Tourismus:Hoffnung für die Reisebranche

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Illustration: Bernd Schifferdecker (Foto: N/A)

Die Deutschen sind urlaubsreif wie lange nicht mehr. Noch halten sich viele mit den Buchungen zurück, aber das dürfte sich bald ändern. Darauf müssen sich die Anbieter vorbereiten.

Kommentar von Sonja Salzburger

Es mag zunächst wagemutig klingen: Mitten in der Omikron-Welle verkündet Europas größter Billigflieger Ryanair, im kommenden Sommer 14 Prozent mehr Flüge als vor der Pandemie anzubieten. Und der britische Konkurrent Easyjet teilt mit, in den kommenden fünf Jahren 1000 neue Piloten einstellen zu wollen. Noch werden die beiden Fluggesellschaften die meisten ihrer Tickets allenfalls kurzfristig los. Aber sie sind überzeugt davon, dass der kommende Sommer großartig wird - zu recht.

Eigentlich wäre hierzulande gerade Hauptsaison in den Reisebüros. Die meisten Deutschen sind notorische Frühbucher, schmieden bereits unterm Weihnachtsbaum Urlaubspläne für den Sommer und buchen zum Jahresanfang. Aber die Omikron-Variante und Reisewarnungen für nahezu alle beliebten Urlaubsländer sorgen derweil noch für Zurückhaltung. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass die Trendwende bereits eingesetzt hat. Der Sommer 2022 könnte tatsächlich endlich den Boom bringen, den die pandemiegebeutelte Tourismusbranche so dringend braucht - sofern sie richtig darauf vorbereitet ist.

Studie: 61 Prozent wollen verreisen

Dass die Menschen reisen wollen, daran besteht kein Zweifel. Nach zwei Jahren Pandemie sind viele so urlaubsreif wie lange nicht mehr. So gaben etwa bei einer Umfrage der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reise (FUR) 61 Prozent der Befragten an, dieses Jahr in den Urlaub fahren zu wollen, zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten verfügen auch über ausreichend Zeit und Geld, um ihr Fernweh zu befriedigen. Ergebnisse, die nicht nur Ryanair und Easyjet freuen dürften.

Noch mag es vielen Deutschen so scheinen, als würde diese fünfte Corona-Welle nicht so schnell enden. Aber die Entwicklung der Fallzahlen in anderen Ländern verheißt etwas anderes. So vermeldete etwa die spanische Regierung am vergangenen Freitag, alles weise darauf hin, dass das beliebte Urlaubsland den Höhepunkt der Neuinfektionen bereits überschritten habe, weil die Kurve seit einigen Tagen wieder sinke. Hoffnung macht auch ein Blick nach Südafrika. Das Land, in dem die Omikron-Variante vor nicht einmal drei Monaten entdeckt wurde, gehört seit vergangenem Sonntag zu den (bislang noch wenigen) Zielen, für die das Auswärtige Amt die Reisewarnung aufgehoben hat, weil die Zahl der Corona-Neuinfektionen deutlich zurückgegangen ist. Für Südafrika-Reisende heißt das: Unabhängig von ihrem Impfstatus müssen sie bei einer Rückkehr nach Deutschland nicht mehr in Quarantäne.

Die Erwartungen sind hoch

Es sind Meldungen wie diese sowie Frühbucherrabatte und großzügige Stornooptionen, die dafür sorgen, dass sich mittlerweile mehr und mehr Kunden trotz der noch etwas unsicheren Situation, zu einer Buchung durchringen. Nach einer Analyse des Marktforschungsunternehmens Travel Data Analytics erreichten die gebuchten Urlaubsreiseumsätze in den ersten drei Januarwochen zwar noch nicht das Niveau des Januar 2020 (erst zwei Drittel davon), welcher noch nicht von der Pandemie getrübt war, aber sie ziehen von Woche zu Woche an. Und wer bucht, der will es sich in diesem Jahr so richtig gut gehen lassen. Wie der Reiseveranstalter Tui berichtet, sind Suiten und Poolzimmer besonders gefragt und die Kunden bereit, bis zu einem Viertel mehr für ihren Urlaub auszugeben.

Entsprechend hoch sind jedoch auch die Erwartungen. Die Reisebranche muss nun alles daran setzen, ihre Chance auf einen gelungenen Neustart nicht zu verspielen. Kunden weichen auf Booking.com & Co. aus, wenn sie zu lange auf einen Beratungstermin im Reisebüro warten müssen, weil die Mitarbeiter noch in Kurzarbeit sind. Sie haben wenig Verständnis, wenn sie am Flughafen ewig am Schalter anstehen müssen und Flüge wegen geringer Nachfrage gestrichen oder verlegt werden, so wie es im vergangenen Jahr immer wieder passiert ist. Und sie schreiben schlechte Bewertungen ins Internet, wenn sich der Service im sorgsam ausgewählten Vier-Sterne-Hotel als mies entpuppt, weil sich viele Mitarbeiter in der Pandemie neue Jobs gesucht haben und es nicht gelungen ist, ihre Stellen neu zu besetzen. Die vergangenen zwei Jahre haben dem Tourismussektor schwer zugesetzt, wieder das Niveau von vor der Pandemie zu erreichen, wird ein Kraftakt. Aber einer, der sich lohnt - für die urlaubsreifen Kunden und für die Branche.

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