Musikgeschäft:Spotify macht jetzt auf Tiktok

Lesezeit: 2 Min.

Alles neu? Das Logo der schwedischen Musik-App Spotify. (Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP)

Junge Leute entdecken heute neue Musik beim Scrollen durch Kurzvideos. Die Streaming-Firma Spotify reagiert auf den Trend und baut jetzt ihre App um.

Von Mirjam Hauck

Wer mit 15 Metal, Rap oder doch lieber Schlager hört, wird das in den folgenden Jahren immer noch mögen. Der eigene Musikgeschmack bildet sich laut diverser Studien im frühen Jugendalter aus. Gut zu beobachten ist dieses Phänomen an den allgegenwärtigen 80er-Jahre- oder auch etwas spezielleren Depeche-Mode-Partys, die es über das ganze Land verteilt immer noch gibt. Die Kundschaft dort ist häufig Ü40 - und tanzt auf die Musik ihrer Jugend.

War die Jugend in den 80ern noch damit zufrieden "ihre" Musik bei den "Schlagern der Woche" auf Bayern 3 auf Kassette mitzuschneiden, ist heute die Video-App Tiktok das Medium, um neue Musik zu entdecken. Und zwar in häufig nur 30-sekündigen Clips. Tonfolgen zu hören, ohne jemanden dazu tanzen zu sehen, sei es die Originalsängerin oder auch Schulfreundinnen, die die neudeutsch "Moves" nachmachen, ist für viele junge Menschen keine Option mehr. Und um hier nicht ins Hintertreffen zu geraten und um nicht die junge Zielgruppe zu verlieren, passt sich jetzt die weltgrößte Musikstreamingseite Spotify diesem Trend an.

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Es soll der größte Umbau seit Einführung der App sein

Dafür baut Spotify seine App um und führt einen neuen sogenannten "Home Feed" ein. Und der ist nicht, wie man es bislang beim Streamingdienst kennt, eine einfache Liste mit Liedern. Im neuen Angebot sind das kurze Videoclips à la Tiktok, die den Nutzerinnen und Nutzern neue Musik, aber auch Podcasts und Hörbücher vorschlagen. Spotify-Gründer und -Chef Daniel Ek spricht von der "größten Umgestaltung seit Einführung der Smartphone-App".

Noch kommt die neue App-Version von Spotify recht unaufdringlich daher. Auf den ersten Blick hat sich nicht viel verändert. Der neue Home Feed mit den Videoclips versteckt sich noch hinter Buttons am oberen Bildschirmrand. Wer also mit einfachen Playlisten zufrieden ist, der kann das neue Angebot derzeit einfach ignorieren. Die Generation Tiktok muss aber aktiv danach suchen, um in den Bereich zu kommen, in dem die Vorschau-Clips automatisch anfangen zu spielen.

Der Schwede Daniel Ek ist Gründer und Chef des Musik-Dienstes Spotify . (Foto: picture alliance / dpa)

Das wird aber wohl nicht so bleiben. Man optimiere das Format, sagte Produktchef Gustav Söderström bei der Vorstellung am Mittwoch in Los Angeles. Und auch: "Das Wichtigste, was wir bei Spotify für Künstler tun können, ist, die Distanz zwischen ihrer Kunst und den Menschen, die sie lieben, zu verringern." Entsprechend messe man auch, wie viele Lieder und Podcasts sich Nutzer beim Scrollen durch den neuen Videofeed vormerken.

Spotify hat derzeit rund 489 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Davon zahlen 205 Millionen Menschen zehn Euro oder mehr für ein monatliches Abo, damit die Lieder und Podcasts nicht zwischendurch durch Werbung unterbrochen werden. 2006 vom Schweden Daniel Ek gegründet, hat der Dienst die Musikindustrie selbst durcheinandergewirbelt und massiv verändert. Die Generation Tiktok kennt CDs sowieso nur noch aus dem Regal ihrer Eltern - wenn die ihre teuer zusammengekaufte Sammlung (30 Mark das Stück!) nicht selbst schon verschämt in den Keller getragen haben und bei Spotify einen "Family-Account" für Partner und Kinder erstellt haben. Jetzt müssen sie sich wieder umstellen - oder sie orientieren sich gleich neu und laden das Original herunter, nämlich die Tiktok-App.

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