Verpackungssteuer:Boris Palmer verliert gegen McDonald's im Tübinger Müllstreit

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Er inszeniert sich gut und gerne: Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. (Foto: Wolfram Kastl/dpa)

Die Stadt will mit einer Steuer auf Einweg-Verpackungen das Müllproblem angehen. Doch eine Fast-Food-Filiale klagt dagegen - und hat Erfolg.

Von Thomas Hummel

Boris Palmer ist keiner, der einer Debatte aus dem Weg geht. Der Oberbürgermeister aus Tübingen, dem bei den Grünen wegen kontroverser Aussagen zur Flüchtlings- und Corona-Politik ein Parteiausschlussverfahren droht, fuhr also mit dem Zug nach Mannheim zum Verwaltungsgericht und verteidigte die von seiner Stadt eingeführte Verpackungssteuer. Tübingen verlangt seit Jahresbeginn 50 Cent für Einwegverpackungen, etwa To-go-Becher oder Wegwerfboxen für Essen zum Mitnehmen. Für Einwegbesteck sind 20 Cent fällig, pro Mahlzeit höchstens 1,50 Euro. Bezahlen müssen das die Verkaufsstellen, darunter Restaurants oder Bäckereien.

Es gehe darum, sagte Palmer bei der Verhandlung, "ob eine Kommune mehr machen kann, als die unzulänglichen Bemühungen des Staates". Die Ressourcenverschwendung müsse aufhören. Das duale System, mit dem die Abfallsammlung und das Recycling organisiert wird, nannte er eine "Selbstbetrugsveranstaltung".

Die Deutschen werfen laut Bundesregierung 770 Tonnen Take-away-Einwegverpackungen weg - pro Tag. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) registriert, dass das Problem stetig größer wird. Nahrungsmittel werden zunehmend gerne im öffentlichen Raum verzehrt, anschließend sind die Mülleimer voll, Parks oder Plätze verschmutzt. Mit der Steuer wollte Tübingen Anbieter und Verbraucher dazu anregen, Mehrwegverpackungen zu nutzen. Der Stadtverwaltung zufolge hat dies auch funktioniert, im Januar sei 15 Prozent weniger Abfall in den städtischen Mülleimern gelandet. Doch das Tübinger Experiment wird wohl bald beendet.

Die örtliche McDonald's-Filiale klagte gegen die kommunale Steuer. Die Franchisenehmerin erklärte, sie könne die Kosten nicht auf die Kunden umlegen. McDonald's stützte die Klage mit der Begründung, dass Insellösungen für ein landesweit tätiges Unternehmen nicht darstellbar seien. Am Mittwoch erklärte das Gericht die Steuer für unwirksam. Eine Urteilsbegründung kündigte es für April an.

Bundesregierung plant Abgabe für Hersteller von Kunststoffverpackungen

Dass ausgerechnet McDonald's gegen die Verpackungssteuer klagte, erzürnte die Deutschen Umwelthilfe (DUH), schließlich gehöre das Fast-Food-Unternehmen in Deutschland "zu den ganz großen Klima-, Müll- und Umweltsündern" und habe 2019 allein 51 000 Tonnen Verpackungsmüll produziert. In Frankreich oder England würde McDonald's hingegen auf Mehrwegverpackungen umsteigen.

Die Bundesregierung hat sich ebenfalls zum Ziel gesetzt, den Verpackungsmüll zu reduzieren, weshalb sie derzeit dabei ist, eine EU-Richtlinie umzusetzen. Demnach sollen die Hersteller von Kunststoffverpackungen eine Abgabe in einen Fonds einzahlen, aus dem die Kommunen die Reinigungskosten begleichen können. Zudem müssen von 2023 an Anbieter von Take-away-Lebensmitteln auch Mehrwegverpackungen anbieten.

Doch noch ist Tübingens Steueridee nicht ganz erledigt. OB Palmer wirbt für die Möglichkeit, gegen das Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht in Revision zu gehen. Denn: "Für den Umwelt- und Klimaschutz, aber auch für das Gemeinwesen insgesamt ist es ein Problem, wenn neue Wege verbaut und gute Lösungen verboten sind."

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