Lebensmittel:Warum Pennys Experiment mit "wahren Preisen" Kunden abschreckte

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6,01 Euro statt 3,19 Euro für die Wiener war vielen dann doch zu viel. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Penny verlangte eine Woche lang Preise für Lebensmittel, die Folgekosten enthielten. Der Discounter würde es nicht noch einmal machen.

Von Michael Kläsgen

Der Lebensmitteldiscounter Penny hat auf der Grünen Woche in Berlin die Auswertung seiner Kampagne zu "wahren Preisen" im vergangenen Sommer vorgestellt. Der Befund ist auch aus Sicht des Unternehmens desillusionierend. Der zur Rewe-Gruppe gehörende Discounter schloss daraus, solch eine Aktion in der Form nicht noch einmal zu wiederholen, weil das keine neuen Erkenntnisse bringe. "Mehr können wir unseren Kunden nicht zumuten", resümierte ein Sprecher.

Als Handelsunternehmen habe man die Verpflichtung, Lebensmittel preiswert und für alle bezahlbar anzubieten. Die Debatte über Lebensmittelpreise solle besser in der Politik geführt werden. Dort gelte es, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Penny zeigte sich offen für verschiedene Lösungen. In der Diskussion sind unter anderem eine Tierwohlabgabe, niedrigere Mehrwertsteuersätze auf vegane Produkte oder zielgenauere Subventionen. Wie konfliktgeladen das Thema ist, zeigten die Bauernproteste Anfang des Jahres.

Penny bezeichnet die einwöchige Kampagne dennoch als Erfolg, weil sie große Aufmerksamkeit für Lebensmittelpreise über die Branche hinaus erzeugt habe. Der Discounter hatte Ende Juli vergangenen Jahres eine Woche lang in allen 2150 Filialen den "wahren Preis" für neun von insgesamt 3000 Produkten verlangt. Der "wahre Preis" bildete im Wesentlichen die Umweltfolgekosten ab, die sogenannten externalisierten Kosten. Die 400-Gramm-Packung Wiener Würstchen von Mühlenhof kostete dadurch statt 3,19 Euro 6,01 Euro. Aufgeschlagen wurden folgende Kosten: fürs Klima 94 Cent, fürs Wasser neun Cent, für den Boden 1,17 Euro und für die Gesundheit 62 Cent. Bei Bio-Produkten fiel der prozentuale Aufschlag geringer aus, da sie viele Folgekosten bereits internalisiert hatten oder diese geringer waren.

Die Uni Greifswald und die TH Nürnberg hatten das Preisexperiment wissenschaftlich begleitet. Getestet werden sollte im Wesentlichen, ob Verbraucherinnen und Verbraucher dazu bereit sind, für Lebensmittel mehr zu zahlen, wenn dadurch der Wandel hin zu einer klimafreundlicheren und tierwohlgerechteren Lieferkette vom Bauern bis in den Handel initiiert werden kann.

Penny wertete nicht nur aus, wie viele von den neun Produkten verkauft wurden. Der Discounter befragte auch mehr als 2000 Konsumenten zu ihrer Kaufentscheidung. Das Ergebnis: Bei acht der neun Produkte ging der Verkauf stark zurück, besonders im Osten Deutschlands. Ausnahme war ein veganes Produkt, bei dem der Preisaufschlag minimal war.

85 Prozent derjenigen, die nicht kauften, sagten, ihnen seien die Produkte zu teuer. 46 Prozent gaben an, Umweltaspekte seien ihnen "nicht wichtig". 30 Prozent verstanden die Kampagne nicht. Die Gruppe derjenigen, die trotzdem kaufte, war wesentlich kleiner. Von ihnen begründeten etwa 90 Prozent ihren Kauf damit, dass sie dieses Produkt immer kauften und Interesse an Nachhaltigkeit hätten. 84 Prozent taten es, weil Penny die Mehreinnahmen an das Projekt "Zukunftsbauer" spendete.

Ein Sprecher von Penny sieht durch die Kampagne bestätigt, dass Kunden anders kaufen, als sie in Umfragen angeben. Die Politik, nicht der Handel sei daher bei dem Thema gefragt. In jedem Fall müssten die Umweltfolgekosten "auf den Tisch".

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