John Hervie De Sosa hat bis Oktober 2011 bei Daeduck Philippines in einer Sonderwirtschaftszone in der Nähe der philippinischen Hauptstadt Manila gearbeitet. 600 Arbeiter stellen dort auch Leiterplatinen für den deutschen Automobilzulieferer Continental her. 30 Arbeiter, auch de Sosa, setzten gerichtlich eine reguläre Anstellung durch, worauf jeder Arbeitnehmer Anspruch auf den Philippinen hat, wenn er ein Jahr in einem Betrieb gearbeitet und dieselbe Tätigkeit ausgeübt hat. "Daeduck setzte die Entscheidung nicht um, sondern entließ uns zwei Monate später einfach", sagte de Sosa bei der letzten Hauptversammlung von Continental.
Sein Fall gehört zu denjenigen, die Misereor, das Hilfswerk der katholischen Kirche, und die Nichtregierungsorganisation (NGO) Germanwatch in einer am Mittwoch veröffentlichen Studie aufgreifen, um exemplarisch aufzuzeigen, wo deutsche Konzerne mit Menschenrechtsproblemen konfrontiert sind. Andere betreffen beispielsweise Bayer in Indien, Eon in Chile und Textilfirmen in Bangladesch. Ausführlich untersuchten die beiden Organisationen, inwieweit die 30-Dax-Konzerne ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten umsetzen. Dafür studierten sie die Nachhaltigkeitsberichte der Konzerne und befragten sie. Alle antworteten. Doch es gibt Nachholbedarf.
Besonders kritisch laut UN: der Rohstoffsektor
"Bei einem Teil der Unternehmen sehen wir Fortschritte. Aber die meisten Dax-Unternehmen erfüllen ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten bislang nur in Ansätzen", sagt Cornelia Heydenreich von Germanwatch. Und: "Abgesehen von Fresenius und Fresenius Medical Care bekennen sich zwar alle Dax-Unternehmen öffentlich zu den Menschenrechten. Die menschenrechtlichen Folgen ihrer Aktivitäten im Ausland untersuchen sie bislang aber nur oberflächlich."
Menschenrechtsverletzungen in der Wirtschaft geschehen in vielen Regionen und Branchen, am häufigsten laut einer Studie der Vereinten Nationen im Rohstoffsektor (26 Prozent), gefolgt vom Einzelhandel und Konsumgütern (21 Prozent). Bei großen Katastrophen, wie etwa dem Zusammensturz der Fabrik Rana Plaza in Bangladesch 2013 mit mehr als 1100 Toten, steht schnell die Frage auf der Tagesordnung, wer die Verantwortung dafür trägt, wenn im Wirtschaftsleben die Menschenrechte verletzt werden, indem beispielsweise das Leben von Beschäftigten durch schlampige Bauweise aufs Spiel gesetzt wird oder Löhne gezahlt werden, die nicht zum Leben reichen. Sind es allein die Staaten oder auch Unternehmen?
Die Vereinten Nationen unternahmen seit den Sechzigerjahren - vor allem auf Initiative von Entwicklungsländern - mehrere Anläufe zur menschenrechtlichen Regulierung von Unternehmen. "Das ist nie gelungen, weil es keinen Konsens dazu gab. 1994 wurde der Versuch eingestellt", sagte Michael Windfuhr, Vizedirektor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, bei einer Veranstaltung in Berlin. Daran änderten auch Menschenrechtskandale wie die Hinrichtung von Ken Saro Wiwa im Jahr 1995 nichts; der Schriftsteller hatte gegen die Ölverschmutzung durch Shell im Nigerdelta gekämpft.