Union: Streit um Jobcenter beigelegt:Ein bisschen Frieden

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Um die Zukunft der Jobcenter wurde heftig gestritten, nun gibt es eine Einigung: Die Ministerpräsidenten der Union und die Fraktionsspitze streben eine Änderung des Grundgesetzes an.

T. Öchsner

Die Union hat im Streit um die Reform der Jobcenter überraschend schnell eine Grundsatzeinigung erzielt. Man habe sich darauf verständigt, möglichst bald mit der SPD über eine Änderung des Grundgesetzes zu verhandeln, sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Sonntagabend in Berlin. "Wir werden die Jobcenter jetzt verfassungsfest machen", sagte die Ministerin. Die Ministerpräsidenten der Union hatten zuvor mit der Unions-Fraktionsspitze mehr als zwei Stunden über eine Lösung des Konflikts beraten.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Regierung aufgefordert, bis Ende 2010 die 346 Jobcenter und Arbeitsgemeinschaften (Argen) neu zu ordnen. (Foto: Foto: AP)

Die Lage konnte vor dem Treffen im Arbeitsministerium komplizierter nicht sein: Das Bundesverfassungsgericht hatte die Bundesregierung aufgefordert, bis Ende 2010 die 346 Jobcenter und Arbeitsgemeinschaften (Argen) neu zu ordnen. Dort betreuen Arbeitsagenturen und Kommunen gemeinsam etwa 6,5 Millionen Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld. Diese Form der "Mischverwaltung" halten die Verfassungsrichter jedoch für intransparent.

Im Video: Die Union will nun doch die vom Verfassungsgericht verlangte Neuordnung der Jobcenter über eine Grundgesetzänderung regeln.

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Von der Leyen wollte deshalb die Jobcenter wieder in zwei Behörden aufspalten, aber eine freiwillige Kooperation unter einem Dach ermöglichen. Dagegen sperrten sich die Länder. Ihr Wortführer ist Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU). Er sprach sich dafür aus, das Grundgesetz zu ändern, um das Betreuungssystem aus einer Hand zu erhalten. Unmittelbar vor dem Treffen bekundeten auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff sowie seine Amtskollegen aus Baden-Württemberg und dem Saarland, Günther Oettinger und Peter Müller, dass sie Kochs Vorschlag unterstützen. In der Fraktionsspitze gab es dagegen große Vorbehalte. Fraktionschef Volker Kauder hatte argumentiert, die Bundesregierung könne ein Verfassungsgerichtsurteil nicht mit einer Grundgesetzänderung umsetzen.

Durchbruch beim Thema Optionskommunen

Mit der nun erzielten Einigung können Arbeitsagenturen und Kommunen weiter gemeinsam die Langzeitarbeitslosen betreuen, sofern die SPD einer Grundgesetzänderung zustimmt. Dafür zeigte sich SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier offen. Für eine Grundgesetzänderung sind im Bundestag und im Bundesrat Zweidrittel-Mehrheiten nötig. Von der Leyen kündigte noch am Abend an, mit dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) und mit Steinmeier einen Gesprächstermin zu vereinbaren. In der großen Koalition war eine Grundgesetzänderung am Widerstand der Unionsfraktion gescheitert.

Bei dem Treffen gelang auch ein Durchbruch bei den sogenannten Optionskommunen. Bislang durften 63 Kreise und sechs Städte die Hartz-IV-Empfänger in Eigenregie betreuen - mehr aber nicht. Künftig sollen die Kommunen dagegen frei wählen können, ob sie dies so wie die 69 anderen allein tun oder mit der jeweiligen Arbeitsagentur zusammenarbeiten wollen. Der sächsische Ministerpräsident Stanislav Tillich sagte, man wolle hier "durchaus einen Wettbewerb zulassen". Die Regierungschefs hätten aber akzeptiert, dass es eine "Aufsicht über die verwendeten Gelder geben muss".

Gut 170 Landkreise hatten zuvor erklärt, ebenfalls eine Optionskommune werden zu wollen. Hier muss sich die Bundesregierung ebenfalls mit den Sozialdemokraten einigen. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil hatte bereits angeboten, über eine "moderate Erweiterung" mit sich reden zu lassen.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sprach sich am Wochenende dafür aus, dass Städte und Landkreise Langzeitarbeitslose weitgehend in eigener Verantwortung betreuen können. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, ist hingegen davon überzeugt, dass die Jobcenter den rein kommunalen Ämtern überlegen sind: Die Vermittlungsmöglichkeiten einer Kommune endete an den Kreisgrenzen. Auch eine Kooperation unter den Landkreisen könne das überregionale Netz der Arbeitsagenturen nicht ersetzen. "Die Arbeitsmärkte sind ja längst mindestens europäisch", sagte Weise der Nachrichtenagentur dpa.

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© SZ vom 08.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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