Rüstungsbranche:Die Ampelregierung prüft den Einstieg bei U-Boot-Werft

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Eine Halle in Kiel, in der die Thyssenkrupp-Tochter U-Boote baut: Die Sparte soll verkauft werden. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Thyssenkrupp will seine Marinesparte verkaufen. Die Bundesregierung könnte dies mit einem Investment erleichtern. Es gibt ein Vorbild in Bayern.

Von Caspar Busse, Björn Finke und Georg Ismar, Düsseldorf/Berlin

Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben Weltmarktführer für nicht-atomgetriebene U-Boote, es beschäftigt 6500 Menschen in Norddeutschland - und es könnte bald neue Eigentümer haben, darunter die Bundesregierung: Der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp will die Rüstungssparte Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) verkaufen oder zumindest Investoren dafür suchen. Und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte am Dienstag in Kiel, die Regierung erwäge den Erwerb eines Minderheitenanteils. Die Prüfung wird nach Angaben einer Ministeriumssprecherin bis Ende des Jahres dauern.

Wie es heißt, redet Thyssenkrupp auch mit Finanzinvestoren über eine Beteiligung, dazu soll der US-Investor Carlyle gehören. Eine Möglichkeit sei, dass so ein Investor die Mehrheit erwirbt und der Bund und das M-Dax-Unternehmen Thyssenkrupp Minderheitsanteile halten. Später könnte TKMS dann an die Börse gehen oder mit einem deutschen Rivalen wie der Lürssen-Werft aus Bremen fusioniert werden. So könnte der Finanzinvestor seine Anteile wieder versilbern.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung denkt die Bundesregierung schon länger über einen Einstieg nach, zuständig wäre am Ende das vom Grünen-Politiker Robert Habeck geführte Bundeswirtschaftsministerium. Bei U-Booten geht es um sensible Schlüsseltechnologien, bei denen die Bundesregierung den Zugriff ausländischer Konkurrenten verhindern will.

Ein derartiger Interessent aus dem Ausland wäre der größte europäische Schiffbauer Fincantieri mit Sitz im nordostitalienischen Triest. Dessen Chef Pierroberto Folgiero sagte in einem SZ-Interview, dass "jede Zusammenarbeit zwischen TKMS und Fincantieri von der industriellen Perspektive her neue Werte schaffen" würde: "Wir sind jedenfalls immer erreichbar für Thyssenkrupp, um uns mögliche Transaktionen anzuschauen und darüber zu reden."

Die hohen Garantien belasten den Konzern

Neben U-Booten fertigt TKMS Fregatten, Korvetten und Anlagen zur Bergung alter Munition. Die Auftragsbücher sind voll, die Thyssenkrupp-Sparte profitiert von der Zeitenwende in Europa. Allerdings benötigt die Tochter, die früher Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) hieß, zugleich hohe Investitionen; außerdem muss Thyssenkrupp Kunden gegenüber milliardenschwere Finanzgarantien abgeben, damit sich die Abnehmer sicher sind, dass die Werften die U-Boote und Fregatten fertig bauen können. Wegen dieser Belastungen sucht Thyssenkrupp-Chef Miguel Ángel López Borrego einen Käufer - wie schon seine Vorgängerin Martina Merz.

Diese Finanzgarantien sind zugleich der Grund dafür, dass die Bundesregierung nach einem Verkauf als Minderheitseigner benötigt würde. Ohne den Bund als Partner würde es einem unabhängigen Anbieter TKMS schwerfallen, diese Garantien aufzubringen.

Der Chef des Gewerkschaftsbezirks Küste der IG Metall, Daniel Friedrich, fordert ebenfalls einen raschen Staatseinstieg: "Wir betrachten eine Beteiligung des Staates als wesentlich", sagte er kürzlich. TKMS brauche den Bund als Ankerinvestor und als starken Kunden.

Für einen Börsengang mit Unterstützung eines Finanzinvestors gibt es ein Vorbild: den Rüstungselektronikspezialisten Hensoldt. Das Unternehmen aus Taufkirchen bei München ist ursprünglich die Radarsparte des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus gewesen. 2017 übernahm der amerikanische Finanzinvestor KKR die Firma und brachte sie 2020 an die Börse. Inzwischen sind die Aktien im Index M-Dax gelistet, genau wie die Papiere von Thyssenkrupp.

Kurz nach dem Börsengang erwarb der Bund eine Sperrminorität. Die Bundesregierung wollte damit einen Zugriff "unfreundlicher Mächte" verhindern, wie es hieß. Hensoldt liefert unter anderem Technologien für Verschlüsselung und Sensorik, vor allem für die Rüstungsindustrie. Beide Bereiche gelten als besonders wichtig - genau wie die U-Boot-Technik von TKMS.

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