Tortillachips:Flüssigsnack für 65 Dollar

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Zum Wohl! Käse-Nachos aus der Flasche. (Foto: Empirical)

Abhängen mit Chipstüte war gestern, jetzt werden Tortillachips edel gesüffelt - jedenfalls, wenn es nach der US-Marke Doritos geht. Sie verkauft neuerdings auch Schnaps.

Von Felicitas Wilke

Das Cross-Selling gehört zu den schlaueren Dingen, die sich Marketingmenschen so ausgedacht haben. Die Bank, wo der Kunde schon sein Konto hat, dient ihm dort gleich noch ein Depot an. Der Spielzeughersteller, der Eltern ohnehin schon regelmäßig ärmer macht, stattet den Nachwuchs auch mit Schuhen im passenden Design aus. Und so mancher Discounter lässt seine eigenen Kunden neuerdings sogar als Mensch gewordene Litfaßsäulen herumlaufen, indem er ihnen T-Shirts und Hoodies mit dem Firmenlogo verkauft. Die Devise: Wer ohnehin schon Fan ist, konsumiert auch über Kreuz.

Oder trinkt. Die US-Chipsmarke Doritos, die ihrerseits zum Getränkekonzern Pepsi gehört, bietet ihre Nachos mit Käsegeschmack neuerdings auch in flüssiger Form an - als Schnaps. In einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem dänischen Spirituosenhersteller Empirical, mit dem Doritos das Gesöff entwickelt hat, wird das neue Produkt im Vokabular eines Sommeliers angepriesen: Der Geschmack eröffne sich "mit Umami- und würzigen Aromen von Nacho-Käse", gehe dann "in die tieferen, maisbetonten Aromen des Chips über und endet mit einer sanften Salznote." Abhängen auf dem Sofa mit einer Tüte Tortilla-Chips auf dem Schoß war gestern, salziger Abgang ist heute.

Wobei: Möchte jemand noch mehr über den hochprozentigen Snack erfahren, stößt er auf der Website von Empirical auf skandinavische Ehrlichkeit: Das Ergebnis der Zusammenarbeit sei "so verrückt, wie es klingt", beschreiben die Dänen ihr Produkt selbst, und weiter: Der erste Schluck löse beim Konsumenten einen "WTF!?-Moment" aus. Jugendfrei übersetzt fragt man sich nach dem Anstoßen mit flüssigem Mais und Käse also offenbar, was zur Hölle das denn bitte sein soll? Ähnliche Emotionen kann auch der Preis von 65 US-Dollar für eine 750-Milliliter-Flasche auslösen.

Im Gespräch bleibt, wer Verrücktes tut

Die ganz experimentellen Naschkatzen lässt das neue Produkt aber möglicherweise auch hierzulande von rauschenden Festen mit Gummibärchen-Prosecco, Salzstangen-Gin und Erdnussflips-Whiskey träumen. Der US-TV-Sender CNN analysiert es ganz nüchtern: Das flüssige Junkfood sei eher ein als "Verkaufsprodukt getarnter Marketingtrick." Das klassische Cross-Selling ist darauf ausgelegt, durch eine größere Vielfalt an Produkten unmittelbar höhere Umsätze zu generieren. Pepsi hingegen dürfte nicht daran glauben, dass sein Mais-Käse-Schnaps künftig zum Verkaufsschlager wird. Aber im Gespräch bleibt nun mal, wer Verrücktes tut: So wie Kahlúa und Absolut Vodka, die kürzlich ein Parfum kreiert haben, das nach Espresso Martini duftet. Oder wie die Burger-Kette Arby's, die ihre gekringelten Pommes in einen Wodka gegossen hat.

Der Gedanke löst Katerstimmung aus? Dann sollte man vielleicht lieber sein eigenes Cross-Selling betreiben. Auch ohne Hilfe aus Dänemark lässt sich Hochkalorisches in Hochprozentiges umwandeln: Mit etwas Lebkuchen, dem passenden Gewürz, Sahne, Milch, Zucker und Rum lässt sich ein jahreszeitkonformes Getränk mixen, das nicht ganz so verrückt klingt - aber dafür gut schmeckt unterm Weihnachtsbaum.

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