CSU:Wie Horst Seehofer neue Themen identifizieren will

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Horst Seehofer will mit seiner "Denkfabrik" an den Themen für die kommenden Wahlkämpfe arbeiten. (Foto: dpa)
  • In einer "Denkfabrik" soll ein Team um Ministerpräsident Seehofer Themen identifizieren, die die Menschen umtreiben.
  • Die CSU will mit der Weichenstellung beginnen, wie sie das Land auch künftig mit absoluter Mehrheit regieren kann.
  • Auch auf weitere Probleme mit der CDU will sich die Partei offenbar vorbereiten.

Von Wolfgang Wittl, München

Klar, werden jetzt manche sagen: Ein Jahr gearbeitet, und schon hören sie damit wieder auf. Aber so eine Behauptung wäre wahrscheinlich ziemlich bösartig. Und sie ginge auch am Thema vorbei. 2015 sei das Jahr der Arbeit, hatte CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer stets betont. 2015 allerdings ist vorbei. Was kommt also jetzt?

An diesem Montag will die CSU mit der Weichenstellung beginnen, wie sie das Land auch künftig mit absoluter Mehrheit regieren kann. Vormittags trifft sich in der Parteizentrale erstmals das von Seehofer berufene Strategieteam, abends wird der Ministerpräsident in der Staatskanzlei mit seinen Spitzenbeamten beraten, welche Projekte der Freistaat in den kommenden Jahren auf die Agenda setzen soll.

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Megatrends erkennen und auf Bayern hinunterbrechen

Die Treffen sollen in aller Stille stattfinden, nichts soll nach außen dringen. Der Auftrag lautet: Bayern und die Partei mit zukunftstauglichen Inhalten auszustatten.

Man muss sich das vorstellen wie eine große Denkfabrik, die am Ende ein fertiges Produkt ausspuckt. Damit will die CSU dann in die Wahlkämpfe ziehen: im Bund (2017), in Bayern (2018). Aber auch europäischen Ansprüchen soll es standhalten. Bis die Details festgezurrt sind, werden Monate und viele weitere Sitzungen verstreichen. Zunächst wird es darum gehen, globale Megatrends zu erkennen und herunterzubrechen; Fragen, die vermeintlich weit weg sind von Bayern und doch immer näher rücken: Welche Folgen etwa hat die Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungsländern, die mehr und mehr Menschen veranlasst, ihre Heimat zu verlassen?

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Themen mit Bierzelttauglichkeit

Welche Rolle spielt die ökologische Bedrohung, welche die zunehmende Wasserknappheit? Was bedeutet der Aufstieg der Schwellenländer für wirtschaftlich starke Regionen wie Bayern vor dem Hintergrund von Digitalisierung und Technisierung? Ein Thema, das Horst Seehofer besonders umtreiben soll, ist die Altersarmut. Oder ob sich der Solidaritätszuschlag mit Blick auf die Kosten in der Flüchtlingspolitik tatsächlich abschaffen lässt.

Dazu kommt der emotionale Faktor: Wenn alles klappt, wie sich die CSU-Strategen das vorstellen, werden sich Themen mit robuster Bierzelttauglichkeit herauskristallisieren. Bei den letzten Wahlen waren das die Mütterrente und die Autobahn-Maut, die - wie man inzwischen weiß - irgendwo zwischen München, Berlin und Brüssel auf der Strecke geblieben ist. Aber darauf kommt es nicht an, ihren Zweck als Wahlkampfschlager hat die Maut erfüllt: empörte Wähler an die Urne zu bringen.

Dass die CSU bereits jetzt die Köpfe zusammensteckt, hat mehrere Gründe: Mit Spannung verfolgt das Spitzenpersonal, wie die CDU in zwei Wochen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz abschneidet. Erst am Wochenende unterstützte Seehofer die rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin Julia Klöckner bei einem Auftritt in Oggersheim, der Heimat von Alt-Kanzler Helmut Kohl.

Sollte die CDU abstürzen, will die CSU auf alles vorbereitet sein: auf Schuldzuweisungen der Schwesterpartei wie auf die Möglichkeit, falls nötig mit einem eigenen Programm in die Bundestagswahl zu ziehen. Dass sich Seehofer im Moment mit Kritik an Angela Merkel auffällig zurückhält, dient vor allem einem Zweck: Er will seinen Spielraum vergrößern, Vorwürfe aus der CDU kontern zu können.

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Der Bayernplan ist bereits abgearbeitet

Tempo macht die CSU auch deshalb, weil der Bayernplan, mit dem sie 2013 in den Wahlkampf gezogen war, nach eigener Ansicht schon zur Hälfte der Legislatur abgearbeitet ist. Die Ideen, die in den kommenden Monaten entwickelt werden, sollen in einen Bayernplan II münden, mit dem die Partei in die nächsten Wahlen gehen will.

Gleichzeitig wird das Grundsatzprogramm überarbeitet, das unter dem Vorsitz von Markus Blume am Parteitag im November vorgelegt werden soll. Die Wahlkampfplaner der CSU schwärmen unterdessen bereits in andere Länder aus, um sich inspirieren zu lassen. Bei den Konservativen in England sahen sie etwa, wie persönlich die Wähler angesprochen werden können. Weitere Besuche in England, den USA oder Frankreich könnten folgen.

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Die Richtung für die Wahlen muss feststehen

Schon jetzt müsse die Richtung für die Wahlen festgelegt werden, heißt es in der Parteispitze. Nicht die Verdienste der Vergangenheit, sondern die Zukunft werde gewählt, lautet ein Credo von Horst Seehofer. Wer diese Zukunft verkörpern soll, lässt der Parteichef bewusst offen. Ilse Aigner und Markus Söder, sein aussichtsreichster Nachfolgekandidat, gehören dem Strategieteam nicht an.

Stattdessen: Seehofer, die fünf Partei-Vizes, Gerda Hasselfeldt und Thomas Kreuzer, die Fraktionssprecher in Bund und Land, Staatskanzleichef Marcel Huber, Verkehrsminister Alexander Dobrindt, JU-Chef Hans Reichhart und - themenbezogen - Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. 2016, so die Absicht, soll für die CSU das Jahr der programmatischen Profilierung werden.

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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