Starnberg:Fußball-Party am Bahnhof

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Nach dem Sieg wird gefeiert: In Starnberg versammeln sich die deutschen Fans am Bahnhof See - und Stadtverwaltung und Polizei spielen unbürokratisch mit.

Peter Haacke

Wenn es um die "schönste Nebensache der Welt" geht, stehen zumeist zwischenmenschliche Aspekte des Daseins im Vordergrund. Stehen jedoch internationale Fußballturniere wie Welt- oder Europameisterschaften an, rücken andere Nebensachen in den Fokus: Im Taumel geballter Glücksgefühle, bei denen sich selbst bekennende Nicht-Sportler mit dem deutschen Team identifizieren, gehören feiernde Fans zum Fußball wie der Schaum zum Bier. Auch in Starnberg zollt man dem Zeitgeist unbürokratisch seinen Tribut: Im Rahmen der Fußball-EM wird die Bahnhofsstraße auch 2012 kurzerhand zur Fanmeile erklärt. Viermal haben die deutschen Fans bisher feiern können, zuletzt bejubelten mehrere Hundert Jugendliche am Bahnhof See frenetisch ("auf die Knie, auf die Knie!") den 4:2-Erfolg des DFB-Teams über Griechenland. Auch für den heutigen Donnerstag erwarten Stadtverwaltung und Polizei nach dem Halbfinale gegen Italien ab 22.30 Uhr erneut einen Menschenauflauf, bleiben aber im Vorfeld der Straßenparty überaus gelassen.

Einer von uns beiden muss nun gehn: Deutschland und Italien spielen bei der Fußball-EM am heutigen Donnerstag um den Einzug ins Finale.  Foto: Georgine Treybal (Foto: Georgine Treybal)

Erstmals seit der EM 2008, sagt Augustin Ullmann, Ordnungsamtsleiter der Stadt Starnberg, werden am Bahnhof die Siege der deutschen Balltreter gefeiert. Nach überwiegend positiven Erfahrungen bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika sah die Stadtverwaltung auch diesmal keinen Grund, die Spontan-Partys zu verbieten - im Gegenteil: "Das war bislang immer sehr friedlich", sagt Ullmann, "eine nette Veranstaltung". Großzügig sieht man bei der Stadt über den Beginn der gesetzlichen Nachtruhe ab 22 Uhr hinweg und lässt die Jugendlichen bis gegen Mitternacht unbehelligt feiern. Bislang habe es trotz Techno-Musik aus rollenden Diskotheken und Bengalenfeuer kaum Beschwerden gegeben. Nur vereinzelt nerven laut hupend durch die Innenstadt fahrende Fans; klassische Autokorsos hingegen sind in Starnberg bislang die Ausnahme. Die Stadt sperrt den Bahnhofsbereich durch zwei Mitarbeiter des kommunalen Ordnungsdienstes, nach der Feier beseitigt eine Kehrmaschine die Hinterlassenschaften. Ansonsten aber sei die inoffizielle Veranstaltung völlig unproblematisch, sagt Ullmann.

Das bestätigt die Starnberger Polizei, die auch schon mal ein Auge zudrückt. Nach dem 4:2-Sieg über Griechenland überwachten am vergangenen Freitag lediglich eine gemischte Streife und einige Beamten in Zivil entspannt das fröhliche Treiben, für den heutigen Donnerstag sei "nichts Besonderes geplant", erklärte Hauptkommissar Florian Gehlen auf SZ-Anfrage. Sollte die Situation mit bis zu 500 erwarteten Fans dennoch eskalieren, könne die Polizei schnell und flexibel reagieren, sagte der Dienstgruppenleiter. Der Bahnhof habe sich als Treffpunkt der Fußballfans nach dem Public Viewing in den Gaststätten etabliert, nach spätestens zwei Stunden löse sich die Versammlung aber wieder auf. Ohnehin bestehe bei einer Räumung die weitaus größere Gefahr durch Randale.

Sollte das deutsche Nationalteam die Partie gegen Italien gewinnen - was bei großen Turnieren noch nie gelang -, müssten sich Polizei und Stadtverwaltung für das EM-Endspiel am Sonntag rüsten. Setzt es für die deutschen Kicker hingegen eine Pleite, hätten wohl auch die Feierlichkeiten am Starnberger Bahnhof ein Ende - zumindest bis zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien.

© SZ vom 27.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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