Sportartikel:Benko gerät immer tiefer in Schwierigkeiten

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Die Bauarbeiten am Elbtower ruhen. Nicht nur in Hamburg wird darüber diskutiert, was damit geschehen soll. (Foto: Chris Emil Janssen/Imago)

Jetzt stellen auch noch die Sporthäuser des schillernden Investors Insolvenzanträge. 1350 Menschen bangen um ihre Jobs. Zuvor hatten schon Immobilienprojekte gestockt.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Die Arbeiten am Prestigeprojekt Elbtower und am Gebäudeensemble Flüggerhöfe in Hamburg ruhen, genau wie seit Montag die Planungen für einen großen Neubau an der Stuttgarter Königstraße. Weitere Baustopps könnten folgen. Schuld sind offene Rechnungen. Die Anzeichen verdichten sich, dass das milliardenschwere Immobilien- und Kaufhausimperium des österreichischen Unternehmers René Benko ins Wanken geraten ist. Gewaltige Schulden und ein aktueller Finanzierungsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe schlagen zu Buche. Verschärft wird die Situation, weil immer mehr prominente Investoren auf Distanz zu Benko gehen, mangelnde Transparenz beklagen und die Reißleine ziehen, in dem sie Verkaufsoptionen für ihre Anteile ziehen.

Gemessen an der Dimension seines aus mehreren hundert Gesellschaften in Österreich, Deutschland und anderen Ländern bestehenden, verzweigten und nebulös verschachtelten Firmenkonglomerats, ist die Sportabteilung klein geraten. Dort allerdings hat ein Dominoeffekt eingesetzt, der auch in anderen Benko-Sparten folgen könnte. Er ist die Ursache, weshalb 1350 Menschen in Deutschland um ihre Jobs bangen.

150 Millionen Euro hätte Benko in seine Signa Sports United (SSU) investieren müssen. So hätte er die Geschäfte von zig Tochterfirmen, die Turnschuhe, Trikots, Fahrräder oder Tennisschläger verkaufen, am Laufen halten können. Benko hatte das Geld bereits zugesagt, nahm das am 16. Oktober aber überraschend wieder zurück. Das werten Branchenexperten als Indiz für massive Finanzierungsprobleme des schillernden Investors. Das Traditionshaus Sport-Scheck konnten er und seine Leute noch im letzten Moment nach Großbritannien verkaufen. Mehrere andere Sporthandelshäuser aus dem SSU-Verbund beantragten jedoch in den vergangenen Tagen Insolvenzverfahren.

Die Aussichten auf schnelle Rettung sind unterschiedlich verteilt. Das geht aus einer am Dienstag verbreiteten, gemeinsamen Stellungnahme der vorläufigen Insolvenzverwalter Christian Gerloff und Stefan Meyer hervor. Sie berichten von großer Nachfrage vor allem für zwei betroffene Unternehmen: die Tennis-Point GmbH mit Sitz in Herzebrock-Clarholz (Ostwestfalen) und die Stuttgarter Internetstores GmbH. Zu Tennis-Point gehören neben 13 stationären Geschäften in Deutschland und 20 weiteren im europäischen Ausland auch diverse Onlineshops, allen voran tennis-point.de. Internetstores umfasst neben stationären Geschäften in Deutschland und Schweden 32 Online-Shops (beispielsweise fahrrad.de), hauptsächlich für Fahrräder, Fahrradzubehör und andere Outdoor-Artikel.

Beide Firmen verfügen in ihren jeweiligen Segmenten "über eine international starke Marktposition und über einen treuen Kundenstamm", so der vorläufige Insolvenzverwalter Christian Gerloff. Es gebe deshalb für Tennis-Point und Internetstores bereits eine "durchaus stattliche Anzahl" von Kaufinteressenten aus dem In- und Ausland. "Die Chancen für gute Zukunftslösungen" seien "grundsätzlich gegeben", so Gerloff. Wobei die beiden Unternehmen in Abstimmung mit den jeweiligen Gläubigern getrennt voneinander verkauft werden sollen.

Vorläufige Insolvenzverwalter müssen sich nun durch Gewirr von Gesellschaften wühlen

Aktuell läuft das Geschäft sowohl bei Tennis-Point als auch bei Internetstores weiter. Auch Reklamationen und Retouren würden bearbeitet. Allerdings komme es "vereinzelt noch zu Verzögerungen bei der Abwicklung", heißt es in der Erklärung der vorläufigen Insolvenzverwalter. Die insgesamt knapp 900 Beschäftigten beider Firmen erhalten bis Ende Dezember Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit.

Unklarer als bei Tennis-Point und Internetstores scheint die Situation bei dem in Großostheim im Landkreis Aschaffenburg angesiedelten Logistiker Publikat GmbH. Dessen 300 Beschäftigte arbeiten bislang im Wesentlichen für Internetstores und die bis vor kurzem ebenfalls zur Signa-Gruppe gehörende Outfitter GmbH. Auch die Zukunft von SSU in Berlin ist ungewiss; 185 Menschen erbringen dort Dienstleistungen in Sachen IT, Personal und Finanzen für die bisherige Signa-Sportgruppe. Obendrein hält die Gesellschaft direkt oder indirekt bis zu 100 Prozent der Anteile an Tennis-Point, Internetstores und 31 weiteren Gesellschaften im In- und Ausland.

Durch dieses Gewirr von Gesellschaften müssen sich die vorläufigen Insolvenzverwalter nun wühlen. Einzelne Teile herauszulösen und neue Investoren für diese Firmen zu suchen, sei "vor dem Hintergrund der engen Einbindung in die Signa-Unternehmensgruppe zweifellos eine komplexe und anspruchsvolle Aufgabe", so Stefan Meyer aus der Kanzlei Pluta. Umso wichtiger sei es, dass die einzelnen Insolvenzverfahren "optimal koordiniert" werden. So könnten sie die beste Lösung für Gläubiger, Kunden und Beschäftigte finden.

Von einer solchen Lösung scheint Unternehmer René Benko in Bezug auf sein Immobilienimperium noch weit entfernt. Der Österreicher gerät immer mehr unter Druck. So droht die Hamburger Bausenatorin Karen Pein mit einem Abriss des Elbtowers, wobei ein Weiterbau Priorität habe. Auch ein Verkauf der Wolkenkratzer-Baustelle steht im Raum; Bild zufolge soll der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne als Käufer im Gespräch sein. Parallel springen Benko namhafte Investoren ab. Nach Unternehmensberater Roland Berger soll einem Bericht des Handelsblatts zufolge auch Torsten Toeller, Gründer der Tierfutter-Kette Fressnapf, seinen Anteil an Benkos Immobiliengruppe Signa Holding an diese zurückverkaufen wollen. Er hält aktuell 4,5 Prozent an dem Unternehmen.

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