Finanzpolitik:Wenn's um Macht geht, Sparkasse

Lesezeit: 2 min

"Gut für Deutschland"? Die Sparkassen pflegen gern ein positives Selbstbild, die Wirklichkeit sieht oft anders aus. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Warum die Posse um den neuen Cheflobbyisten der Sparkassen beweist, dass die kommunalen Institute im Gestern verhaftet sind.

Kommentar von Meike Schreiber, Frankfurt

Die deutschen Sparkassen hatten schon immer einen Hang zu unbescheidener Selbstbeschreibung. Man könnte auch sagen: zur Anmaßung. "Gut für Deutschland" - so lautete lange Zeit ein Slogan, mit dem die bundesweit 360 Sparkassen für sich warben. Aktuell heißt der Spruch: "Weil's um mehr als Geld geht". Das ist angelehnt an den alten Sound von "Wenn's um Geld geht". Der neue soll natürlich modern klingen, wie: Bei uns ist Nachhaltigkeit ein ganz großes Thema.

Aber wirklich nachhaltig agieren die Sparkassen derzeit nicht, im Gegenteil: Die Posse um die Nachbesetzung an der Spitze des einflussreichen Sparkassendachverbandes DSGV zeigt vor allem: Die Sparkassen sind im Gestern verhaftet. Dort wurde in diesen Tagen eiligst ein früherer CSU-Landrat auf den Schild gehoben - und eine genauso qualifizierte Kandidatin ausgebootet. So eilig, dass es der Kandidat offenbar nicht rechtzeitig schaffte, seinen Lebenslauf zu korrigieren.

Bei der Frage, wer nun DSGV-Präsident oder -Präsidentin wird, geht es aber nicht nur um Genderaspekte oder darum, wer den hübscheren Lebenslauf hat. Dass die Sparkassen wieder einen Mann - Ulrich Reuter, 60, CSU - an die Spitze befördern, war fast zu erwarten. Noch bezeichnender ist, dass es die Geldhäuser dabei erneut versäumten, eine Debatte zu führen, wohin sie dauerhaft wollen. Reuters bisherige Äußerungen lassen jedenfalls nicht darauf schließen, dass er bald mit einem zukunftweisenden Programm aufwartet.

Die Sparkassen, das zeigt sich eben, vertrauen immer noch viel zu sehr auf ihre Bande zur Politik - egal ob in Kommunen, Landkreisen oder auf Bundesebene, wo sich sogar ein liberaler Finanzminister wie Christian Lindner stets schützend vor ihre Belange stellt. Und die Sparkassen vertrauen darauf, dass ihnen diese Bande ewig helfen werden, im Wettbewerb zu bestehen gegen Digitalbanken und deren oft günstigere Angebote. Sie hoffen, dass niemand die vielen regulatorischen Ausnahmen durchschaut, welche die Sparkassen immer noch genießen. Und dass niemand offen ausspricht, dass dieses System sehr oft eben nicht "gut für Deutschland" ist, sondern zulasten der Kunden geht. Denn die müssen mit zu hohen Gebühren und schlechten Konditionen letztlich eine überdimensionierte und damit ineffiziente Bankengruppe mit verwinkelten Strukturen und hochbezahlten Funktionären unterhalten.

Verbraucherschützer kritisieren, dass Kunden auch in Spakassen schlechte Produkte angedreht werden

Warum läuft es nicht endlich anders? Statt alle Veränderungen aus Brüssel reflexhaft abzuwehren, könnten die Sparkassen in die Offensive gehen. Zum Beispiel, wenn es um die leidige Finanzberatung auf Provisionsbasis geht. Verbraucherschützer kritisieren schon lange, dass Anlegern auch in Sparkassen oft noch teure und schlechte Produkte angedreht werden, weil die Bankberater lieber Provisionen kassieren, statt unabhängig zu informieren. Da sich das trotz Reformbemühungen nicht verbessert hat, will Brüssel Provisionen nun womöglich verbieten. Dem hätten die Sparkassen längst zuvorkommen können. Sie hätten eine gute und rechtssichere Beratung gegen Honorar frühzeitig zu einer echten Alternative ausrufen können - auch wenn dadurch Erträge weggebrochen wären.

Oder aber beim Thema europäische Einlagensicherung: Eine gemeinsame Einlagensicherung könnte die europäischen Finanzmärkte zugunsten aller Sparer in der EU sicherer machen und den Binnenmarkt für Banken stärken. Könnte, hätte, würde. Passiert aber nicht, weil sich Deutschland, angefeuert von Sparkassen und Volksbanken, seit Jahren dagegen sperrt - mit hanebüchenen Argumenten, beispielsweise dem, dass die Bürger dabei mit ihren Sparguthaben für Sparer andere Länder haften würden, was barer Unsinn ist.

Und nicht zu vergessen die teils absurd hohen Vorstandsgehälter. Vor allem wegen der inzwischen hohen Pensionsrückstellungen geht es bei vielen Sparkassenvorständen nicht mehr nur um sechsstellige, sondern um siebenstellige Beträge. Auch dieses Problem sollten die Institute dringend selbst angehen und nicht darauf hoffen, dass ihre kommunalen Eigentümer die Exzesse auf ewig durchwinken - nur, weil die Sparkasse vor Ort mal wieder für Prestigeprojekte des Bürgermeisters spendet. Wird sich der neue Sparkassen-Präsident an all diese Themen herantrauen? Nähme er den Slogan "gut für Deutschland" ernst, dann müsste er.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: