Andreas Lenz im Interview:"Ich habe mir keinen Lenz gemacht"

Lesezeit: 3 min

Andreas Lenz spricht über seine zweite Amtszeit im Bundestag, wie ein Abgeordneter zähe Wartereien überbrückt und was sich nach Ewald Schurers Tod für ihn ändert.

Interview von Korbinian Eisenberger, Berlin/Ebersberg

Mittwochmittag, Andreas Lenz von der CSU kommt gerade aus dem Plenum. Am Vormittag hat der Bundestagsabgeordnete der Kreise Erding und Ebersberg bei der Wahl zur Kanzlerin mitabgestimmt, gleich geht es zu Angela Merkels Vereidigung. Dazwischen bleibt Zeit für ein Telefonat. Es geht darum, wie es nun weitergeht - in Berlin und daheim. Und um die Frage, wie ein Abgeordneter die Zeit des Stillstands überbrückt.

SZ: Herr Lenz, haben Sie die Chance genutzt und sich einen Lenz gemacht?

Andreas Lenz: (lacht) Das wäre schön gewesen. Aber ich habe mir keinen Lenz gemacht. Es ging gleich weiter mit den ersten Sitzungen und den Jamaika-Gesprächen. Dann kamen die Koalitionsverhandlungen, da war ich im Bereich Wirtschaft inhaltlich bei den entscheidenden Fragen dabei. Darüber hinaus sind die Ausschüsse seit Januar wieder eingesetzt, auch meiner. Und Anfragen im Wahlkreis sind auch immer da, langweilig wird es also nie.

Ein bisschen ruhiger dürfte es aber schon gewesen sein, oder?

Klar wird der Takt erhöht, wenn der Bundestag wieder über Gesetze entscheidet.

Am Morgen haben 364 Abgeordnete bei neun Enthaltungen und 315 Gegenstimmen für Merkel als Kanzlerin gestimmt. Ein eher schwaches Ergebnis, oder?

Gewählt ist gewählt. Klar ist auch, dass die Koalition nicht in Gänze für die Kanzlerin gestimmt hat. Das steht für einen gewissen Vertrauensverlust innerhalb der Koalition. Insofern steht diese Regierung unter schwierigeren Vorzeichen als die letzte.

Wie haben Sie sich entschieden?

Die Wahl war zwar geheim, es ist aber kein Geheimnis, dass ich der Fraktion angehöre, die auch die Bundeskanzlerin stellt.

Sie sind ja nicht nur im Berliner Bundestag, sondern auch im Ebersberger Kreistag. Auch sonst sieht man Sie oft in ihrem Wahlkreis. Was ist für Sie Heimat?

Die lokale und soziale Herkunft, kulturelle Identität, Brauchtum und Tradition. Heimat gibt Verwurzelung und Sicherheit, dazu zählt auch die Landschaft einer Region und deren Sprache.

Sie verwenden Heimat für ein relativ kleines Areal, für eine Region, nicht für ein Staatsgebiet. Ist der neue Begriff "Bundesheimatministerium" so gesehen nicht ziemlich daneben?

Es geht darum, diesen Begriff in seiner regionalen Unterschiedlichkeit auf Bundesebene mit Leben zu füllen. Dies ist sicher Seehofers Aufgabe im neuen Amt. Es geht um gleichwertige Lebensverhältnisse in den Ballungsräumen und auf dem Land, auch in Regionen, die wirtschaftlich nicht so stark sind. Darum, dass die Menschen auch dort in ihrer Heimat bleiben können, Perspektiven haben.

Ist es da nicht widersprüchlich, dass Sie sich gegen den Soli stark machen, wo der Osten bekanntermaßen zu den strukturschwächsten Gegenden zählt?

Für mich ist der Soli in dieser Form ein spaltender Begriff. Es geht um Unterschiede deutschlandweit, etwa in Stadt und Land. Es wäre zu kurz gedacht, sich auf den Osten zu konzentrieren. Deswegen werden wir uns in den vier Jahren dafür stark machen, dass der Soli abgebaut wird.

Horst Seehofer kommt jetzt vom Landtag in München als Minister nach Berlin. Wen muss man nun bedauern: Ihren Parteikollegen Thomas Huber oder Sie?

(lacht) Bedauern muss man hier prinzipiell niemanden. Ich persönlich habe immer gut mit Horst Seehofer zusammen gearbeitet. Wichtig ist, dass er bei all seiner Erfahrung auch junge Ideen berücksichtigt.

Wenn Sie die Wahl hätten: Wären Sie lieber Bundesinnenminister oder bayerischer Ministerpräsident?

Ich könnte mich mit beidem anfreunden. Die Frage stellt sich aber meistens für Bundespolitiker nicht. Und ich bin schon bewusst in der Bundespolitik.

Und wann werden Sie dort Minister?

So was ist schlecht planbar. In den kommenden vier Jahren möchte ich vor allem, dass im Wahlkreis Projekte vorangehen. Der bürgerfreundliche Bahnahnausbau, die Förderung der Kommunen, der Kontakt zu den Bürgern.

Bis zuletzt hatte der Wahlkreis mit Ewald Schurer einen zweiten Abgeordneten im Bundestag. Nach seinem Tod sind Sie alleine. Was ändert das für Sie?

Die Arbeit an sich weniger, sein Verlust ist aber zu spüren. Wir haben uns oft unterhalten, auch mal gemeinsam einen Kaffee getrunken. Ich ertappe mich manchmal dabei, nach Ewald Schurer suchend in die Reihen der SPD zu schauen und finde ihn dann leider nicht mehr.

© SZ vom 15.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Derblecken
:Michael Niebler teilt gegen Georg Reitsberger aus

Beim Politischen Aschermittwoch der CSU bekommt Vaterstettens Bürgermeister die volle Breitseite. Wie er den Abend in der Löwengrube trotzdem überstanden hat.

Von Korbinian Eisenberger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: