsidentschaftskandidatur seine Vermögensverhältnisse offengelegt. Seine Lizenzierungsfirma Trump Marks Panama hat demnach zuletzt einen Gewinn von fünf Millionen Dollar pro Jahr abgeworfen. Trump muss dafür nicht viel tun, außer seinen großen Namen zur Verfügung zu stellen. Gelegentlich werben seine Kinder für das Projekt. Auf der Website des Trump Ocean Club preist zum Beispiel seine Tochter Ivanka die Lobby "im Farbton örtlicher Blumen" an, das "Weltklasse-Shopping" in den Boutiquen sowie den Blick auf den Pazifischen Ozean.

Die zweite Einkommensquelle ist der Betrieb des Hotels im Trump Ocean Club. Die Verwaltung übernimmt die Firma Trump Panama Hotel Management LLC. Und die dritte Einkommensquelle liegt zeitweise in den ziemlich schnöden, aber doch lukrativen Aufgaben eines Hausverwalters. Die Firma Trump Panama Condominium Management LLC betreute demnach einst die Privatwohnungen und bat dafür die Eigentümer zur Kasse.

Für die Öffentlichkeit hört es sich so an, als sei Trump höchstpersönlich in Panama aktiv. Dabei vermietet er nur seinen Namen

Der Verkauf dieser Wohnungen dagegen obliegt Roger Khafif und seiner Firma Newland International Properties Corp. Leider hat Khafif Pech. Die Baukosten fallen wie so oft höher aus als erwartet, der Wohnungsverkauf leidet unter der globalen Finanzkrise. Mehrere Käufer sagen erst zu, dann wieder ab. Wenige Monate nach der Einweihung des Ocean Club im Juli 2011, an der Trump sowie Panamas damaliger Präsident Ricardo Martinelli teilnehmen, muss Khafifs Firma Newland Gläubigerschutz beantragen.

Trump tut in der Öffentlichkeit gern so, als sei er Miteigentümer des Ocean Club. "Wir machen dieses großartige, großartige Projekt in Panama, und es verkauft sich wie warme Semmeln", sagt er einmal. Wobei das "wir" suggeriert, der große Bauherr habe selbst etwas hochgezogen. Dass Trump aber gar nicht selbst größere Mengen Geld investiert, etwas baut oder Eigentümer ist, entnimmt man allenfalls dem Kleingedruckten auf der Website. "Trump Ocean Club gehört nicht Donald Trump oder der Trump Organisation und wird nicht von ihm oder ihr entwickelt oder verkauft", heißt es.

Dubiose Kundschaft: Wer sich für den Trump-Turm interessiert

Trump hat nur seinen Namen vermietet. Für den Immobilienmogul bietet das nicht nur den Vorteil, dass er mit dem Projekt so gut wie kein Risiko eingeht. Während sein Partner Khafif mit der Insolvenz kämpft, kassiert Trump bereits in den ersten Jahren offenbar bis zu 55 Millionen Dollar an Lizenzgebühren. Trump entgeht auch dem mühsamen Geschäft mit Wohnungskäufern. Die Kundschaft ist zuweilen dubios. Unter den Interessenten findet sich ein Ehepaar aus Russland, das sich hinter Anwälten in der Schweiz und Spanien zu verstecken scheint. Oder ein Interessent aus Dubai, dessen Name mit dem eines Verdächtigen übereinstimmt, den das Bundeskriminalamt wegen des Verdachts auf Umsatzsteuerbetrug sucht.

Immobilien gelten als praktische Geldanlage für jene, die schwarzes oder graues Geld in den legalen Kreislauf zurückführen wollen. Aus den Unterlagen ergibt sich nicht, dass die von Mossack Fonseca betreuten Wohnungskäufer tatsächlich schmutziges Geld verwendeten. Allerdings benutzten mehrere von ihnen Briefkastenfirmen, wie bei Mossack Fonseca üblich. Für den eigentlichen Wohnungskauf in Panama-Stadt mussten die neuen Eigentümer meist gar nicht erscheinen, die Kanzlei erledigte auch das.

Donald Trump rühmt sich im Wahlkampf zwar gern seiner großartigen Immobilien und seiner reichen Kunden. Aber allem Anschein nach benutzten etliche Käufer mit mindestens dubiosem Hintergrund und mit undurchsichtigen Vermögensverhältnissen den feinen Trump Ocean Club, um ihr Geld anzulegen. Verkäufer Roger Khafif bestreitet, dass er beim Vertrieb der Wohnungen bewusst mit Mossack Fonseca kooperiert habe, um zum Beispiel Schwarzgeldinhaber oder Steuerhinterzieher anzuziehen. "Ich habe keine Beziehung zu Mossack Fonseca", sagt Khafif. "Ich kenne sie nicht." Die einzige Verbindung sei, dass sein Zahnarzt im selben Gebäude arbeite wie die Kanzlei.

Manche seiner Käufer hätten eben Mossack Fonseca beauftragt für die juristischen Fragen; aber viele andere Käufer hätten auch ganz andere Juristen verpflichtet. Unter Steuerfahndern heißt es, dass Immobilien für Geldwäsche benutzt werden könnten. Aber nicht jeder Käufer, der sich hinter einer Firma verstecke, müsse ein Straftäter sein. Manchmal könne ein legaler Steuervorteil darin liegen, die Wohnung zum Eigentum einer Briefkastenfirma zu erklären. Möchte man zum Beispiel die Wohnung verkaufen, kann man einfach die Firma veräußern und damit die Grunderwerbsteuer sparen.

Die magnetische Wirkung des Namens Trump lässt sich auch an der internen Korrespondenz Mossack Fonsecas ablesen. Im Frühjahr 2006 meldete sich Carlos Saravia, der zu den Entwicklern des Trump Ocean Club gehörte, bei der panamaischen Kanzlei. Er fragte, ob sie sich als juristische Beraterin einbringen wolle. Ein entsprechendes Treffen werde in der kolumbianischen Stadt Bogotá stattfinden. In der Kanzlei diskutierte man zunächst kleinkrämerisch darüber, wer die Flugtickets für zwei Anwälte zahlen solle. Irgendwann befand jemand, diese kleine Investition könne man sich schon leisten, und sie werde ziemlich sicher "Früchte tragen".

Obwohl sich Trump aus fast allem heraushielt, hatte er am Ende doch ein bisschen Ärger mit dem Leuchtturmprojekt. Im Sommer vergangenen Jahres trafen sich die Wohnungseigentümer in seinem Trump Ocean Club und beschlossen, Donald Trump als Hausverwalter zu feuern. Vier Jahre lang hatte dessen Firma das Gebäude betreut, aber es gab ständige Klagen: Es gebe überhöhte Ausgaben der Verwalter, überbezahlte Manager, es mangele an Transparenz. Es folgte ein Streit über juristische Spitzfindigkeiten. Am Ende kündigte Trumps Firma den Verwaltervertrag selbst. Trumps Sohn Eric sagte in einem Interview, die Streitereien mit der Eigentümergemeinschaft seien nur eine Winzigkeit - wenn man bedenke, was die Familie Trump für eine "Ikone" geschaffen habe. Das Gebäude sei ein "großartiges Zeugnis für Amerika".

"Ob er mit Bankiers an der Wall Street feilscht, mit politischen Rivalen streitet oder eine Eigentümergemeinschaft lenkt: Trump setzt seine Interessen durch, indem er seinen übergroßen Ruf benutzt, seine Gerissenheit und seine Aggression", schrieb die Nachrichtenagentur Associated Press, als sie den Streit um die Hausverwaltung enthüllte. "Die Abenteuer der Trump-Organisation in Panama offenbaren, wie sich diese Eigenschaften im Geschäftsleben auswirken, und geben eine Ahnung vom Management-Stil in einem von Trump geführten Weißen Haus. Transparenz und große Sorgfalt bei den Ausgaben sind keine Stärken. Eine Stärke dagegen ist es, so viel wie möglich aus einem Vertragstext herauszupressen."

Aber die größte Stärke Trumps ist es, den Anschein zu erwecken, er kontrolliere alles - während er sich allem entzieht, das ihm gefährlich werden könnte. In der Politik ist es ähnlich. Wenn es gut läuft, sonnt sich Trump in der bedingungslosen Zuneigung seiner Fans. Wenn es zu Widrigkeiten kommt, verteilt er die Schuld augenblicklich an die Medien, seine Rivalen oder an die angeblich so fiesen Strippenzieher der Republikanischen Partei.

Eine Anwältin besuchte für einen Kunden die Immobilie. Sie sah dort manches, was sie "bei diesem Kaufpreis" nicht erwartet hätte

Zu einem ähnlichen Ergebnis ist inzwischen auch Roger Khafif gelangt, der sich mit dem Ocean Club wirtschaftlich übernommen hat, ohne dass der Namensgeber Trump je selbst in Bedrängnis geraten wäre. "Sie wissen doch wie Donald Trump ist. Erst sagt er nur 'wir, wir, wir'", erinnert sich Khafif. "Nach einer Weile heißt es dann nur noch 'ich, ich, ich'. Das ist The Art Of The Deal, echter Geschäftssinn."

Und wer sich eine Luxuswohnung im Trump Ocean Club gekauft hat, muss zuweilen erkennen, dass es auch in diesem Fünf-Sterne-Turm einen Unterschied gibt zwischen Schein und Sein. Einmal besichtigt eine Anwältin Mossack Fonsecas im Auftrag ferner Käufer eine der Wohnungen. Die Anwältin stellt bei der Begehung Mängel fest: Die Eingangstür muss ausgetauscht werden, manche Schlösser haben Rost angesetzt. In einer E-Mail an die Kundin schreibt die Anwältin, manches entspreche nicht dem, was man "bei diesem Kaufpreis" erwarten würde. Anscheinend liege der "eigentliche Wert" des Anwesens in diversen Annehmlichkeiten auf dem Gelände - und "in seinem Markennamen".

Mitarbeit: Vera Bergengruen, Kevin Hall, Franco Ordoñez, Klaus Ott

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