Geschichte - Berlin:Fehlentwicklungen in Stasi-Gedenkstätte werden untersucht

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Berlin (dpa/bb) - Die Vorgänge um die Entlassung des Chefs der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, werden voraussichtlich von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss unter die Lupe genommen. Die Oppositionsfraktionen CDU und FDP kündigten am Dienstag einen entsprechenden Antrag an. Da sie mehr als ein Viertel der Abgeordneten stellen, ist davon auszugehen, dass das Gremium auf einer der nächsten Parlamentssitzungen eingesetzt wird.

Knabe war im Vorjahr entlassen worden, weil er nicht entschieden genug gegen sexuelle Belästigung von Mitarbeiterinnen durch seinen Stellvertreter vorgegangen sein soll. Knabe bestreitet das.

Immer wieder wurden Vermutungen laut, er sei aus politischen Gründen gefeuert worden. Im Fokus stand dabei vor allem Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der Vorsitzender des Stiftungsrates der Gedenkstätte ist. Dieser wies die Vorhaltungen zurück.

In dem Ausschuss dürfte aber auch die Rolle der Kulturstaatsministerin und früheren Berliner CDU-Vorsitzenden Monika Grütters zur Sprache kommen und die Politikerin als Zeugin geladen werden. Grütters hatte bei der Entlassung Knabes mit Lederer zusammengearbeitet. Eine Vertreterin der Kulturstaatsministerin gehört dem Stiftungsrat der Gedenkstätte an. Ursprünglich wollte die CDU verhindern, dass das Agieren von Grütters in dem Fall Gegenstand eines U-Ausschusses wird.

Ein erster Antrag auf einen U-Ausschuss von AfD und FDP zu Jahresbeginn war deshalb gescheitert. Die nötige Stimmenzahl war nicht erreicht worden. Die CDU wollte seinerzeit wegen "rechtlicher Mängel" nicht zustimmen. Die rot-rot-grüne Koalition war gegen einen Untersuchungsausschuss.

Mehrere Volontärinnen, Mitarbeiterinnen und Praktikantinnen hatten der "Führungsetage" der Gedenkstätte jahrelanges sexistisches Verhalten vorgeworfen und im Sommer 2018 während der MeToo-Debatte an Grütters und Lederer geschrieben.

Ein Rechtsstreit um die Abberufung von Gedenkstätten-Direktor Hubertus Knabe wurde später mit einem Vergleich beendet. Der Chefposten wurde neu besetzt.

Die Kündigung des früheren Vize-Direktors der Stasi-Opfer-Gedenkstätte wurde kürzlich vom Arbeitsgericht als rechtens eingestuft. Zur Begründung hieß es, der frühere Vize-Chef habe sich in vielen Situationen mit Mitarbeiterinnen nicht angemessen verhalten, weil er dienstliche Gespräche in einem privaten Rahmen abgehalten habe. Über Vorwürfe der sexuellen Belästigung urteilte das Arbeitsgericht aber ausdrücklich nicht.

Die Gedenkstätte in Hohenschönhausen ging aus dem zentralen Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit hervor. Von 1951 bis 1989 wurden dort mehr als 11 000 Menschen eingesperrt.

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