SZ-Klimakolumne:Abtauen for Future

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Die Temperatur im Kühlschrank um ein Grad zu erhöhen (7 Grad sind meist ausreichend), spart 5 Euro im Jahr. (Foto: Zeljko Dangubic; via www.imago-images.de/imago images / Westend61)

Wirtschaftsminister Robert Habeck ruft die Bevölkerung jetzt zum Energiesparen auf. Sind Ratschläge zum Duschen, Kochen und zum Gefrierschrank nützlich - oder der falsche Weg?

Von Christoph von Eichhorn

Die Kritik kam prompt, als Wirtschaftsminister Robert Habeck kürzlich eine Mitmach-Kampagne zum Energiesparen vorstellte, genannt "80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel". Als "Nebelkerze" bezeichnete die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Barbara Metz das Projekt Habecks: "Anstatt dass er selbst tätig wird, verschiebt er die Verantwortung vor allem auf die Verbraucherinnen und Verbraucher und gibt Duschkopf-Tipps."

Den alten Duschkopf auf ein sparsameres Modell umzurüsten (spart 30 Prozent Warmwasser), ist einer der vielen Ratschläge, die Habecks Ministerium auf Plakaten und online erteilt, mit dem Ziel, die Abhängigkeit von Energieimporten zu reduzieren und das Klima zu schützen. Die DUH hingegen kritisiert, dass so die strukturellen Probleme etwa im Gebäudebestand nicht gelöst würden.

Also sinnvolles Projekt oder doch "Augenwischerei", wie der Stern kommentierte (€)? Vielleicht sollte man die Sache zunächst aus Sicht der Verbraucher betrachten. Erhellend ist eine repräsentative Umfrage des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), laut der 77 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Monaten bereits bewusst versucht haben, Energie zu sparen. 56 Prozent senkten die Raumtemperatur ab, 45 Prozent duschten seltener oder kürzer, immerhin 13 Prozent montierten programmierbare Thermostate an ihre Heizkörper. Habeck scheint also durchaus einen Nerv in der Bevölkerung zu treffen. Grund für die Sparsamkeit ist jedoch nicht Russlands Angriff auf die Ukraine, den nur fünf Prozent der Befragten als eine Hauptmotivation für ihr verändertes Verhalten nannten. Mit Abstand der häufigste Grund, angegeben von 67 Prozent: die gestiegenen Energiekosten. Viele schränken sich also schlicht aus finanziellen statt aus moralischen Erwägungen ein, verständlicherweise.

Bildschirmschoner, macht das noch jemand?

Hier knüpft die Kampagne aus meiner Sicht sinnvoll an, indem sie die Sparpotenziale einzelner Maßnahmen deutlich macht. Etwa das Energiesparprogramm der Waschmaschine nutzen: spart 8 Euro pro Jahr. Beim Kochen immer den Deckel nutzen: 27 Euro (oder 46 Kilogramm CO₂, nebenbei bemerkt). Router nachts ausschalten: 12 Euro. Für sich genommen ist das alles nicht unglaublich viel, aber es läppert sich. Manches wusste ich persönlich gar nicht, etwa dass man Eier auch mit zwei Zentimeter Wasser im Topf kochen kann, statt sie ganz mit Wasser zu bedecken. Oder dass es sparsamer ist, mit Umluft zu backen statt mit Ober- und Unterhitze. Ertappt gefühlt habe ich mich bei dem Rat, den Gefrierschrank regelmäßig abzutauen. Ja, sollte man mal machen, irgendwann demnächst... Und manches wirkt leicht aus der Zeit gefallen, etwa der Rat, den Computer lieber in den Ruhezustand zu versetzen, statt einen Bildschirmschoner zu verwenden. Bildschirmschoner, macht das noch jemand?

Gänzlich unerwähnt bleibt, wie viel Energie und damit Geld sich mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln sparen lässt, oder damit, gleich von zu Hause aus zu arbeiten. Auch zum Zusammenhang zwischen Konsumverhalten und Energieverbrauch findet sich nichts. Diese Leerstellen kann man sicher kritisieren. Ein Blick auf das Portal (oder auf vergleichbare wie "Ganz einfach Energiesparen" vom BDEW) erscheint mir aber zumindest lohnenswert, um ein paar Stellschrauben für den Alltag zu entdecken.

Im Wissenschaftsmagazin Nature plädiert auch Felix Creutzig vom Berliner Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change dafür, den Energieverbrauch drastisch zu reduzieren, um die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu senken. Allerdings - und hier schließt sich der Kreis zur Kritik der DUH - hat der Einzelne viele besonders wirkungsvolle Maßnahmen gar nicht in der Hand. Etwa eine niedrigere Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Straßen, oder höhere Effizienzstandards für Gebäude. Hier helfen nur neue Gesetze, keine individuellen Verhaltensänderungen. Aber das Eine schließt das Andere ja nicht aus.

Was halten Sie von der Kampagne des Wirtschaftsministers: nützlich, überflüssig - oder ein reines Ablenkungsmanöver? Und versuchen Sie schon, Energie zu sparen? Schreiben Sie mir an klimafreitag@sz.de.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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