CDU und CSU:Der weite Weg nach München

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Merkel und Seehofer treten wieder gemeinsam auf. Beide sind Profis, beide eint der Wille zur Macht - aber das ist nicht der entscheidende Grund, warum der Zwist vorüber ist.

Von Robert Roßmann

In diesen Tagen kann man sich nur die Augen reiben. Angela Merkel und Horst Seehofer eilen von einem gemeinsamen Termin zum nächsten. Und der CSU-Chef hebt die Kanzlerin dabei dermaßen in den Himmel, dass sogar Franz Josef Strauß selig neidisch werden muss. Am Sonntag trafen sich die beiden Parteichefs in Berlin, am Montag im Bayerischen Landtag. Und am Dienstag wären sie sogar zusammen in einem Münchner Bierzelt aufgetreten, wenn der Anschlag von Manchester sie nicht zu einer Absage gezwungen hätte. Was ist da nur passiert? Noch im vergangenen Jahr hatte Seehofer eine weitere Kanzlerkandidatur Merkels mit den bitterbösen Worten kommentiert: "Wir wollen mit dir gewinnen. Aber wir wollen gewinnen. Und das Zweite ist das Wichtigste." Von all den anderen Vorwürfen des CSU-Chefs gegen Merkels Politik ("Herrschaft des Unrechts") ganz zu schweigen.

Die Union ist zwar schon immer für einen pragmatischen Umgang mit Konflikten bekannt: Wenn es um die Macht geht, rückt sie zusammen. Außerdem sind Merkel und Seehofer erfahrene Profis; im Gegensatz zu den handwerklichen Amateuren in der SPD-Zentrale. Die beiden saßen schon vor einem Vierteljahrhundert gemeinsam im Kabinett Helmut Kohls. Doch angesichts des gewaltigen Zerwürfnisses hätten diese Gemeinsamkeiten diesmal nicht gereicht, um wieder zusammenzufinden.

Man muss sich nur erinnern, was die Kanzlerin noch 2015 sagte

Offensichtlich ist, dass Seehofer in den vergangenen Monaten große Schritte in Richtung Merkel gemacht hat - bis hin zum Lobpreis auf die Kanzlerin in diesen Tagen. Aber auch Merkel und ihre Partei haben einen weiten Weg hinter sich. Die CDU hat erkannt, dass es trotz Merkels Beliebtheit nicht mehr reicht, allein auf sie zu setzen. Anders als 2013 muss die Partei diesmal neben der Person auch ein Programm ins Schaufenster stellen. Die CDU setzt dabei - zum Wohlgefallen der CSU - stark auf das Thema Innere Sicherheit. Außerdem redet sie über Burka-Verbote, schärfere Regeln beim Doppelpass oder eine angeblich nötige Leitkultur. Mit dieser Profilierung bietet die CDU all den Wählern, die sie wegen ihrer Flüchtlingspolitik verloren hat, eine Brücke zurück an.

Das alles könnte aber nicht verfangen, wenn Merkel ihren Kurs nicht geändert hätte. Wer ermessen will, wie weit der Weg ist, den die Kanzlerin gegangen ist, muss sich nur ihren Auftritt bei Anne Will im Oktober 2015 ansehen. Eine der Kernbotschaften Merkels war damals der Satz: "Es liegt ja nicht in meiner Macht, es liegt überhaupt in der Macht keines Menschen aus Deutschland, wie viele zu uns kommen." Grenzen seien also gar nicht mehr zu kontrollieren, der Zuzug nicht zu steuern.

Dass zumindest die Größenordnung des Zuzugs durchaus steuerbar ist, haben die Schließung der Balkanroute, das EU-Türkei-Abkommen und viele Gesetzesverschärfungen in Deutschland gezeigt. Auch die Kanzlerin redet längst mehr über das Abschieben als über die Willkommenskultur. Wäre es anders, würde es den neuen Frieden zwischen Merkel und Seehofer nicht geben.

© SZ vom 24.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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