Hochschulreife geschafft:Endlich fertig!

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624 Abiturienten erhalten ihre Zeugnisse. Nun freuen sich die Absolventen auf die "köstliche Phase der Freiheit"

Von thek cjk sci ulfr ihr aip

624 Absolventen von sieben staatlichen und privaten Gymnasien im Verbreitungsgebiet der SZ Wolfratshausen haben am Freitag ihre Abiturzeugnisse erhalten. Die 15 Absolventen der Max-Rill-Schule in Reichersbeuern folgen am Samstag.

Gymnasium Geretsried: Das Establishment herausfordern, aber zivilisiert, mit Diskussionen und gemeinsamen Lösungen: Zu diesem Lebensweg hat Landrat Joseph Niedermaier die Abiturienten des Gymnasiums Geretsried aufgerufen. 126 Absolventen nahmen in der Aula des Schulzentrums ihr Abschlusszeugnis entgegen. Mit einem Schnitt von 2,43 habe die Schule "um ein Zehntel über dem Landesdurchschnitt" gelegen, sagte Direktor Hermann Deger. Je ein Schüler erzielten eine 1,0, eine 1,1 und eine 1,2. Insgesamt 26 Schüler hatten eine Eins vor dem Komma; dafür erhob sich Jubel und Applaus. Landrat Niedermaier sagte, er selbst habe auf dem Gymnasium "das G10 genossen, und es hat mir nicht geschadet." Unter den Geretsrieder Abiturienten waren diesmal erstmals wieder Schüler, die das Gymasium regulär in neun Jahren absolviert hatten, dank des Angebots Mittelstufe plus. Niedermaier sagte weiter: "Diejenigen, die sagen 'unser Land zuerst', machen mir ganz schön Angst", und bat die Abiturienten: "Lasst euch bitte nicht von diesen Unkenrufen beeinflussen. Bitte nicht." Bevor die Abiturienten auf die Bühne gerufen wurden, um sich das Zeugnis und eine Sonnenblume abzuholen, sprachen Bürgermeister Michael Müller ("ihr habt einen Schulabschluss erreicht, der sich sehen lassen kann"), Oberstudienrat Peter Richter ("eine große Zahl vernetzter Individuen ist stärker als der Einzelne") und die Abiturienten Daniel Proksch und Julia Schlappa ("die Welt ist klein, wir sind groß").

Gymnasium Hohenburg, Lenggries: Unter das Motto "Super MABIo - Endlich aus dem Schloss befreit" hatten die 47 Absolventinnen des Sankt Ursula Gymnasiums in Hohenburg ihre Abiturfeier gestellt. Oberstudiendirektor Christoph Beck verabschiedete mit den Schülerinnen den ersten Jahrgang, den er alle acht Jahre als Schulleiter begleitet hatte. "Ihr seid nicht spurlos an mir vorübergegangen", sagte er. Die Absolventinnen hätten ihn, die Lehrer, vor allem aber Hohenburg geprägt. In seiner Rede reflektierte Beck über vier Punkte, die für das Selbstverständnis dieser "besonderen Schule" wichtig seien. Zunächst die Information und das Engagement. Letzteres hätten die Schülerinnen zum Beispiel mit dem ökologischen Fußabdruck gezeigt, mit dem "etwas in Deutschland noch nie Dagewesenes" entstanden sei. Dann die Orientierung: "Lasst Euch nicht von Glitzer und Irrlichtern vom Weg abbringen", sagte er. "Seid weiterhin, wie Ihr seid. Das hat auf uns Eindruck gemacht und wird es weiterhin tun". Zuletzt verwies Beck auf die Tradition: Man könne die Welt auch verändern, indem man weitergebe, was man selbst erfahren durfte. Elena Fleischer und Patricia Weidinger sprachen für die Abiturientinnen. "Auch wenn uns die Wichtigkeit von Kurvendiskussion, Gedichtinterpretation und Tempusreihen für unser späteres Leben immer noch nicht ganz klar ist, haben wir unser Abi nun endlich in den Händen", freuten sie sich. Das Entscheidende sei aber, dass sie es gemeinsam geschafft hätten. Der Dank ging deshalb auchan die Jahrgangsstufe selbst: "Ihr seid die Besten. Es war geil mit Euch!"

Gymnasium, Bad Tölz: Sieben Jahre lang führte Harald Vorleuter als Direktor das Gabriel-von-Seidl-Gymnasium, sieben Jahre lang suchte er für seine Rede bei der Abiturfeier stets eine Sentenz eines berühmten Denkers heraus. Mal war es die Warnung "Wenn du aufhörst, dich zu verändern, bist du am Ende" (Benjamin Franklin), mal der Aufruf "Bleib nicht dort stehen, wo der Zufall Dich hinstößt" (Heinrich Kleist), mal auch der Satz "Nichts an einer Raupe sagt dir, dass sie ein Schmetterling wird" (Richard Buckminster Fuller). All diese Aussprüche ließ Vorleuter vor 150 Absolventen am Freitag in der Schulturnhalle noch einmal Revue passieren. Es war seine letzte Ansprache in Bad Tölz. Im August geht er an das Jean-Paul-Gymnasium Hof, wo er als Ministerialdirigent auch für sämtliche Gymnasien in Oberfranken zuständig sein wird. Dieser Wechsel brachte ihm einen Seitenhieb von fünf Abiturienten ein, die in einem witzig-spritzigen Auftritt anmerkten: Es sei mal dahingestellt, ob der Weg von der Vorstufe des Paradieses nach Oberfranken nun wirklich einen Aufstieg darstelle. Das Quintett stellte aber auch fest, dass Vorleuter das Tölzer Gymnasium geprägt und vorangebracht habe. Dank für sein Engagement bekam der scheidende Schulleiter auch von Markus Zacharias zu hören. Der Vorsitzende des Elternbeirats wünscht ihm "ein glückliches Händchen" für seine nächste Berufsphase. Kurz macht es der stellvertretende Landrat Thomas Holz. Über den Wechsel zurück zum G 9 und über die Leistungen des Landkreises fürs Tölzer Gymnasium könnte er eine Menge vortragen, das Landratsamt habe ihm ganz viel aufgeschrieben, sagte er. Aber auf einer Abi-Feier gebe es nichts Nervigeres als langweilige Politikerreden, so Holz. Deshalb: "Genießt euren Erfolg, genießt euer Leben." CSU-Landtagsabgeordneter Martin Bachhuber wünschte den Absolventen, einen Weg zu wählen, der sie zufrieden macht: "Die Schule kann vieles bieten, aber nicht das Rezept zum eigenen Glück." Und Vorleuter? Verriet seinen Lieblingsaphorismus aus sieben Jahren Abiturreden. Es ist der berühmte Gebet des US-Theologen Reinhold Niebuhr. Die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die nicht zu ändern seien, den Mut, Dinge zu ändern, die man ändern könne, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden - dies wünschte Vorleuter den Schulabgängern.

Gymnasium Icking: Die Big Band des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums begrüßt mit Trompeten, Saxofonen und Schlagzeug die 98 Abiturienten, die sich in der Turnhalle zur Zeugnisverleihung versammelt haben. Direktorin Astrid Barbeau begrüßt auch Eltern, Lehrer und Bürgermeister. Mit dem Gesamtdurchschnitt von 2,2 sei sie sehr zufrieden: "Da darf man schon mal einen Applaus geben". Applaudiert wird viele weitere Male, nach den Reden der Vertreter der Politik, des Elternbeirates, des Fördervereins und der Abiturienten. Wolfgang Krause vom Tölzer Landratsamt ruft die Schüler dazu auf, bei der Bundestagswahl zu wählen. Peter Schweiger, Ickings Zweiter Bürgermeister, hat das dortige Gymnasium selbst besucht und vor 55 Jahren sein Abiturzeugnis bekommen. "Der Schlüssel in die neue Welt wird einem nicht auf dem silbernen Tablett präsentiert, den muss man sich erkämpfen", sagt er. Die Direktorin dankt auch den Lehrern, die, begonnen beim Schulrundgang in der 5. Klasse über die Skireise in der 6. und die schlaflosen Nächte mit der Q11 in Barcelona bis hin zu der Entlassung, die Schüler begleitet haben. Johannes Korseska und Amila Sakic sprechen für die Absolventen. Sie vergleichen die Schulzeit mit einem Karussell. "Je mehr Fahrten man hinter sich hat, desto schneller wird das Tempo." Desto besser kenne man aber auch das Karussell und seine Mitfahrer. Endlich halten alle ihr Zeugnis in den Händen. Die Schule ist abgeschlossen und rückt in die Ferne. Einige werden im Herbst studieren oder eine Ausbildung beginnen. Für viele fängt die Zwischenzeit an, nach der Schule und vor Studium oder Ausbildung. Barbeau bezeichnet sie als "köstliche Phase der Freiheit".

Gymnasium Penzberg: Unter dem Motto "ABIer - wenigstens die Maß hat 1,0" feierten die 106 Abiturienten in der Halle des alten Wellenbads ihren Abschied vom Gymnasium. Schulleiter Bernhard Kerscher. sprach in seiner Rede den Abiturienten zu, während ihrer Schullaufbahn von den Lehrkräften durch "regelmäßiges Gießen, Düngen und Schneiden" zu "schmucken Jungbäumen" herangewachsen zu sein. Die Metapher aus dem Gartenbau wählte Kerscher, weil die diesjährigen Absolventen auf dem Pausenhof des Gymnasiums einen Apfelbaum gepflanzt hat, der noch vor den Sommerferien Früchte trägt, "damit die Mitschüler auch was davon haben". Dies sei in der Geschichte der Schule einmalig, und der sichtlich stolze Rektor würde sich freuen, wenn so "eine Tradition begründet" würde. Der Gesamtdurchschnitt der Abiturnoten liegt bei 2,24. 13 Schüler erreichten einen Notendurchschnitt von 1,0 bis 1,5. Die Pläne für die Zeit nach dem Schulabschluss seien "bei allen ganz unterschiedlich", sagte Oberstufenkoordinatorin Karola Eysholdt. "Die meisten machen erst mal ein Jahr Pause".

Gymnasium Schäftlarn:

Vergleiche sind in Abiturfeiern ebenso beliebt wie Zitate, und auch Wolfgang Sagmeister, der Direktor des Gymnasiums der Benediktiner im Kloster Schäftlarn, greift heuer auf einen zurück - wenn auch in aller Vorsicht, wie er sagt. Er erinnert an Mutter Theresa, die Nonne, die auf den Straßen und in den Slums Indiens gewirkt hat, vor zwanzig Jahren gestorben ist und voriges Jahr heilig gesprochen wurde. Ihr Tun sei umsonst gewesen, sagt Sagmeister, nicht im Sinne von überflüssig, sondern im Sinne von unbezahlbar. "Genau genommen ist alles Große und Schöne nicht bezahlbar, sondern immer umsonst und gratis, frei und geschenkt." In diesem Sinne hätten auch die Schüler in der Schule gewirkt: als Schulsanitäter, als Tutoren für die Jüngeren, als Jahrgangs- oder Schülersprecher, aber auch in Chor, Orchester oder Big Band, in der Theater- und der Akrobatikgruppe. Dieses Engagement sollten sie beibehalten, gibt der Direktor den 59 Abiturienten mit auf den Weg, und erinnerte an das diesjährige Motto: "With a little help from my friends". Vier Absolventinnen gehen nun für einige Zeit an die indische Partnerschule um dort mitzuhelfen - "das freut mich", so Sagmeister. Acht Absolventen haben einen Schnitt von 1,5 oder besser. Insgesamt liegt der Schnitt bei 2,2, damit sind auch die Schäftlarner besser als der Landesdurchschnitt.

Sankt Matthias, Wolfratshausen:

Was haben die Abiturienten des Gymnasiums Sankt Matthias mit Donald Trump gemeinsam? "Nichts", sagte Direktor Claus Pointner bei der Abiturfeier in der Aula der Waldramer Schule. "Sie sind jung, Sie sind ehrlich, vernunftbegabt und verbreiten keine alternativen Fakten. Und Sie wollen - hoffentlich - die Welt verbessern." Unter den Gästen war ein anderer Politiker, und zwar Klaus Heilinglechner. Der war nicht nur als Bürgermeister von Wolfratshausen, sondern auch als Vater seiner Tochter Anna gekommen, die ihr Zeugnis bekam. "Ich bin unheimlich stolz, dass ich jetzt auch ein Kind habe, das Abitur hat", bekannte Heilinglechner. "Auch wenn ich nichts dafür kann." Für die 38 Abiturienten, aber auch für die Eltern, beginne nun eine neue Lebensphase, sagte Heilinglechner und zitierte Ralph Waldo Emerson: "Was hinter euch und was vor euch liegt, ist Nebensache im Vergleich zu dem, was in euch liegt." Für die Abiturienten ergriffen bei der heiteren Feier Dominik Odermatt und Moritz Schedler das Wort. Jede gute Geschichte brauche einen bösen Gegner, einen Erzfeind, sagte Odermatt. Das könne Mathe oder Latein sein, "bei mir war es der Kunstunterricht". Die Erzfeinde hätten den zusammengewürfelten Haufen zu einer Gemeinschaft zusammengeschweißt, "nach dem Motto: Die Feinde meiner Feinde sind meine Freunde". Schedler zitierte die biblische Geschichte von Jonas: "Er wird von einem Wal verschluckt, harrt drei Tage aus und betet. So muss man sich das Abitur vorstellen." Die Direktoren Pointner und Thomas Erhard erinnerten an die Kardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß. Den Schülern wünschten sie, dass ihnen mit diesen Tugenden und dem Gelernten ihr Leben gelinge. Ungewöhnlich war die Zeugnisvergabe: Statt der Namen rief Pointner Stichworte zu den Eigenheiten der Schüler auf, die sich, unter Gelächter, schnell selbst erkannten.

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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