Dieselstreit:Zurückgeben, nachrüsten, neu kaufen?

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Die Luft in deutschen Städten soll besser werden, doch bisher gibt es noch kein Konzept vollständiges für die Besitzer von Dieselautos. (Foto: dpa)
  • VW, Daimler und BMW haben sich bereit erklärt, Umtauschprämien beim Neuwagenkauf zu zahlen.
  • Andere Punkte im Diesel-Streit - zum Beispiel die Nachrüstung und eine eventuelle Rückkaufoption für Gebrauchtwagen - sind weiterhin ungeklärt.
  • Am Montagabend ein gemeinsames Konzept stehen, das Fahrverbote vermeiden soll.

Von Markus Balser und Michael Bauchmüller, Berlin

In Berlin-Mitte wurde passend zum Diesel-Gipfel im Kanzleramt am Freitag schon mal geübt, wie es ohne Autos geht. Tausende Polizisten riegelten das Regierungsviertel für den umstrittenen Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ab. Keine Autos, keine Fahrräder. Gute Luft also zwischen Kanzleramt, Reichstag und Brandenburger Tor.

Im Ringen um ein Diesel-Konzept für bessere Luft in deutschen Städten haben sich VW, BMW und Daimler mittlerweile nach Angaben aus Regierungskreisen zu Umtauschprämien bereit erklärt. BMW will pauschal 6000 Euro Rabatt auf Neuwagen anbieten, wenn ein Kunde einen Diesel-Wagen mit Euro-4- oder Euro-5-Standard in ein neueres Modell eintauscht. Daimler gewährt zwischen 5000 und 8000 Euro Rabatt und Volkswagen im Schnitt 5000 Euro. Bei VW soll die Offerte auch für den Tausch in junge Gebrauchtwagen gelten. Sicher ist zudem ein Förderprogramm über 130 Millionen Euro für einen saubereren Lieferverkehr.

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Von Markus Balser und Michael Bauchmüller, Berlin

Pauschale Hardwarenachrüstungen lehnen die Betriebsratsvorsitzenden der drei Autohersteller aber ab. Das berichtet die Bild am Montag. Die Begründung der drei Betriebsratsvorsitzenden: Eine solche Lösung würde deutsche Hersteller benachteiligen und Arbeitsplätze gefährden. Der Gesetzgeber solle auch ausländische Hersteller mit einbeziehen, denn auch diese seien von Grenzwertüberschreitungen betroffen.

Am Montagabend will der Koalitionsausschuss der Bundesregierung auch über mögliche Umbauten an Motoren älterer Dieselfahrzeuge entscheiden. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bekräftigte seine Forderung nach Hardware-Nachrüstungen für ältere Dieselfahrzeuge. Er halte "die Hardware-Nachrüstungen für einen zwingenden Teil" der Lösung, sagte Bouffier am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Er betonte außerdem, dass Bürger keinen Schaden an der Lösung im Dieselstreit nehmen dürften.

Eigentlich sollte ein Treffen im Kanzleramt schon am Freitagnachmittag eine Lösung bringen. Neben Hausherrin Angela Merkel und Kanzleramtsminister Helge Braun reisten auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Finanzminister Olaf Scholz, Umweltministerin Svenja Schulze (beide SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) an. Nachrüstung, Umtausch, Rückkauf - schon seit Monaten sind Ideen auf dem Tisch. Doch die Runde ging nach eineinhalb Stunden ohne Beschluss auseinander.

Wie viele Autobesitzer soll das Konzept betreffen?

Am Freitag war fieberhaft verhandelt worden, um schon eine Lösung zu finden: Noch in der Nacht zum Freitag hatte das Bundesverkehrsministerium einen neuen Stand der Verhandlungen mit der Autobranche an die beteiligten Ressorts versandt. Doch die meldeten eine Reihe von Bedenken an. So will das Umweltministerium deutlich mehr Diesel-Halter und Städte von dem Programm für sauberere Luft profitieren lassen als bislang geplant. Während Scheuers Pläne bislang nur die neun Städte mit der schlimmsten Abgasbelastung wie München, Stuttgart, Köln und zusätzlich die Pendlerstadt Frankfurt vorsehen, fordert Umweltministerin Schulze, das Programm auf 17 Städte auszudehnen. Ein Kompromiss sieht nun vor, 14 Städte einzubeziehen - alle mit einer Stickoxid-Belastung mit einem Jahresmittelwert von 50 Mikrogramm oder mehr. Ausgerechnet Frankfurt wäre damit draußen.

Damit allerdings würde sich die Zahl der Autohalter, die auf Hilfe hoffen können, von 1,38 auf weit über zwei Millionen fast verdoppeln. Deutlich steigen würden folglich auch die Kosten für die Industrie. Die aber lehnt das ab. Und auch der Staat will nicht einspringen. Finanzminister Scholz will keine Staatsbeteiligung. Möglich wäre es allerdings, ungenutzte Mittel aus bestehenden Fonds zu verwenden.

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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