Würzburg:Was traumatisierten Flüchtlingen hilft

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Würzburg (dpa/lby) - Verfolgung, Flucht, Kriegsgewalt - viele der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge sind traumatisiert und bräuchten eigentlich eine Therapie. Nach Schätzungen des Berliner Behandlungszentrums für Folteropfer leiden rund 30 Prozent der Flüchtlinge unter schweren Traumata. Ängste, Alpträume und Depressionen hinderten sie oft daran, schnell in Deutschland Fuß zu fassen. Und doch bekommen nur die wenigsten auch Hilfe von Experten.

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Würzburg (dpa/lby) - Verfolgung, Flucht, Kriegsgewalt - viele der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge sind traumatisiert und bräuchten eigentlich eine Therapie. Nach Schätzungen des Berliner Behandlungszentrums für Folteropfer leiden rund 30 Prozent der Flüchtlinge unter schweren Traumata. Ängste, Alpträume und Depressionen hinderten sie oft daran, schnell in Deutschland Fuß zu fassen. Und doch bekommen nur die wenigsten auch Hilfe von Experten.

„Die Politik hat noch nicht begriffen, dass wir traumatechnisch langfristig mit Geflüchteten arbeiten müssen“, sagt Traumatherapeut Michael Borkowski aus Hannover. Der Pädagoge und Theologe ist einer der Hauptreferenten des Internationalen Kongresses für Psychotherapie und Seelsorge, der am Mittwoch (31. Mai) in Würzburg beginnt. Der Kongress dauert bis zum 3. Juni. Es werden einem Sprecher zufolge etwa 1000 Teilnehmer erwartet.

„Wir beobachten, dass gerade Frauen und Mädchen auf der Flucht viel unter Gewalt und Missbrauch gelitten haben. Und das muss einfach aufgearbeitet werden“, sagt Borkowski weiter. Mit Blick auf den daraus abgeleiteten Bedarf werde in den kommenden Jahren eine große Herausforderung auf die Branche zukommen.

Schon jetzt ist der Bedarf deutlich höher als das Angebot. Der damalige Bundespräsident Joachim Gauck sprach vor einem Jahr davon, dass gerade einmal einer von zehn Hilfesuchenden auch einen Therapieplatz bekommt. „Und der Bedarf wird eher noch größer“, sagte Borkowski dazu.

Denn viele der Geflüchteten seien nach ihrer Ankunft in Deutschland zunächst damit abgelenkt, Fuß zu fassen. „Gerade in der ersten Zeit sind die Flüchtlinge damit beschäftigt, ihr Leben zu organisieren und die Sprache zu lernen. Ein Trauma kann über Jahre verdeckt sein und dann bricht es plötzlich auf.“

Schwierig sei allerdings, dass es zum einen sehr lange dauere, bis eine Traumatherapie genehmigt werde und zudem die Finanzierung eher unsicher sei. Oft übernehmen je nach Fall meist Opferfonds, Krankenkassen und Gesundheitsämter die Kosten.

„Umso wichtiger sind zusätzliche Angebote für die Flüchtlinge, um sie auch außerhalb einer Therapie zu stabilisieren“, erläutert der Experte, der selbst eine sogenannte Stabilisierungsgruppe leitet und über diese Erfahrungen auch auf dem Kongress in Würzburg sprechen wird. Dabei geht es um niederschwellige Gruppenangebote für Betroffene aus dem gleichen Kulturkreis, „damit die Flüchtlinge trotz der Traumata lebensfähig bleiben und schon die ersten Schritte in unserer Gesellschaft leisten können“.

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