Schwarz-rote Regierungen:Was große Koalitionen kosten

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Der Berliner Reichstag, Sitz des Bundestags. (Foto: dpa; Bearbeitung SZ)
  • Große Koalitionen stehen im Ruf, viel Geld auszugeben. Auch die neue schwarz-rote Regierung will Projekte mit Milliardenkosten umsetzen.
  • Im historischen Vergleich allerdings geben große Koalitionen im Durchschnitt nicht mehr Geld aus als andere Regierungen.

Von Jan Schmidbauer

Weg mit dem Soli, mehr Geld für Wohnungsbau, für Kommunen und Kitas: Der Koalitionsvertrag von Union und SPD verspricht eine Menge. Das kostet. Die Parteien planen Mehrausgaben von mindestens 46 Milliarden Euro. Das ist etwa doppelt so viel, wie die große Koalition vor vier Jahren ankündigte.

Große Koalitionen haben den Ruf, große Kosten für die Steuerzahler zu verursachen, immerhin müssen sich zwei Volksparteien bei ihren Wählern erkenntlich zeigen. Doch so einfach ist die Rechnung nicht, sagt der Ökonom Niklas Potrafke vom Münchner Ifo-Institut. Er hat untersucht, unter welcher Bundesregierung wie viel Geld ausgegeben wurde. Das Ergebnis: Große Koalitionen haben in der Vergangenheit nicht mehr Geld ausgegeben als rechte oder linke Regierungen.

Das zeigt die sogenannte Staatsquote. Sie setzt die Ausgaben des Bunds ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Seit den Siebzigerjahren waren die Ausschläge eher gering. Ob rot-gelb, schwarz-gelb oder rot-grün: Gemessen am Bruttoinlandsprodukt driften die Ausgaben nicht signifikant auseinander. Im Mittel gaben große Koalitionen sogar etwas weniger Geld aus als andere Regierungen. Bei ihnen beträgt die durchschnittliche Staatsquote 26,8 Prozent, linke Regierungen kommen auf 28,3 Prozent, rechte Regierungen auf 28,8 Prozent.

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Die vorige große Koalition war zwar vergleichsweise spendabel. Projekte wie die "Rente mit 63" kosteten Milliarden. Doch weil das Wirtschaftswachstum stark ausfiel, blieb die Staatsquote fast konstant.

Das könnte sich in den kommenden Jahren allerdings ändern. Ökonom Potrafke spricht von "überraschend teuren" Versprechen im Koalitionsvertrag. Besonders die SPD-Erfolge in den Verhandlungen würden Kosten verursachen, außerdem seien viele Schlüsselressorts an die SPD gegangen.

Aus Sicht von Potrafke fällt die Entlastung der Bürger zu gering aus - trotz weitgehender Abschaffung des Solidaritätszuschlags. "Wir hatten einen Steuerwahlkampf, wie schon lange nicht mehr. Passiert ist aber nichts beim Einkommensteuertarif."

Aus Sicht des Ökonomen fehlt im Koalitionsvertrag auch eine Antwort auf die Steuerreform von Donald Trump. Der US-Präsident hat die Steuersätze für Unternehmen massiv gesenkt und könnte damit auch deutsche Konzerne ins Land locken. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos gratulierten deutsche Konzernchefs dem Präsidenten artig. "Die Regierungen in anderen westlichen Industrieländern werden nicht lange dabei zuschauen können", sagt Potrafke. Die große Koalition tut es aus seiner Sicht aber.

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