Die Credit-Suisse-Daten sind für einen Vergleich oben gegen unten nicht optimal. Ein amerikanischer Student beispielsweise zählt in diesen Daten zu den ärmsten 50 Prozent, auch wenn er aus der Mittelklasse kommt und nach der Uni an der Wall Street sehr viel Geld verdienen wird. Denn im Studium ist der junge Mann verschuldet - hat also negatives Vermögen. Viele Menschen in Entwicklungsländern bekommen gar keine Kredite. Sie können in dem Vermögensranking also gar nicht auf die hinteren Plätze fallen, obwohl sie objektiv ärmer sind als der US-Student mit Wall-Street-Karriere.
Ein anderes Beispiel ist ein deutscher Rentner, der gerade einen kleinen Kredit aufgenommen hat, beispielsweise um ein Auto zu kaufen. Hat der Rentner kein Haus oder sonstiges Vermögen, ist er in der Oxfam-Berechnung ärmer als ein Bauer in Burundi. Dass der Rentner jeden Monat vom Staat viel mehr Geld bekommt, als der Bauer im Jahr zusammenkratzt, ignoriert die Statistik.
Acht versus 3,5 Milliarden - diese Behauptung ist also ziemlich verzerrt. Ein grober Vergleich ist per se nichts Schlimmes. Aber Oxfam kommuniziert die Zahl "acht", als wäre sie eine objektive Wahrheit, centgenau abgezählt, mit Daten aus Geldbörsen von Milliarden Menschen.
Wie absurd das ist, zeigt schon der Vorjahresvergleich, als Oxfam die reichsten 62 Menschen anprangerte. Denn Oxfam benutzt in diesem Jahr neue Daten für die Zahl des Vermögens der ärmsten Hälfte. Deswegen ist das Ergebnis nun so krass anders. Die Organisation weist ausdrücklich auf die neue Methode hin, das ist transparent und vorbildlich. Hätte sie schon 2016 die gleichen Daten wie 2017 benutzt, wäre sie nicht auf 62 gekommen, sondern auf neun. Die 62 im Vorjahr war also falsch, worauf Kritiker schon damals hingewiesen hatten: Die wahre Zahl läge höher oder eben sogar noch niedriger, hieß es schon damals.
62 oder acht oder 127? Egal, gibt Oxfam zu
Oxfam verteidigt seine Veröffentlichung. "Unser Bericht will keine Wissenschaft sein und gibt das auch nicht vor", teilt die Organisation mit. "Wir schreiben an verschiedenen Stellen, dass wir zwar mit dem besten verfügbaren Zahlenmaterial arbeiten, dass dieses aber trotzdem nur Schätzungen sind." Oxfam rechne sauber und mache dies transparent. Ob es nun 62 oder acht oder 127 Superreiche seien, die so viel besäßen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, sei in der Tat nicht entscheidend. So oder so sei das ein Skandal. "Die extreme Ungleichheit der Vermögen ist real und bedeutet, dass es den Menschen ohne Besitz zum Teil an allem Notwendigen fehlt, während andere in Geld baden", sagte ein Sprecher.
Ungleichheit wird zunehmend als wichtiges Thema erkannt. Beispielsweise hat der Internationale Währungsfonds, früher geschmäht als neoliberale Lobby, sich in den vergangenen Jahren ausführlich und kritisch mit Ungleichheit beschäftigt. Das ist auch Aktivisten wie Oxfam zu verdanken. Die Frage ist nur, ob schiefe Vergleiche die Debatte besser machen.
*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, Bill Gates stünde nicht im Programm von Davos. Das war eine veraltete Information, er steht mittlerweile im Programm.