Asylstreit:"Als gäbe es kein Morgen mehr"

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Bundespräsident Steinmeier kritisiert die "maßlose Härte", mit der CDU und CSU ihren Streit um die Flüchtlingspolitik führen. Die Auseinandersetzung sei unnachsichtig, dabei gehe es um lösbare Probleme.

Von Nico Fried und Robert Roßmann, Berlin

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die heftige Auseinandersetzung zwischen CDU und CSU um die Migrationsfrage als unangemessen und schädlich gerügt. Steinmeier sagte während einer Veranstaltung zum Thema Demokratie im Berliner Schloss Bellevue: "Ich habe mich dieser Tage häufiger gefragt: Wie sollen wir eigentlich erfolgreich für Vernunft und Augenmaß in der politischen Debatte werben, wenn auf höchster Ebene und selbst im Regierungslager mit Unnachsichtigkeit und maßloser Härte über doch eigentlich lösbare Probleme gestritten wird, als gäbe es kein Morgen mehr."

Die Spitzen von CDU und CSU sowie der SPD sind am Dienstagabend zum ersten Treffen des Koalitionsausschusses zusammengekommen. Dabei sollte es auch um die Drohung von Innenminister Horst Seehofer (CSU) gehen, von nächster Woche an Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, an der deutschen Grenze abweisen zu lassen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt dies ab, sie will statt eines nationalen Alleingangs eine europäische Lösung. Merkel hat klargemacht, dass sie es als einen Verstoß gegen ihre Richtlinienkompetenz ansehen würde, wenn Seehofer ihr nicht folgt.

Im Bemühen um eine europäische Lösung, für die Merkel sich Zeit bis zum EU-Gipfel erbeten hat, traf die Kanzlerin am Dienstag in Berlin mit dem neuen spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez und mit EU-Ratspräsident Donald Tusk zusammen. Merkel bekräftigte, dass auf dem Gipfel am Donnerstag und Freitag kein Gesamtpaket für die europäische Migrationspolitik zu erwarten sei. Dafür werde auch "noch ein wenig Zeit notwendig sein". Über den Fortgang der Gespräche zu bi- oder multilateralen Vereinbarungen mit einzelnen EU-Staaten über die Rücknahme bereits registrierter Asylbewerber äußerte sie sich nicht.

Die CSU fordert bis zum Wochenende eine "wirkungsadäquate" europäische Lösung, wenn Seehofer auf Abweisungen an der Grenze verzichten solle. Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, antwortete am Dienstag auf die Frage, ob seine Partei Merkel mehr Zeit für eine europäische Lösung geben werde: "Nein." Damit würde man nur den Eindruck erwecken, eine Entscheidung auf die lange Bank schieben zu wollen. Außerdem sei es einer der Fehler von CDU und CSU im Wahlkampf gewesen, im Streit um die Flüchtlingspolitik "einen Dissens offen im Raum stehen" gelassen zu haben. "Dieses Mal ist klar, dass wir den Dissens klären", sagte Dobrindt. Seine Partei werde sich mit reinen Absichtserklärungen beim EU-Gipfel nicht begnügen, die Ergebnisse müssten "sehr konkret" sein, um von der CSU akzeptiert werden zu können. Falls sich Merkel und die CSU nicht verständigen, könnte die Bundesregierung scheitern und die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU zerbrechen. Merkel und Dobrindt sprachen am Dienstag zwar beide von einer "Schicksalsgemeinschaft" zwischen ihren Parteien, die erhalten werden müsse. Eine Lösung im Streit um die Flüchtlingspolitik zeichnete sich aber noch nicht ab.

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Armin Schuster teilt im Asylstreit das Ziel der CSU, lehnt ihren Ton aber ab. Was soll die Kanzlerin tun, wenn Seehofer allein handelt? Darauf hat der CDU-Innenpolitiker eine klare Antwort.

Von Stefan Braun

Nach einem knapp vierstündigen Spitzentreffen im Kanzleramt gingen die Partei- und Fraktionschefs am frühen Mittwochmorgen auseinander. Über Ergebnisse der Beratungen wurde zunächst nichts bekannt.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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