Derblecken:Michael Niebler teilt gegen Georg Reitsberger aus

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Der Vaterstettener CSU-Fraktionsvorsitzende Michael Niebler haute bei seiner 19. Büttenrede am Mittwochabend ordentlich auf den Putz. Den gut 300 Gästen im Gasthof Altschütz gefiel's. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Beim Politischen Aschermittwoch der CSU bekommt Vaterstettens Bürgermeister die volle Breitseite. Wie er den Abend in der Löwengrube trotzdem überstanden hat.

Von Korbinian Eisenberger, Vaterstetten

Der Zielperson wird nachgesagt, dass sie die Probleme gerne mit praktischen Mitteln löst. Und so passte diese Anekdote wie die Faust aufs Auge: Bürgermeister Georg Reitsberger soll seinen Kämmerer einmal gebeten haben, ihm das Defizit des örtlichen Hallenbads auszurechnen. Der Kämmerer erklärte seinem Chef folgendes: "Wir müssten pro Besucher zehn Euro verlangen, aber wir verlangen bloß fünf Euro. Das heißt, wir zahlen pro Badegast rund fünf Euro drauf." Der Reitsberger Schorsch soll darauf diesen Satz gesagt haben. "Sapperlot. Hoffentlich kommen nicht so viele." Da bebte der Saal.

Vaterstettens Bürgermeister hat sich am Aschermittwoch in die Höhle der Löwen gewagt. Beim politischen Derblecken der CSU im Gasthof Altschütz wurde Georg Reitsberger zwar nicht zerfleischt, allerdings fehlte nicht viel dafür. Büttenredner Michael Niebler ließ es sich nicht nehmen, dem Freien-Wähler-Politiker eine nach der anderen einzuschenken. "Der Schorsch ist zwar nicht der schlankeste von uns allen, aber er ist topfit", sagte der Vaterstettener CSU-Fraktionsvorsitzende in seiner traditionellen Büttenrede. Eingekesselt von gut 300 CSU-Mitgliedern ließ der Bürgermeister das über sich ergehen, lachte mit, oft herzhaft, was in so einem Moment sicherlich die beste Wahl ist.

Wahl ist das Stichwort. Seitdem Reitsberger im Amt ist, hat Niebler seine Büttenrede erst einmal gehalten. 2014 war das, da war Reitsberger gerade gewählt und bot noch wenig Angriffsfläche. Vier Jahre später gab es nun die volle Breitseite: Vor versammelter CSU-Kreis-Prominenz vermeldete Niebler, dass der Bürgermeister nach der letzten Gemeinderatssitzung mit dem Auto "voll gegen die Fluchttreppe gescheppert" sein soll. Wahrscheinlich habe der Rathauschef sich gedacht: "Es bleibt eh in der Familie. Dienstfahrzeug, Dienstparkplatz, Diensttreppe, Dienstunfall". Dann die nächste Anspielung auf den Reitsberger-Clan in Vaterstetten: "Gratulationen sind für den Schorsch in der Regel immer auch Verwandtschaftsbesuche."

Kein Wunder, dass Niebler das Publikum erreichte. Sprüche gegen politische Rivalen kommen in CSU-Kreisen genausogut an wie wenn der Redner Freibier verkündet. Niebler, 55, geborener Münchner und Redner, hielt die Ansprache nun schon zum 19. Mal (seit 1997), und er wird sie noch öfters halten müssen. Alles andere wäre riskant, Niebler liefe Gefahr, selbst ins Visier zu geraten. Sein Nachfolger könnte ihm etwa Schwächen bei der Aussprache des bayerischen Grundnahrungsmittels "Leberkassemme" vorhalten, welches er ganz verkehrt in den Mund nahm. Immer noch kein g'scheiter Dialekt? Nach 34 Jahren in einem bayerischen Gemeinderat? Da hilft auch der geschmeidigste Trachtenjanker nichts, das käme in die Bütt.

Zielobjekt im Gasthof Altschütz: Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger lachte am Mittwochabend trotzdem mit. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Das Zielobjekt nimmt die Gehässigkeiten sportlich: "Es war ein schöner Abend"

Wer oben steht, hat jedoch die Macht, und so ging es munter weiter. "Ich gebe zu, dass ich bei diesen Aschermittwochsreden manchmal flunkere", sagte Niebler, wobei er an der Wahrheit mitunter nah dran war - eigentlich immer, wenn er sich einen Parteikollegen vornahm. Thomas Huber bekam eine verbale Watsch'n, weil er und sein Landtags-Ausschuss sich "für Fragen des öffentlichen Dienstes" Reisen nach Vietnam, Singapur und Malaysia gönnen. Bei politischer Bildung, modernem Staat und öffentlicher Verwaltung werde man von diesen Ländern "sicher noch viel lernen können", stellte Niebler ironisch fest.

Klar, dass auch der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (auch CSU) nicht fehlen durfte. Auf die Frage, ob er ein Instrument spiele, sage er immer: "Ja, zu Hause, die zweite Geige". Dass Niebler diverse Witzebücher studiert hat, bewies er auch beim nächsten Kalauer. Er stellte den Ortsvorsitzenden der Jungen Union, Florian Pöhlmann, als "Womanizer" hin, etwa wenn er mit seiner Freundin ins Kino gehe. "Er: Ist der Sessel auch wirklich bequem? Sie: Ja, sehr sogar. Er: Könnten wir Platz tauschen?" Ein alter Chauvinisten-Witz, bei dem es das CSU-Publikum vor Begeisterung aus den Stühlen hob.

Und Georg Reitsberger? Der nimmt es sportlich. Es sei doch "ein schöner Abend gewesen", sagt er am Tag danach. "War klar, dass mich meine Gaudi mit dem Hallenbad noch einholt", so Reitsberger. Immerhin: Der Redner habe ihn ein halbes Jahr auf seine Opferrolle vorbereitet. Und das mit der Feuerleiter? "Ich habe in meinem Auto keinen Kratzer, dafür habe ich die Treppe viel zu gern." Wenn es ein nachträglicher Treppenwitz war, dann war der gut.

© SZ vom 16.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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