Raumfahrt:Europäische Konkurrenz für Space-X

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Die Computeranimation zeigt die geplante Frachtkapsel Nyx der The Exploration Company. (Foto: The Exploration Company)

Das Münchner Start-up The Exploration Company will mit einer Kapsel Fracht zu einer Raumstation transportieren. Es hat bereits den Vertrag einer US-Firma in der Tasche, die sonst mit Elon Musks Space-X zusammenarbeitet.

Von Dieter Sürig

Dieser Deal zeigt recht anschaulich, wie Raumfahrt künftig aussehen könnte: Das Start-up The Exploration Company aus Planegg bei München soll für die amerikanische Raumfahrtfirma Axiom Space Ende 2027 Fracht zur privaten Axiom-Raumstation fliegen. So sieht es ein Vorbuchungsvertrag vor, den beide Unternehmen an diesem Dienstag publik gemacht haben. Hintergrund: Das deutsch-französische Start-up will in Planegg und Bordeaux Raumkapseln bauen, die für den Transport von Fracht zu Raumstationen in der Erdumlaufbahn konzipiert sind und bietet sie bereits künftigen Betreibern von Raumstationen an.

Dieses Vorgehen ist neu. Auch der Airbus-Konzern hat in Bremen bereits fünf Transportkapseln namens ATV (Automated Transfer Vehicle) gebaut, die zwischen 2008 und 2014 jeweils etwa 7,5 Tonnen zur Internationalen Raumstation ISS brachten. Diese Raumschiffe entstanden aber im Auftrag der Raumfahrtagentur Esa, die damit einen europäischen Beitrag zur ISS leistete.

Das war sozusagen das Geschäftsmodell von gestern. Die sogenannten New-Space-Firmen, die mehr Flexibilität in die Branche bringen möchten, warten nicht auf staatliche Aufträge. Die drei deutschen Start-ups Hyimpulse, Isar Aerospace und Rocket Factory Augsburg entwickeln zum Beispiel Kleinraketen, die sie dann an Agenturen und Privatkunden verkaufen möchten.

"Nyx" kann fünf Tonnen Fracht aufnehmen

Bei der The Exploration Company ist es eine Kapsel namens Nyx. Sie soll fünf Tonnen Fracht transportieren können und etwa das Doppelte wiegen. Ein halbjähriger Testflug ist für 2026 geplant. Nyx ist im Gegensatz zum früheren Esa-Frachter wiederverwendbar und soll mit dem grünen Treibstoff Wasserstoffperoxid fliegen. Langfristig will Unternehmenschefin Hélène Huby die Kapsel für den Transport von Astronauten weiterentwickeln, was auch für Axiom interessant sein könnte.

Die Vereinbarung mit Axiom sieht zunächst einen Flug vor. Die Kapsel ist kompatibel mit mehreren Trägerraketen, darunter Ariane 6 und Falcon 9. Dabei ist es bemerkenswert, dass das Unternehmen aus Houston so einen Vertrag mit einem europäischen Start-up abschließt. Axiom ist damit bekannt geworden, dass sie im Frühjahr 2022 und 2023 jeweils eine ein- bis zweiwöchige private Wissenschaftsmission zur ISS geflogen hat. Dafür hat Axiom die Dragon-Kapsel von Space-X gebucht, weitere Flüge sind in Planung. Eigentliches Ziel ist es aber, eine eigene private Raumstation zu eröffnen, deren erstes Modul voraussichtlich 2026 in den Erdorbit starten soll. Es wird vom französisch-italienischen Konzern Thales Alenia Space gebaut und soll Platz für Forschung und Produktion in der Schwerelosigkeit bieten.

Dafür braucht Axiom Zubringer. "Es ist wichtig für Axiom, auch mit europäischen Playern zusammenzuarbeiten", sagt Huby. Axiom wolle "eine Partnerschaft mit mehreren zuverlässigen Partnern aufbauen - wir sind zusammen mit Space-X dabei". "Unsere gemeinsamen Anstrengungen werden unterstreichen, was möglich ist, wenn die USA und Europa im Bereich der Schwerelosigkeit und der Entwicklung bahnbrechender Raumfahrtinnovationen zusammenarbeiten", so Axiom-Technologiechef Matt Ondler.

Huby kann dabei anscheinend mit Elon Musks Firma Space-X konkurrieren, die regelmäßig Fracht und Astronauten zur ISS befördert. "Wir werden den Flug zum Marktpreis machen, der liegt bei 150 bis 200 Millionen Dollar." Anders ausgedrückt: Der übliche Kilogrammpreis für den Frachttransport zu einer Raumstation betrage 75 000 Dollar. "Wir sind günstiger", sagt Huby selbstbewusst.

Geld und neue Technologien bleiben in Europa

Die Französin ist andererseits "erstaunt, dass mein erster Vertrag nicht von der Esa kommt, sondern von einem amerikanischen Unternehmen". Nyx kostet nach ihren Angaben 300 Millionen Euro, finanziert von privaten Investoren. "Ich kümmere mich um die Entwicklungskosten, das Geld und die neuen Technologien bleiben in Europa." Deswegen sei auch ein europäischer Ankerauftrag wichtig. "Space-X hat für die Entwicklung seines Frachtschiffs 300 Millionen Dollar von der Nasa bekommen", sagt Huby. "Wir bieten unser Frachtschiff Nyx den Esa-Mitgliedsstaaten für 150 Millionen Euro an."

Huby ist auch mit anderen Unternehmen im Gespräch, die Raumstationen planen, dabei gehe es immer auch um den Transport von Astronauten. "Für ein Frachtschiff reichen private Investoren, aber für eine Astronautenkapsel brauche ich die Unterstützung der europäischen Länder", sagt sie. "Astronauten zu fliegen, bedeutet zehn Jahre Entwicklung und drei Milliarden Euro Entwicklungskosten." Darüber müsse letztlich die Politik entscheiden. The Exploration Company würde dabei "innerhalb einer öffentlich-privaten Partnerschaft 50 Prozent der Kosten übernehmen", kündigt Huby an.

Ihren Axiom-Auftrag sieht sie deshalb auch als Signal: "Diese Vereinbarung zeigt der Politik auf, wie groß die Chancen sind, die in der Raumfahrtlogistik als Geschäftsfeld liegen und dass Europa sich hier an die Spitze setzen kann, sofern gemeinsam investiert wird".

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