Lichtverschmutzung:Das Ende der Nacht

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Entwurf von "Scout"-Satelliten zur Erdbeobachtung: Immer mehr Objekte umkreisen den Planeten. (Foto: ESP-MACCS)

Die mehr als 3000 Satelliten rund um die Erde sind so hell, dass es auf dem Planeten keinen wirklich dunklen Ort mehr gibt. Sogenannte Mega-Konstellationen könnten die Lichtverschmutzung weiter verschärfen.

Von Christoph von Eichhorn

Einen richtig klaren Blick auf die Sterne haben nur noch die wenigsten Menschen. Schon 83 Prozent der Weltbevölkerung sind nachts einem unnatürlich hellen Himmel ausgesetzt. Vor allem die Beleuchtung von Straßen, Fabriken, Büro- und Wohngebäuden trägt zur Lichtverschmutzung bei. Wie bereits einige Studien gezeigt haben, dehnen sich die nachts beleuchteten Gebiete jedes Jahr weiter aus und strahlen heller, auch befördert durch günstige und energiesparende LED-Leuchten.

Allerdings geht die Lichtverschmutzung nicht nur von irdischen Quellen aus. Wie ein Forscherteam um Miroslav Kocifaj von der slowakischen Akademie der Wissenschaften nun zeigen konnte, tragen Tausende Satelliten in der Erdumlaufbahn mittlerweile erheblich zum Verlust der Dunkelheit bei. Im Fachblatt Monthly Notices of the Royal Astronomical Society schätzen die Astronomen, dass künstliche Objekte rund um die Erde den Nachthimmel um etwa zehn Prozent aufgehellt haben - so stark, dass man nirgends mehr von einem ungetrübten Blick ins All sprechen könne.

Mehr als 3300 Satelliten umkreisten Anfang Januar die Erde, hinzu kommen Zehntausende Teile Weltraumschrott. Nur relativ große solcher Objekte sind mit bloßem Auge sichtbar - allerdings nicht, weil sie selbst Licht ausstrahlen, sondern weil sie Licht der Sonne zur Erde reflektieren. In Umlaufbahnen von einigen Hundert bis hin zu 35 000 Kilometern Höhe werden viele dieser Objekte auch auf der Nachtseite des Planeten von der Sonne angestrahlt und leiten einen Teil des Lichts weiter zur Erdoberfläche.

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Schwärme aus Tausenden Satelliten könnten Teleskope unbrauchbar machen

Zum Problem wird das etwa für Astronomen. Um irdischen Strahlungsquellen zu entgehen, werden Teleskope meist an Orten fernab großer Städte und Handelsrouten gebaut, etwa in der chilenischen Atacama-Wüste. Allerdings können die Wissenschaftler auch an diesen unberührten Flecken der Lichtverschmutzung aus dem All nicht entgehen. Ein bekanntes Problem ist, dass bei Langzeitbelichtungen von Objekten im All häufig Schlieren auf den Bildern auftauchen - dies sind Leuchtspuren vorbeiziehender Satelliten im Vordergrund.

Die Forscher um Kocifaj interessierten sich jedoch nicht für einzelne solcher Satelliten. Sie errechneten erstmals, wie groß der Gesamteffekt dieser künstlichen Objekte im All auf die nächtliche Helligkeit ist. Dieses diffuse Leuchten durch die Satelliten bezeichnen die Wissenschaftler auch als "Skyglow"-Effekt, der sich ähnlich wie die Milchstraße etwas heller vom Nachthimmel abhebt. Gemessen wird die Lichtstärke in der Einheit Candela, ein ungetrübter Nachthimmel hat aufgrund natürlicher Strahlungsquellen etwa ein Level von 200 Mikro-Candela. Laut den Forschern erhellen die Flotte aus Satelliten und die Trümmerwolke aus Weltraumschrott zusammen den Nachthimmel um bis zu 20 Mikro-Candela pro Quadratmeter, eine Steigerung um etwa zehn Prozent. Dieser Wert wurde 1979 von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) als Grenze bestimmt, die bei astronomischen Beobachtungen nicht überschritten werden sollte. Die neue Studie wirft also die Frage auf, ob dies noch irgendwo auf der Welt einzuhalten ist.

Die Situation dürfte sich mit dem Aufkommen sogenannter Mega-Konstellationen von Satelliten weiter verschärfen. Unternehmen wie Space-X haben angekündigt, Zehntausende Satelliten in die Erdumlaufbahn zu befördern, um schlecht angebundene Regionen ans Internet anzuschließen. 240 Mini-Satelliten hat die Firma allein im März ins All gebracht. Ein Bericht der IAU an die Vereinten Nationen warnt, dass die Mega-Konstellationen bis zu 40 Prozent der Aufnahmen einiger Teleskope unbrauchbar machen könnten.

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