Verpackungsgesetz:Wie es mit den Mehrwegbechern klappen könnte

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Plastikbecher einmal benutzen und wegwerfen, so kann es nicht mehr weitergehen. (Foto: Oleksandr Latkun/IMAGO/imagebroker)

Die Pflicht zum Mehrwegangebot hat kaum etwas bewirkt. Ohne ein einheitliches Rückgabesystem wird das nichts.

Kommentar von Tobias Bug

Jeder, der Mahlzeiten oder Getränke in Kunststoff-Einwegbehältern "to go" verkauft, muss dafür eine Mehrwegverpackung als Alternative anbieten. Bekannt ist diese Neuerung im Verpackungsgesetz schon seit 2021, und seit Anfang 2023 gilt die Mehrwegangebotspflicht für Gastronomen, Supermärkte und Tankstellen. Passiert ist bis heute: wenig bis gar nichts. Der Marktanteil von Mehrweg zum Mitnehmen nahm laut Zahlen der Umweltschützer von WWF seit einem Jahr um nicht mal einen mickrigen Prozentpunkt zu.

Somit ist die Mehrwegangebotspflicht wieder mal ein treffendes Beispiel für: gut gemeint, aber schlecht gemacht. Es ist eine gute Idee, die Verpackungsmüllflut aus Einwegbechern und -schalen in Innenstädten oder Parks, an Bahnhöfen oder Fußgängerzonen begrenzen zu wollen. Aber mit dem jetzigen Gesetzestext wird das nichts. Das hat mehrere Gründe.

Zum einen wird die Mehrwegangebotspflicht viel zu zaghaft kontrolliert. Das führt dazu, dass sich einige Betriebe zu sicher fühlen und ihre Getränke und Speisen weiter nur in Einwegpackungen anbieten. Nur mit flächendeckenden Kontrollen in jeder Stadt können die Behörden alle Mehrwegverweigerer erwischen. Das wäre ein Riesenaufwand, für den die Verwaltungen nicht genug Personal haben. Eine Idee wäre, die Lebensmittelkontrolleure, die ohnehin in der Gastronomie vorstellig werden, damit zu beauftragen. Momentan müssen dem Staat noch die Umweltschützer unter die Arme greifen: Die Deutsche Umwelthilfe hat bei Testbesuchen in drei Viertel der überprüften Betriebe Verstöße gegen die Mehrwegangebotspflicht festgestellt. Und gegen namhafte Ketten wie KFC, Subway, Nordsee, Backwerk und Starbucks rechtliche Schritte eingeleitet.

Pappe und Alu statt Plastik ist keine Lösung

Zum anderen gibt es eine große Regelungslücke: Die Angebotspflicht gilt zwar für alle Einwegbecher, aber nur für Speisebehälter aus Plastik. Um das zu umgehen, sind viele Betreiber auf Einwegalternativen aus Pappe und Aluminium umgestiegen. Das nützt der Natur kaum. Der Gesetzgeber hätte das vorhersehen müssen. Immerhin, das Umweltministerium hat das Problem erkannt und Ende Juli 2023 eine Gesetzesänderung vorgeschlagen: Das von der Grünen-Politikerin Steffi Lemke geführte Haus will die Mehrwegangebotspflicht auf alle Verpackungsmaterialien ausweiten. Der Vorschlag hängt nun seit einem halben Jahr in der Ressortabstimmung. Aus Ministeriums- und Umweltkreisen hört man, die FDP stelle sich quer.

Und dann ist da noch das größte Problem aus Sicht der Verbraucher. Die umweltbewussten unter ihnen haben sich schon lange ihren Kaffee in mitgebrachte Thermoskannen abfüllen lassen, das Gesetz sollte es aber gerade denjenigen einfacher machen, auf Mehrweg umzusteigen, die sich mit Abfallvermeidung weniger beschäftigen. Das hat nicht geklappt. Denn in jedem Laden gibt es ein anderes System: McDonald's, Rewe, Edeka, Dunkin' Donuts. Dazu gibt es noch Poolsysteme wie Recup, Vytal und Relevo. Zurück bleiben verwirrte Kundinnen und Kunden, die doch lieber den Einwegbecher ordern und ihn nach dem letzten Schluck - bestenfalls - in den nächsten Mülleimer werfen.

Auch die Insellösungen hätte der Gesetzgeber antizipieren können. Als er vor mehr als 20 Jahren das Flaschenpfand einführte, gab es die auch. Später verpflichtete der Bund die Händler, auch diejenigen Flaschen anzunehmen, die nicht bei ihnen im Markt erworben wurden. Das klappt heute schon gut.

Beim Thema Verbraucherfreundlichkeit gibt es fürs Mehrwegangebot viel vom Pfandsystem zu lernen. Wie beim Flaschenpfand bräuchte man einheitliche Barcodes für Mehrwegbehälter, für deren Rückgabe man bestehende Infrastruktur nutzen könnte. Beim Lebensmittelhändler Rewe geht das heute schon: In dessen Supermärkten kann man hauseigene Mehrwegbecher und Salatboxen am Pfandautomaten zurückgeben. Wenn man ein solches System größer denkt und die wichtigsten Gastronomen, Tankstellen und Supermärkte sich beteiligen, kann ein sinnvolles Rückgabesystem entstehen. Ein einfaches, bei dem jeder mitmachen kann.

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