Technik:Laptop bauen leicht gemacht

Technik: Der neue Pocket-Reform von MNT ist ein nur 7-Zoll-großes Open-Source-Laptop.

Der neue Pocket-Reform von MNT ist ein nur 7-Zoll-großes Open-Source-Laptop.

(Foto: MNT)

Wer sein Notebook selbst reparieren will, hat meist keine Chance: zu frickelig, zu unübersichtlich, alles geklebt. Ein Berliner Start-up will das ändern - mit einem Do-it-Yourself-Bausatz.

Von Mirjam Hauck

Schon mal probiert, einen Laptop zu reparieren? Das ist heute bei so gut wie allen Geräten für Laien fast unmöglich. Wer auf die Idee kommt, sein Notebook aufzuhebeln, um etwa die Lüftung auszubauen, kommt ziemlich schnell ins Fluchen. Es ist extrem frickelig. Mit einem noch so schmalen Spezial-Schraubendreher, bekommt man die Bestandteile kaum auseinander. Es gibt auch nur noch wenige Schauben, fast alles ist verklebt. Und findet man doch eine Mikroschraube, fällt sie bestimmt auf den Boden und ist auf Nimmerwiedersehen verschwunden.

Dass es im Innenleben eines Laptops so eng ist, ist kein Wunder: die Geräte sollen heute volle Leistung bringen. Sie sollen schnell sein, ausreichend Arbeitsspeicher haben, einen guten Akku und leise Lüfter - und trotzdem schmal und möglichst leicht sein. Die Lösung ist, dass die Komponenten immer kleiner werden und auf immer weniger Platz verbaut werden. Wie es deswegen drinnen aussieht, also ob ein Laptop reparierbar ist, interessiert die wenigsten Menschen. Dabei wären die Geräte so viel langlebiger und damit nachhaltiger.

Es gibt ein paar wenige Gründer, die sich an solchen reparierbaren Produkten versuchen und damit - wenn auch in der Nische - erfolgreich sind. Einer von ihnen ist der Berliner Lukas Hartmann, Gründer des Start-ups MNT. Das Unternehmen mit rund zehn Mitarbeitenden hat den ersten deutschen Open-Source-Laptop entwickelt. Open Source, das kennen viele vor allem aus dem Software-Bereich. Man versteht darunter quelloffene Programme, die kopiert, verändert, verbessert und weitergegeben werden dürfen. Alle großen IT-Konzerne von Amazon bis Microsoft nutzen inzwischen solche Open-Source-Codes.

Dieses Prinzip überträgt MNT nun quasi auf Hardware. Der Open-Source-Laptop "MNT Reform" ist so konzipiert, dass die Nutzerinnen und Nutzer es selbst reparieren können: Jedes Teil des Gerätes kann ersetzt werden. Dafür veröffentlicht die Firma alle Bauanleitungen und die kompletten Designfiles, damit sich zum Beispiel einzelne Ersatzteile auch in einem 3-D-Drucker nachdrucken lassen. Ein "Recht auf Reparatur", das es so in Deutschland für Laptops noch nicht gibt, sei so von Beginn an umgesetzt worden, betont das Unternehmen.

Technik: Der "MNT Reform" ist so konzipiert, dass man ihn selbst reparieren kann.

Der "MNT Reform" ist so konzipiert, dass man ihn selbst reparieren kann.

(Foto: MNT)

"Angesichts immer kompakterer Geräte, die sich nicht reparieren lassen, habe ich mich gefragt, wo der Computer als neutrales Werkzeug geblieben ist", erklärt Hartmann seine Idee. Es könne doch nicht sein, dass so ein Laptop der "völligen kommerziellen Ausschlachtung" unterliege und man etwa nicht frei entscheiden könne, welche Dienste der Anbieter man nutzen wolle - und welche nicht.

Hartmann hat an der Universität der Künste in Berlin Wirtschaftskommunikation studiert. Als er 2015 die Industriedesignerin Ana Dantas kennenlernte, starteten sie gemeinsam ein Projekt mit dem Ziel: einen Laptop zu entwickeln, das den Menschen die völlige Kontrolle über das Gerät zurückgibt. Aus seiner Zeit bei verschiedenen Web-Start-ups wie dem sozialen Netzwerk Akiaki, hatte Hartmann noch Geld übrig. "Das habe ich in Experimente und Prototypen investiert."

Ihre Inspiration waren Rechner aus den Achtziger- und Neunzigerjahren wie die von Commodore, der Sinclair ZX 81 oder auch das Powerbook von Apple. "Die Geräte waren sehr funktional gedacht", sagt Hartmann. "Und sie haben sich viel Raum gegönnt. Wir wollten auch so ein offensichtliches Gerät bauen, bei dem man eben keine Vergrößerungsgeräte und Spezialequipment braucht, um sie aufzuschrauben."

Sechs bis neun Monate Wartezeit

2020 kam der erste deutsche Open-Source-Laptop auf den Markt, auch finanziert durch eine Crowdfunding-Kampagne. Die ersten rund 500 Laptops sind mittlerweile verkauft, wer jetzt noch ein gut 1300 teures Gerät haben will, muss sechs bis neun Monate warten. Erst dann hat die Firma wieder alle Teile beisammen, denn auch MNT habe mit der Chipkrise zu kämpfen.

Etwas günstiger ist der Do-it-Yourself-Bausatz, mit dem man den Laptop selbst zusammenschrauben kann. Und der verkauft sich laut Hartmann sogar noch besser als das fertige Gerät. "Das ist ein bisschen wie bei einem Ikea-Möbel", sagt er. Man brauche dafür keine besonderen Werkzeuge, nur einen Schraubenzieher und ein bisschen Geduld. Wer bis zum Ende durchhält, versteht, wie ein Computer funktioniert. Auf dem Open-Source-Laptop läuft selbstverständlich auch Open-Source-Software. Und zwar Debian Linux, vorinstalliert sind auch Webrowser wie Firefox und Chromium, die Bürosoftware Libre Office und die freie Photoshop-Alternative Gimp.

Gekauft werde der Laptops vor allem von Open-Source-Expertinnen und Experten, sagt Hartmann, aber auch von technisch weniger versierten Menschen und sicherheitsbedürftigen Nutzern, denen es wichtig sei, dass kein Bestandteil des Geräts überwacht werden kann. Auch Unis nutzen die Laptops, um ihren Informatik-Studierenden zu zeigen, wie es in einem Computer aussieht.

Hartmann sieht ein großes Potenzial für diese Art von Consumer-Elektronik, allerdings wolle man nicht "zum neuen Apple heranwachsen". Weiterwachsen soll die Firma aber schon, aktuell mit dem neuen Produkt, dem MNT Pocket Reform, einem kleinen, nur 7-Zoll-großen Open-Source-Laptop. In der Basisversion mit einem Gehäuse aus recyceltem PLA soll er circa 700 Euro kosten.

Die MNT-Laptops sind eine der wenigen Open-Hardware-Produkte, die sich direkt an Verbraucherinnen und Verbraucher richten. Verbreiteter sind reparierbare und reproduzierbare Technologien für die Industrie. Einige solcher Projekte stellt die Plattform Prototype Fund Hardware vor, die vom Forschungsministerium unterstützt wird. Aufgelistet sind etwa Anleitungen für den Bau eines CO₂-Messgerätes oder von dezentralen Solaranlagen. Dass in diesem Bereich ein großes Einsparpotenzial steckt, zeigt eine Studie der EU. Sie spricht bei Open-Source-Hardware gar von "der nächsten Revolution".

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