Wirtschaft kompakt:Heißhunger auf Tiefkühlkost

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Selbstmorde und Depressionen bescheren der japanischen Wirtschaft Milliardenkosten, die Deutschen haben Heißhunger auf Tiefgekühltes - und "Baywatch"-Star Pamela Anderson wirbt für Nokia. Das Wichtigste in Kürze.

Der Appetit auf Tiefkühlkost ist in Deutschland ungebrochen. Nach einer leichten Absatzsteigerung im ersten Halbjahr rechnet die Branche für das Gesamtjahr mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 39,7 Kilogramm - nach 39,3 Kilogramm im vergangenen Jahr.

Weil es einfach und bequem ist: Fast 40 Kilogramm Tiefkühlkost konsumiert jeder Deutsche pro Jahr. (Foto: ag.ddp)

Beim Gesamtabsatz wäre das ein Zuwachs von mindestens einem Prozent auf 3,26 Millionen Tonnen. Dem Deutschen Tiefkühlinstitut (dti) zufolge lag der Pro- Kopf-Verbrauch im Jahr 2004 noch bei 36,8 Kilogramm, 1999 bei 31,5. "Die Deutschen sind wahre Tiefkühlfans", meldete das dti.

Nur einer von 100 nutze der repräsentativen Verbraucheranalyse zufolge gar keine Tiefkühlprodukte. Etwa jeder zweite Verbraucher esse im Monat mindestens drei verschiedene Produkte aus dem Tiefkühlfach. Besonders beliebt sei dabei Pizza, die bei jedem Zweiten mehrmals im Monat tiefgekühlt in den Backofen geschoben werde.

Durch Selbstmorde und Depressionen sind der japanischen Wirtschaft im vergangenen Jahr Schäden in Milliardenhöhe entstanden. Regierungsschätzungen zufolge belaufen sich die Gesamtkosten auf fast 2,7 Billionen Yen (fast 25 Milliarden Euro). Diese Summe ergebe sich aus den sozialen und medizinischen Leistungen für Depressionskranke, Einkommensausfällen von Patienten und Selbstmördern sowie anderen Faktoren, teilte die Regierung in ihrer ersten Berechnung dieser Art mit. Demnach nahmen sich in Japan 2009 insgesamt 26.500 Menschen zwischen 15 und 69 Jahren das Leben. Hätten diese ein Jahr länger gelebt und gearbeitet, hätten sie ein Einkommen von 1,9 Billionen Yen erwirtschaftet, rechnet die Regierung vor.

In Japan, das eine der weltweit höchsten Selbstmordraten aufweist, leben rund 127 Millionen Menschen. Im vergangenen Jahr wurden durch alle Altersklassen 32.845 Suizide gezählt. Damit brachten sich zum zwölften Mal in Folge mehr als 30.000 Menschen jährlich um. In Deutschland mit seinen rund 82 Millionen Einwohnern verzeichnete die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention 2009 rund 10.000 Selbstmordtote.

Besonders betroffen ist in Japan dabei das vermeintlich "starke Geschlecht": Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation bringen sich jedes Jahr durchschnittlich 35,8 von 100.000 japanischen Männern um - mehr als drei mal so viele wie in Großbritannien. Nur sieben Länder weisen eine noch höhere Quote auf, darunter Weißrussland mit 63,3 Selbstmorden auf 100.000 Männer. Japans Ministerpräsident Naoto Kan bezeichnete die Zahlen am Dienstag als Beweis, dass zu viele Menschen wirtschaftlichem und emotionalem Leid ausgesetzt seien. "Es gibt viele Gründe für Selbstmord", sagte Kan. "Wenn wir sie reduzieren, wäre dies ein Weg zu einer 'Gesellschaft mit einem Minimum an Unzufriedenheit und Elend".

Nokia versucht schon seit Jahren, im Smartphone-Markt die Kurve zu kriegen - jetzt setzen die Marketing-Strategen dabei auf die Hilfe der Hollywood-Schauspielerin Pamela Anderson.

Zum Start des neuen High-Tech-Modells N8 können sich Fans in Großbritannien bewerben, um in einem Kurzfilm mit dem einstigen "Baywatch"-Star mitzuspielen. Auf der Website zur Aktion räkelt sich die 43-Jährige mit einem Handy am Ohr auf weißer Bettwäsche.

Der finnische Konzern ist zwar seit Jahren der weltgrößte Handy- Hersteller, verliert im Geschäft mit Smartphones aber an Boden gegenüber Wettbewerbern wie Apple mit seinem iPhone oder Anbietern mit dem Betriebssystem Android. Entsprechend große Hoffnungen verbinden die Finnen mit ihrem neuen Flaggschiff-Modell N8, das Ende September mit einer 12-Megapixel-Kamera und in fünf Farben auf den Markt kommt.

Die Bundesregierung plant die Gründung einer "Deutschen Rohstoffagentur" für den Herbst. Das kündigte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) im Auswärtigen Amt in Berlin vor der Versammlung der deutschen Botschafter an.

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften in Hannover bereite die Agentur derzeit intensiv vor, hieß es in seinem Redemanuskript. Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften und die verschiedene Ministerien müssten für eine gemeinsame Strategie an einem Strang ziehen, verlangte Brüderle. Vor allem mittelständische Unternehmen würden leiden, wenn der Zugang zu Rohstoffen erschwert werde, fügte Brüderle hinzu. Auswärtiges Amt, Wirtschaftsministerium und Entwicklungshilfe-Ministerium würden dabei nun eng zusammenarbeiten.

Ziel sei eine nachhaltige Rohstoffversorgung für die deutsche Wirtschaft. Brüderle appellierte auch an die deutschen Botschafter, Geschäftspartnern deutscher Unternehmen die Einreise nicht unnötig zu erschweren. Bürokratische Verfahren an deutschen Botschaften und Konsulaten würden oftmals gerügt von ausländischen Geschäftsleuten. Der Wirtschaftsminister wehrte sich auch gegen Vorwürfe aus Frankreich und den USA, Deutschland würde zu viel exportieren und zu wenig importieren. Deutschland sei auch Vizeweltmeister bei den Importen, ebenso wie bei den Exporten. Es habe zum Beispiel im ersten Halbjahr 18,9 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen aus Frankreich importiert als im Vorjahreszeitraum. "Ein brummender Konjunkturmotor Deutschland bringt den gesamten EU-Binnenmarkt voran", sagte er.

Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) hat seine Wachstumsprognose für Deutschland in diesem Jahr kräftig angehoben. Die deutsche Wirtschaft dürfte im laufenden Jahr um 3,4 Prozent wachsen, teilte das HWWI mit. Im Juni waren die Forscher noch von einem Wachstum um lediglich 1,5 Prozent ausgegangen. Auch für das kommende Jahr wurde die Prognose erhöht. Nach einem bislang veranschlagten Wachstum von 1,6 Prozent rechnet das HWWI nun mit einem Zuwachs um 2,5 Prozent.

Das Institut begründet die Korrekturen vor allem mit dem starken Wachstum im zweiten Quartal, als die deutsche Wirtschaft mit einem Rekordwert von 2,2 Prozent gewachsen war. "Mit dem Wachstumssprung in der ersten Jahreshälfte hat die Wirtschaft nahezu zwei Drittel des Rückgangs in der Krise aufgeholt", schreibt das HWWI. Die Rückkehr der Wirtschaftsleistung auf das Vorkrisenniveau könne bereits im kommenden Jahr erreicht werden. Gleichwohl sehen die Forscher auch Risiken für das Wachstum, etwa in den angeschlagenen Staatsfinanzen im Euroraum sowie der schwächelnden Konjunktur in den USA und Japan.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/DAPD/dpa/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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