Bühne:Es geht sich aus

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Er hat den „Oitersgrant“: Hader spielt Hader, in der Loisachhalle vor restlos begeistertem Publikum. (Foto: Hartmut Pöstges)

Josef Hader vor ausverkauftem Haus beim Kulturverein Isar-Loisach: Absurd, schwarz, philosophisch. "I scheiß ma immer weniger."

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Gedimmtes Licht, perlend-verträumtes Geklimper, eine angenehm entspannte Bar-Atmosphäre. Von wegen! Josef Hader stellt nur die Fallhöhe her. Und dann geht's hinab ins Banale und Alltägliche, gern auch ins Fiese und Eklige. Er singt von "schiachen Gfriesern", lässt Fliegen von einer Leiche auf die Kekse, den Misthaufen und zurück schwirren, gibt sich dem "Oitersgrant" - der notorisch schlechten Laune im Alter - hin und sagt, was dem Publikum längst bewusst geworden ist: "I scheiß ma immer weniger." Und gerade dieses Lakonisch-Derbe, das demonstrativ Wurschtige kommt bei den Zuschauern am besten an.

Der preisgekrönte österreichische Kabarettist Josef Hader trat am Donnerstag in der Wolfratshauser Loisachhalle auf. Der Kulturverein Isar-Loisach (KIL) hatte dazu eingeladen und konnte sich über ein ausverkauftes Haus und ein restlos begeistertes Publikum freuen.

Typisch deutsch? Hitler. Typisch österreichisch? Betthoven.

Hader widersetzt sich jeder plakativen kabarettistischen Gewissheit, die aus politischer Überzeugung kommt. Er gibt den Zweifler: "Ich weiß immer weniger, wer schuld ist." Serben oder Kroaten? Ukrainer oder Russen? Politiker oder Rentner? Frauen oder Katzen? Er fordert "Mut zum Klischee" und ergießt genüsslich eine Kaskade miesester Vorurteile in den Saal, steigert sich von der "österreichischen Unfreundlichkeit" über die "tschechischen Schweinsaugen" bis zu den Kurden, die "null Ironie haben". Typisch deutsch? fragt er rhetorisch und antwortet: "Hitler." Typisch österreichisch? "Beethoven." Helle Begeisterung im Saal.

Natürlich sitzt da zu einem guten Teil genau jene wohlstandsverwöhnte Gesellschaft, der Hader mit seiner Philosophiererei über den Humanismus immer wieder in die Rippen haut. Bei einem "bisserl biologischen Olivenöl, Trüffel und einem Flascherl Barolo aus dem Piemont" gedeiht dann etwa diese Erkenntnis: "Humanismus ist zirka, dass ma sogt: Jo, passt!"

"Hader spielt Hader" heißt das Programm, das er aus früheren Auftritten zusammengepuzzelt hat. Und Hader spielt Hader in dieser wunderbar schwarzen, grotesken, grunddepressiven Art, die gelegentlich ins Absurde abgleitet und nur im Hintergrund eine Haltung erkennen lässt. Die vielen Flüchtlinge damals am Hauptbahnhof haben ihn nicht gestört, sagt er, aber diese Euphorie der Helfer ... Er spricht von einem, der "beruflich über Leichen geht - aber immer mit Bioresonanz". Er rempelt die katholische Kirche, indem er einen Vergleich zur Athener Hochkultur zieht: "Knabenliebe geht auch ohne Pfarrer." Er würdigt die demokratische Kultur und die soziale Gerechtigkeit: "Wenn si was net ausgeht, macht die SPD an Flohmarkt." Und dann singt er wieder eines dieser köstlich absurden Stücke, in denen sich ein "Lärmerreger" in geradezu Gernhardtscher Dichtkunst auf "Wagenheber" reimt oder der Refrain plätschert: "Da ane kummt nach Paris, der andere kummt net nach Paris - wie das Leben halt so is".

Das Preis-Leistungs-Verhältnis taucht immer wieder auf in diesem Programm - und wo es nicht überall angemessen ist: Kinder etwa "sind Preis-Leistungs-mäßig kein Must-have"; während sein eigenes Klavierspiel "das schlechteste Preis-Leistungs-Verhältnis" darstelle, das sich denken lasse. Ganz zu Anfang schildert er, wie er als Junge vom Klavierlehrer getriezt wurde, mit klammen Händen im unbeheizten Raum spielen musste. Die Szenerie steigert sich wieder ins Absurde: Der Lehrer öffnet das Fenster, es wird immer kälter, schließlich weht es Schneemassen aufs Klavier, in denen die Hände des Kleinen schier versinken - so habe er damals spielen müssen. "Und so spiele ich jetzt - nur ohne Schnee."

Nach zwei Zugaben, darunter eine auf Englisch vorgetragene skurrile Hymne auf den Wiener Gemeindebezirk Ottakring, geht das Publikum in der Gewissheit nach Hause, das Preis-Leistungs-Verhältnis an diesem Abend sei nicht das schlechteste gewesen. Man könnte auch sagen: Es is sich ausgangen.

© SZ vom 20.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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