Leere Regale, Begrenzungen für Nudeln und Hefe: Bilder, die besonders den Beginn der Corona-Pandemie geprägt haben, sind wieder da. Doch in den Zeiten des Krieges in der Ukraine wird in Deutschland statt Klopapier nun Speiseöl gehamstert. "In einigen Regionen im Land sind leere Regale zu sehen", sagte Christian Böttcher, Sprecher des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH). Insbesondere Sonnenblumenöl und Mehl seien derzeit stark nachgefragt.
Engpässe für bestimmte Lebensmittel können auch die Handelsketten bestätigen. Edeka etwa berichtet, dass es bei bestimmten Produkten zu Engpässen kommen könne. "Dies betrifft insbesondere Speiseöle, die zum Teil auch aus der Ukraine stammen", teilte eine Sprecherin mit. In Zusammenarbeit mit den Lieferanten sei aber eine ausreichende Versorgung für den täglichen Bedarf sichergestellt. "Es gibt weiterhin keinen Anlass, zusätzliche Vorräte anzulegen."
Dass die Speiseöle fehlen, bekommt auch Aldi Süd zu spüren. "Wir verzeichnen aktuell in unseren Filialen eine erhöhte Nachfrage insbesondere nach Sonnenblumenöl sowie Rapsöl und Olivenöl", teilte der Discounter mit. Wie sich die Bestände entwickeln werden, sei aber noch nicht absehbar. "Seit der Corona-Pandemie sind die globalen Märkte sehr dynamisch, insbesondere die Situation auf dem Rohstoffmarkt, aber auch in der globalen Logistik." Doch nicht alle Händler sehen einen Engpass bei den Speiseölen. Die Drogeriemarktkette dm berichtet, dass derzeit insbesondere die Nachfrage bei Windeln und Babynahrung sowie Hygieneartikeln schwanke.
Der Wettbewerber Rewe appellierte zudem, Produkte nur in haushaltsüblichen Mengen einzukaufen. "Nur auf Abverkäufe in dieser Größenordnung sind die Produktionsmengen und die Lieferlogistik der gesamten Lebensmittelkette im Einzelhandel ausgerichtet." Darauf wies auch Lidl hin.
Bereits Anfang März warnte der Verband der ölsaatverarbeiteten Industrie in Deutschland (Ovid), dass Sonnenblumenöl aufgrund des Krieges in der Ukraine knapp werden könne. "Mittelfristig wird es zu Problemen kommen, weil die Ukraine der weltweit wichtigste Exporteur von Sonnenblumenöl ist", sagte ein Sprecher des Verbandes der ölsaatverarbeiteten Industrie in Deutschland (Ovid). Die Ukraine mache 51 Prozent der weltweiten Exporte an Sonnenblumenöl aus, Russland 27 Prozent. Das könne zu einem Mangel hierzulande führen, weil Deutschland seinen Bedarf zu 94 Prozent über Importe deckt.
"Das Sonnenblumenöl, das in den Ölmühlen verarbeitet wird, wird noch für die nächsten paar Wochen reichen. Aber irgendwann wird nichts mehr nachkommen", lautet die Prognose des Verbandes. Verbraucher könnten aber auf andere Speiseöle zurückgreifen. "Beim Rapsöl ist überhaupt kein Versorgungsengpass zu sehen."
Und nicht nur in Deutschland kommt es zu Hamsterkäufen. Laut Deutscher Presseagentur meldeten viele Supermärkte in Spanien leere Regale. Vor allem Sonnenblumenöl und Mehl, aber auch Nudeln, Haferflocken und Hülsenfrüchte seien teilweise leergekauft.
Kein Mangel beim Getreide für Mehl
Dass neben dem Öl auch Mehl gehamstert wird, beobachtet der Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS). Schließlich gelten die Ukraine und Russland als die Kornkammer Europas. Dennoch gebe es keinen Grund für Panikkäufe, meint der Geschäftsführer Peter Habeck. "Die Versorgung mit Mehl ist sichergestellt. Die Mühlen haben genügend Getreide gelagert, um Bäckereien und Supermärkte zuverlässig mit Mehl zu versorgen." Er weist darauf hin, dass Deutschland kein Brotgetreide aus der Ukraine und Russland importiere, da in Deutschland genügend Getreide angebaut werde. "Der Selbstversorgungsgrad für Weizen in Deutschland liegt bei rund 130 Prozent."
Obwohl die Lieferketten für Mehl und Rapsöl nicht gefährdet sind, werden die Produkte dennoch gehamstert. Hier sieht der Verbandssprecher Christian Böttcher vom BVLH Parallelen zur Corona-Pandemie. "Möglicherweise herrscht die Befürchtung, dass es mal wieder keine Grundnahrungsmittel gibt", meint er. Da nehme man beim Einkaufen neben dem Sonnenblumenöl gleich mal Mehl und Nudeln mit.