CSU und Guttenberg:"Der liebe Gott vergibt die Sünden"

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Guttenberg taucht wieder häufiger zu Terminen in Deutschland auf. Gibt es bald ein Comeback? (Foto: Johannes Simon)
  • Vor fünf Jahren kehrte Guttenberg wegen einer abgeschriebenen Doktorarbeit der Politik den Rücken und zog in die USA.
  • CSU-Chef Seehofer wünscht sich den Baron nun offenbar wieder zurück. Doch wie sieht es an der Partei-Basis aus?

Von Andreas Glas, Matthias Köpf, Christian Krügel, Stefan Mayr und Wolfgang Wittl, München

Die Worte haben in Bayern ein nachhaltiges Echo erzeugt, auch wenn sie im fernen Boston verfasst wurden: Die Expansion seines Unternehmens fülle ihn gänzlich aus, schrieb Karl-Theodor zu Guttenberg der SZ. Und ergänzte: "Unabhängig davon würden die berechtigten Gründe für meinen Rücktritt sowie mein lausiger Umgang damit eine Rückkehr nicht rechtfertigen." In der CSU hatten sich zuletzt die Gerüchte verdichtet, der frühere Liebling der Partei könne wieder eine tragende Rolle übernehmen. Auf den Tag genau vor fünf Jahren kehrte Guttenberg wegen einer abgeschriebenen Doktorarbeit der Politik den Rücken. War es das nun für immer?

Horst Seehofer bekräftigte am Montag beim ersten Treffen des CSU-Strategieteams: Er habe in keiner Weise mit Guttenberg gesprochen, es sei die Zeit für Inhalte - nicht für Personaldebatten. Dass Seehofer der SZ aber auch gesagt hatte, er sei unter Umständen bereit, den Parteivorsitz bereits in diesem Jahr vorzeitig für den Listenführer der Bundestagswahl zu räumen, wurde in der CSU genau registriert. Landtagsabgeordnete bezweifeln, ob der Baron überhaupt ein Interesse an einer Rückkehr habe. Er glaube auch nicht, dass die Partei in "großes Hurra ausbrechen" werde, sagt einer, der Guttenberg gut leiden kann. Aber wie sieht es an der CSU-Basis aus?

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Im Kreisverband Amberg-Sulzbach habe Guttenberg "damals viele Leute in seinen Bann gezogen", sagt Alwin Märkl, Bürgermeister der Oberpfälzer Gemeinde Freudenberg. Doch eine Sehnsucht der Parteibasis nach dessen Rückkehr könne er nicht feststellen. Natürlich spreche man über die Seehofer-Nachfolge, aber da gehe es meistens um Markus Söder. Auch Thomas Ebeling sagt, dass sich die CSU-Basis "nicht jeden Tag drüber unterhält, wann er wiederkommt". Der Schwandorfer Landrat sagt aber auch: "Jenseits aller Personalspielchen wäre es ein Gewinn, wenn man einen Guttenberg wieder für die Politik gewinnen könnte." Für die Plagiatsaffäre habe er jedenfalls genug gebüßt, findet Ebeling, "irgendwann ist es mal wieder gut". Vielleicht sei es "im ersten Schritt zu hoch gegriffen", dass Guttenberg gleich Parteichef werde. Aber er glaube schon, dass es in der CSU "große Akzeptanz finden würde, wenn Guttenberg in einer verantwortlichen Position zurückkäme".

Der Kaufbeurer Oberbürgermeister Stefan Bosse stellt kurz und knapp fest: "Wie Herr zu Guttenberg selbst ausführt, gab es Gründe für seinen Rücktritt, die bis heute nachwirken. Dem ist nichts hinzuzufügen." Noch deutlicher lehnt der Augsburger Stadtrat Leo Dietz eine mögliche Rückholung Guttenbergs ab: "Die CSU verfügt über genügend qualifizierte Leute, sodass eine Wiederkehr nicht nötig ist."

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"Es ist gut, wenn ein bisschen Bewegung drin ist, das tut ja allen Geistern gut", sagt dagegen Gerhard Meinl, stellvertretender Chef des CSU-Kreisverbands Bad Tölz-Wolfratshausen, der Heimat von Edmund Stoiber. Meinls Ansicht nach wäre Guttenberg für alle höheren Ämter in der CSU und der Staatsregierung geeignet, die Partei habe ihm die Plagiatsaffäre ebenso verziehen wie Bayerns Wähler. "Aber ich glaube nicht, dass er wirklich mitmachen würde", sagt Meinl. Parteichef Horst Seehofer gefalle "sich natürlich darin, so eine Nebelkerze zu zünden". Mit Markus Söder an der Spitze hätte der Oberbayer Meinl erklärtermaßen auch kein Problem.

Ein "großes politisches Talent" - das ist Guttenberg für Thomas Karmasin. Der Landrat von Fürstenfeldbruck und Vize-Chef des Landkreistags würde sich daher "wünschen, dass Guttenberg in der Partei wieder eine Rolle spielt". Gerade dessen außenpolitische Erfahrung könne die CSU gut gebrauchen. Eine wichtige Aufgabe im Bund hält Karmasin daher für sinnvoller als eine Funktion auf Landesebene. Der Landrat glaubt auch, dass Guttenbergs Rückkehr der CSU gut zu vermitteln wäre: "Er hat für seinen Fehler gebüßt. Und wenn es in der Justiz eine Resozialisierung gibt, muss es die auch in der Politik geben."

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Ähnlich sieht es Christian Meißner, der Landrat von Lichtenfels: "Wie viele solche Talente haben wir denn?" Guttenberg könne Menschen begeistern, es wäre schön, wenn die Partei ihn wieder gewinnen könne, sagt Meißner, der mit dem Baron hin und wieder in SMS-Kontakt steht. Seehofer umwerbe Guttenberg nicht umsonst, in der CSU sei genügend Raum für "so ein Kaliber". Guttenberg habe seine Ämter verloren, sei durch ein öffentliches Stahlbad gegangen und habe genug gebüßt, findet Meißner. Guttenberg habe wie jeder Mensch eine zweite Chance verdient: "In Franken würden sich sicher viele freuen."

Guttenberg sei sicher ein fähiger Kopf, sagt Georg Grabner, Landrat des Berchtesgadener Lands: Allerdings verfüge die CSU über genügend Persönlichkeiten - auch jenseits von Guttenberg und Söder. "Der liebe Gott vergibt die Sünden", sagt Grabner: "Aber ob der Wähler das vergibt, weiß ich nicht."

© SZ vom 01.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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