Signa:Absturz des Aufsteigers René Benko

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Hat noch immer einen engen Vertrauten in der "operativen Geschäftsführung" der Signa Holding: der Immobilienunternehmer René Benko. (Foto: Georg Hochmuth/dpa)

Aus dem Nichts baute der Immobilieninvestor ein Milliarden-Imperium auf. Jetzt aber muss der "Wunderwuzzi" die Macht abgeben in seinem Firmengeflecht. Ob Benkos Signa-Konzern noch zu retten ist, bleibt vorerst offen.

Von Uwe Ritzer, München/Hamburg

Die Baustopps verhießen schon nichts Gutes. Am Elbtower und bei anderen Großprojekten in Hamburg und Stuttgart ging zuletzt nichts mehr. Und das waren ja nicht die ersten Krisen-Signale aus dem Signa-Konzern. Immer klarer zeigte sich zuletzt: Das Immobilienimperium des österreichischen Unternehmers René Benko, 46, ist in eine gefährliche Schieflage geraten. Nun zieht er offenbar die Notbremse. Nachdem sich in den vergangenen Tagen reihenweise Großinvestoren und Geschäftspartner von ihm abgewandt haben, will sich Benko aus der schwer angeschlagenen Signa Holding zurückziehen und seine Stimmrechte abgeben - und zwar an den erst kürzlich auf sein Betreiben an Bord geholten deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz, 54.

Der soll als Generalbevollmächtigter und Beiratsvorsitzender das Kommando bei Signa übernehmen, einem der größten europäischen Immobilienkonglomerate mit Firmensitzen in Innsbruck und Wien. Das berichteten am Freitag mehrere österreichische Medien. Im ORF bestätigte der Unternehmer Hans-Peter Haselsteiner, der selbst 15 Prozent an Signa hält, die Informationen; von Signa verlautete zunächst nichts. Das Unternehmen reagiert, ebenso wie Benko, schon länger nicht mehr auf Medienanfragen.

Auf dem Papier haben die Geschäftsführer Marcus Mühlberger und Christoph Stadlhuber das Sagen bei Signa. Dem Beirat gehören zudem unter anderen der frühere österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und die Wüstenrot-Chefin und ehemalige Politikerin der rechtspopulistischen FPÖ, Susanne Riess-Hahn, an. Der "Wunderwuzzi", so Benkos Spitzname in Österreich, hält dem ORF zufolge aber direkt oder indirekt, etwa über Stiftungen, rund 50 Prozent an der Signa-Gruppe. Benko gilt damit als der starke Mann im Unternehmen, der sich einem langjährigen Weggefährten zufolge "immer schon um alles bis ins kleinste Detail kümmert und sich dabei nicht in die Karten schauen lässt". Obwohl er bei Signa keine operative Funktion einnimmt, geschehe dort ohne ihn nichts. Benko sei auch der Einzige, der einen Überblick habe über das vielfach verschachtelte Firmenimperium aus mehreren hundert Gesellschaften in Österreich und anderen Ländern.

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Dass er nun seine Stimmrechte offenbar an Geiwitz abtritt, stößt bei seinen Mitinvestoren auf Erleichterung und Zustimmung. "Die Gesellschafter haben diesen Schritt zustimmend und auch positiv zur Kenntnis genommen, weil das Vertrauen in Herrn Geiwitz vorhanden ist, und zwar lückenlos", sagte Haselsteiner im ORF. Geiwitz erwarb sich als Insolvenzverwalter der Drogeriemarktkette Schlecker und vor wenigen Monaten beim Kaufhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof einen guten Ruf und gilt als erfahrener Sanierer.

In einem Brief hatten sich wichtige Investoren spektakulär von Benko abgewandt

Seine Chancen, das Firmenimperium als Ganzes zu retten, bewerten Branchenexperten unterschiedlich. Viel hänge von den anderen Investoren und deren Bereitschaft ab, das Geflecht finanziell zu stützen, sagt ein Insider. Aber auch eine Zerschlagung wird diskutiert, das unübersichtliche Konglomerat liege ohnehin in Trümmern, sagen Kritiker. Unbestätigten Informationen zufolge sollen Milliardenschulden das Unternehmen drücken, außerdem eine Liquiditätslücke im dreistelligen Millionenbereich.

Die Lage habe sich in den vergangenen Monaten durch steigende Baupreise und Zinsen verschärft; zuletzt soll Benko im letzten Moment ein asiatischer Investor abgesprungen sein, der eigentlich mit einem Betrag in dreistelliger Millionenhöhe habe aushelfen wollen. Ein Indiz für die Schwierigkeiten ist auch die Insolvenz der Signa Sports United, einem Konglomerat an verschiedenen Sporthandelsunternehmen und Online-Shops. Andere Unternehmen dieser Sparte wurden verkauft, darunter das Münchner Handelshaus Sport-Scheck.

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Nun reagiert Benko auf ein Schreiben, mit dem sich wichtige Investoren spektakulär von ihm abgewandt haben. In dem Brief, über den das Handelsblatt zuerst berichtete, forderten sie Benko zum sofortigen Rückzug auf, weil mit ihm ein erfolgreiches Krisenmanagement unmöglich sei. Er solle seine Anteile einem Treuhänder übergeben, hieß es. Viele verärgerte Investoren werfen dem Tiroler vor, sie nicht frühzeitig, ausführlich und transparent genug über die Schieflage des Konzerns informiert zu haben. Zu den Unterzeichnern des Schreibens gehören neben Haselsteiner auch Ernst Tanner aus der Schweizer Schokoladen-Dynastie Lindt & Sprüngli, der Gründer der Tiernahrungskette Fressnapf, Torsten Toeller, sowie der Schweizer Unternehmer Arthur Eugster und die Unternehmerin Julia Dora Koranyi-Arduini, die zu den Kerninvestorinnen bei Signa gehören soll. "Die Gesellschafter haben diese Woche René Benko gebeten, noch einen Schritt weiter zu gehen und Herrn Geiwitz nicht nur als Sanierungsbeauftragten einzusetzen, sondern auch als eine Art Generalbevollmächtigten", sagte Haselsteiner am Freitag.

In Hamburg sorgt derweil der Baustopp am Signa-Projekt Elbtower für Diskussionen. Der Regierende Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) lehnt öffentliche Zuwendungen für das Milliardenprojekt ab. "Beim Elbtower handelt es sich - anders als bei der Elbphilharmonie - um ein Projekt im Risiko der privaten Investoren, die bei einem Abbruch des Vorhabens in dieser Phase einen großen wirtschaftlichen Schaden hätten", sagte er dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

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