Das europäische Weltraumlabor Spacelab haben sie hier schon gebaut, das bei diversen Space-Shuttle-Einsätzen im All war. Ebenso das Columbus-Labor, das zur Raumstation ISS gehört. Und nun das ESM-Servicemodul für die Nasa-Raumkapsel Orion, die bald Astronautinnen und Astronauten zum Mond fliegen soll. Dass sie hier bei Airbus an der Bremer Hünefeldstraße nahe des Flughafens Raumfahrt können, hat sich herumgesprochen. Und nun wird dort womöglich bald das nächste große Zukunftskapitel aufgeschlagen.
Der Airbus-Konzern ist ein transatlantisches Joint Venture mit dem US-Unternehmen Voyager Space eingegangen, um sich am Bau der nächsten Raumstation zu beteiligen. Die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa möchte sie Ende des Jahrzehnts als Ersatz für die dann rund 30 Jahre alte ISS im Erdorbit platzieren. Und sie will dies kommerzialisieren, ähnlich wie bereits den Astronauten- und Frachtransport zur ISS, der vor allem von Elon Musks Firma Space-X bedient wird. Die Nasa hatte für die ISS-Nachfolge Konzeptaufträge im Gesamtwert von rund 415 Millionen Dollar an die Nanoracks-Gruppe, zu der Voyager Space gehört, sowie Blue Origin und Northrop Grumman vergeben, allesamt US-Firmen.
Die von Voyager Space geplante Raumstation Starlab soll nach Unternehmensangaben die erste kommerzielle Raumstation mit permanenter Besatzung werden. Sie soll sicherstellen, dass die Nasa weiterhin im niedrigen Erdorbit präsent ist, sie soll aber auch der europäischen Raumfahrtagentur Esa Arbeitsplätze für Astronauten bieten. Starlab soll etwa das halbe Volumen der ISS haben, aber Kapazitäten für ähnlich viele wissenschaftliche Experimente bieten. Bei etwa 70 Astronauten-Expeditionen wurden auf der ISS Tausende Versuche in der Schwerelosigkeit gemacht. Das Joint Venture will die neue Raumstation spätestens 2028 in die Erdumlaufbahn bringen, mit welcher Trägerrakete, ist aber noch unklar.
Eigentlich wollte Voyager Space mit dem US-Konzern Lockheed Martin eine aufblasbare Station entwickeln, hat sich dann aber wegen der Kapazitäten doch für eine feste Struktur entschieden. Hier kommt nun Airbus ins Spiel, das unlängst auch das Raumstationskonzept Loop entwickelt hat. "Ziel ist es, Starlab zu entwickeln, zu bauen und zu betreiben, um die ISS abzulösen", sagte Airbus-Chef Michael Schöllhorn bei einer Telefonkonferenz. Starlab solle "Wissenschaftlern und Forschern ein Zuhause bieten". Dies nicht auf institutioneller Basis wie die ISS, sondern auf kommerzieller Grundlage. In Europa sollen Esa, nationale Raumfahrtagenturen und Industrie profitieren. "Der Schwerpunkt liegt in Bremen", sagte Schöllhorn zur europäischen Beteiligung.
Es gehe nun darum, zu beweisen, dass es einen Markt für Weltraumforschung gibt
Neben Airbus liefern auch US-Firmen Komponenten zu, doch "Airbus ist unser wichtigster industrieller Partner", sagte Voyager-Space-Chef Dylan Taylor. "Airbus ist führend bei Weltraumhabitaten und Forschungshardware." Mit Starlab wolle man vor allem Möglichkeiten für Forschung und Industrie im Orbit bieten. Er sprach von einem historischen Meilenstein, "da wir definitiv in die Ära der kommerziellen Raumstationen eintreten". Es gehe nun darum, zu beweisen, dass es einen Markt für Weltraumforschung gibt. Schwerpunkt solle zunächst die Kooperation mit Raumfahrtagenturen werden. Bei entsprechender Nachfrage könne er sich weitere Starlabs für andere Kunden vorstellen.
Taylor nimmt an, dass die Nasa zwei Anbieter auswählen wird. Dabei werde der internationale Ansatz von Voyager Space ein Vorteil sein - dies sei der Schlüsselfaktor für den Erfolg der ISS. Er deutete an, das Projekt auch umsetzen zu wollen, sollte Voyager Space leer ausgehen. "Nimmt man nur das kommerzielle Geschäft, das auf der ISS abgewickelt wird, so reicht das für eine Raumstation", sagte er. Der Bedarf werde in den 2030er-Jahren steigen und reiche für "mehrere kommerzielle Raumstationen". Airbus-Chef Schöllhorn ergänzte, dass dies auch durch sinkende Preise und Militäraufträge begünstigt werde. Über Details zu Kooperation und Finanzierung wollten sich die Partner noch nicht äußern.