Afghanistan-Politik:Guttenberg erwägt Dialog mit Aufständischen

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Neue Wege in der Afghanistan-Politik: Verteidigungsminister Guttenberg schließt Gespräche mit Aufständischen nicht mehr aus.

Zuletzt war er wegen der Kundus-Affäre immer mehr in Bedrängnis geraten - jetzt versucht Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die Flucht nach vorne, indem er in der Afghanistan-Politik eigene Akzente setzt: Guttenberg schließt Gespräche mit Aufständischen in Afghanistan nicht weiter aus.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will in der Afghanistan-Politik neue Wege gehen. (Foto: Foto: ddp)

Wörtlich sagte er der Welt am Sonntag auf die Frage, ob Gesprächskanäle auch zu Talibangruppen errichtet werden müssten: "Nicht jeder Aufständische bedroht gleich die westliche Gemeinschaft." Der CSU-Politiker vermied es in seiner Antwort jedoch, explizit von den radikalislamischen Taliban zu sprechen.

Vielmehr erklärte der Minister, er sei dafür, zu Volksgruppen und Stämmen offene Kommunikationskanäle zu halten, solange man sich dadurch nicht selbst eine Falle stelle.

Wörtlich sagte Guttenberg: "Es gibt Unterschiede zwischen Gruppen, die aus der radikalen Ablehnung des Westens die Bekämpfung unserer Kultur zum Ziel haben, und etwa solchen, die sich ihrer Kultur vor Ort verbunden sehen."

Zu einer möglichen Aufstockung der Bundeswehrtruppen in Afghanistan äußerte sich der Christsoziale zurückhaltend. Vor einer solchen Entscheidung müsse zunächst eine Strategie formuliert werden. "Ob man mehr Soldaten braucht oder im bestehenden Rahmen zurechtkommt, ist noch offen", sagte der Minister.

Die Nato fordert von Deutschland mindestens zwei zusätzliche Bataillone für den Einsatz im Norden Afghanistans, nachdem US-Präsident Barack Obama 30.000 zusätzliche US-Soldaten für den Einsatz am Hindukusch angekündigt hat. Kanzlerin Angela Merkel und ihre Koalition wollen erst Ende Januar nach der internationalen Afghanistan-Konferenz in London über das weitere Vorgehen entscheiden. ´

SPD will Guttenberg unter Eid aussagen lassen

Einen Rücktritt wegen der Kundus-Affäre lehnt Guttenberg indes weiterhin ab. "Ich messe die Rücktrittsforderungen an der Qualität der Vorwürfe. Es hat sich ja gezeigt, dass das alles wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt."

Die SPD ist unterdessen bemüht, den Druck auf Guttenberg zu erhöhen: Sie will den Verteidigungsminister und den bisherigen Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan im Bundestagsuntersuchungsausschuss vereidigen lassen, wenn sie bei ihren gegensätzlichen Aussagen über die Umstände von Schneiderhans Entlassung bleiben.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte der Zeitung Bild am Sonntag: "Dann werden beide ihre Aussagen unter Eid wiederholen müssen. Wenn beide dann bei ihren Aussagen bleiben, schwört einer einen Meineid. Das ist dann ein Fall für den Staatsanwalt."

Gabriel fügte hinzu: "Hier geht es um eine sehr grundsätzliche Frage. Nur weil der Verteidigungsminister gerade so populär ist, können für ihn keine anderen Spielregeln gelten, als für jeden sonst."

Guttenberg laut Umfrage weiter "kanzlerfähig"

Gabriel sagte weiter: "Den Soldaten ist nicht geholfen, wenn ihr oberster Dienstherr im Bundestag kein Vertrauen mehr findet, weil auch für ihn gilt: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht."

Guttenberg gefährde mit seinem Verhalten "den breiten politischen Konsens im Bundestag in der Sicherheitspolitik und damit die Grundlage des Einsatzes in Afghanistan".

Die Mehrheit der Bundesbürger traut einer Umfrage zufolge Guttenberg trotz der Kundus-Affäre eine große politische Zukunft zu. 53 Prozent der Deutschen und 75 Prozent der Unions-Anhänger sind der Meinung, er habe das Potenzial, eines Tages Bundeskanzler zu werden. Das ergab eine repräsentative Emnid-Umfrage für Bild am Sonntag.

Eine noch größere Mehrheit von 76 Prozent der Bundesbürger sieht in der Informationspolitik des Verteidigungsministers keinen Grund für einen Rücktritt.

© AFP/jobr/plin - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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