Yahoo:Yahoos Abstieg vom Pionier zum Ramschladen

Lesezeit: 3 Min.

  • Yahoo verkauft sein Kerngeschäft an den Telekommunikationskonzern Verizon - für gerade mal 4,8 Milliarden Dollar.
  • Es ist die finale Niederlage für Yahoo-Chefin Marissa Mayer, die einst als Heilsbringerin von Google kam, die Erwartungen aber nie erfüllen konnte.
  • Vor allem im Werbegeschäft schaffte es der ehemalige Internet-Pionier nicht, zu den Rivalen Google und Facebook aufzuschließen.

Von Caspar Busse, München

Als sie 1999 bei einem kleinen Internet-Startup im Silicon Valley anheuerte, war Marissa Mayer Mitarbeiterin Nummer 20. Die Firma, gegründet von Sergey Brin und Larry Page, hieß schon damals Google, wurde immer schneller immer größer und ist heute das wertvollste Unternehmen der Welt. Mayer, die in Stanford Computerwissenschaften studiert hatte, war von Anfang an smart, ambitioniert und ziemlich öffentlichkeitswirksam. Sie absolvierte eine rasante Karriere, wurde bald eine der mächtigsten Frauen in der US-Wirtschaft. Am 16. Juli 2012 verkündete sie dann nach 13 erfolgreichen Jahren plötzlich ihren Abschied - und fing nur einen Tag später als Chefin beim schwer angeschlagenen Konkurrenten Yahoo an.

Mayer, heute 41 Jahre alt, war die ganz große Hoffnung. Wenn jemand Yahoo, den 1994 gegründeten Pionier des Internets, wieder flottmachen kann, dann sie, hieß es. Doch es wurden vier verlorene Marissa-Jahre, Mayer scheiterte. An diesem Montag wurde das Kerngeschäft von Yahoo an den Telekommunikationskonzern Verizon verkauft. Verramscht wäre vielleicht der bessere Ausdruck. Denn der Preis von 4,8 Milliarden Dollar ist eine einzige Enttäuschung, Analysten hatten vor einigen Wochen den Wert auf sechs bis acht Milliarden Dollar geschätzt. Im Jahr 2000 wurde Yahoo noch zeitweise mit 120 Milliarden Dollar bewertet.

Was für ein Abstieg. Und was für eine Niederlage für Marissa Mayer.

AOL gehört bereits seit vergangenem Jahr zum Konzern

Der Erwerber Verizon dagegen ist mit 132 Milliarden Dollar Umsatz und 173 000 Mitarbeitern das größte und eines der erfolgreichsten Telekommunikationsunternehmen in den USA. 2015 hatte der Konzern aus New York, der an der Börse 230 Milliarden Dollar wert ist, bereits AOL übernommen. Nun will Verizon Yahoo mit AOL zusammenlegen. Die beiden traditionsreichen Internetmarken sollen nun helfen, besser mit Google und Facebook bei Online-Werbung zu konkurrieren.

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In der alten Yahoo-Gesellschaft bleiben künftig die - ziemlich werthaltigen - Beteiligungen an der chinesischen Online-Plattform Alibaba (15 Prozent) und an Yahoo Japan (35,5 Prozent). Beide sind zusammen 40 Milliarden Dollar wert. Noch vor ein paar Tagen bei der Präsentation der Quartalszahlen hatte sich Mayer unbeirrt gezeigt. "Wir haben unbarmherzig untersucht, wo wir standen und wo wir stehen wollten, und haben notwendige Schritte unternommen, um dorthin zu kommen", sagte sie zu den vergangenen vier Jahren. Das Geschäftsmodell habe sich vereinfacht. Sie sei überzeugt, "ein besseres Yahoo" erschaffen zu haben. Doch die Zahlen waren verheerend. Der Quartalsverlust lag bei 440 Millionen Dollar. Mayer hatte in ihrer Amtszeit viel Geld investiert und unter anderem den Fotodienst Flickr sowie die Blog-Plattform Tumblr übernommen. Den Wert von letzterem musste sie wegen Erfolglosigkeit abschreiben.

Bis zu 55 Millionen Dollar soll Mayer erhalten, wenn sie den Job verliert

Das Problem von Yahoo war die massive Konkurrenz durch Google und Facebook. Mayer konnte trotz aller Bemühungen - sie investierte auch in Inhalte - die Werbeeinnahmen nicht nachhaltig steigern. Yahoo blieb weit abgeschlagen hinter den großen Zwei zurück. Dabei hatte Mayer auch einen harten Sparkurs verfolgt und unter anderem viele Stellen gestrichen, auch das ohne Erfolg.

Nun will es Verizon versuchen. Yahoo hat noch immer etwa eine Milliarde Nutzer im Monat, die unter anderem E-Mail-Dienstleistungen abrufen, allgemeine und Sport-Nachrichten sowie Finanzangebote in Anspruch nehmen. "Eine Zusammenführung von Verizon, AOL und Yahoo wird einen neuen, mächtigen, wettbewerbsfähigen Anbieter für mobile Medien schaffen", sagte AOL-Chef Tim Armstrong. Für Anzeigenkunden und Inhalteanbieter würde eine offene Alternative entstehen. Die großen Telekom-Konzerne versuchen zunehmend, auch Inhalte im Internet anzubieten und nicht mehr nur Infrastruktur, um so die Kunden langfristig zu binden. Doch es gibt auch Kritiker, die skeptisch sind, ob Verizon wirklich mit den beiden angestaubten Marken erfolgreich sein kann, angesichts der erdrückenden Marktmacht von Google und Facebook.

"Ich persönlich plane, zu bleiben", teilte Mayer am Montag mit, trotz ihrer verheerenden Bilanz der vergangenen vier Jahre. Doch die Zukunft der einst als "Wunderkind" titulierten Managerin ist unsicher. Die Verizon-Managerin Marni Walden sagte dazu, das künftige Managementteam stehe noch nicht fest. Man werde demnächst Gespräche mit Mayer und dem Yahoo-Managementteam führen. Mayer könnte aber trotzdem zu den großen Gewinnerinnen des Geschäftes werden. Früheren Angaben zufolge kann sie bis zu 55 Millionen Dollar erhalten, wenn sie nach einer Übernahme von Yahoo ihren Job verlieren würden, vor allem in Aktien. Ohnehin soll sie bereits ein sehr hohes Gehalt als Yahoo-Chefin bezogen haben.

Die Geschäftszahlen von Yahoo wurden in der Amtszeit Mayers nicht besser, der Druck wichtiger Aktionäre nahm dafür zu. Nach einem Milliardenverlust hatte Mayer dann im vergangenen Februar den Verkauf angekündigt. Offenbar hatten sich auch AT & T, der härteste Konkurrent von Verizon, sowie einige milliardenschwere Investoren für Yahoo interessiert. Doch zuletzt wurde immer klarer, dass Verizon das Rennen machen würde.

© SZ vom 26.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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