Interessenskonflikte von Trump:Die Marke Trump - "heißer denn je"

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Donald Trump steht vor gewaltigen Interessenkonflikten. Dass er auf das Präsidentengehalt verzichten will, macht es nicht besser. (Foto: REUTERS)
  • Donald Trump ist nicht der erste vermögende Amerikaner, der ins Weiße Haus einzieht. Doch noch nie war ein Präsident so reich wie er.
  • Seine Geschäfte bringen Interessenkonflikte mit sich. Trump will deshalb auf sein Präsidentengehalt verzichten - dabei soll doch gerade das, die Unabhängigkeit des Präsidenten gewährleisten.

Von Claus Hulverscheidt und Kathrin Werner, New York

Vom Oval Office aus gesehen liegt der Stein des Anstoßes ganze zehn Fußminuten entfernt. An der grau-beigen Fassade wehen fünf Sternenbanner im Novemberwind, mit seinen kreisrunden Erkern, den Fensterbögen und dem mächtigen Glockenturm mutet das Gebäude an wie ein mittelalterliches Schloss. Wer hier, im neuesten Luxushotel der Hauptstadt Washington, übernachten will, zahlt 650 Dollar pro Nacht - oder mehr. Dafür darf der Gast gemessenen Schrittes durch das mächtige Eingangsportal schreiten, über dem in goldenen Lettern ein Name leuchtet: TRUMP.

1100 Pennsylvania Avenue lautet die Adresse, das Büro des Präsidenten liegt an derselben Straße, Hausnummer 1600. Doch war es wirklich nur die günstige Lage des Hotels, die Donald Trumps Unternehmen jetzt auf die Idee brachte, gut 100 ausländische Diplomaten zu einer Tour zu bitten? Oder versucht da einer, seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl noch vor dem offiziellen Amtsantritt zu versilbern?

Trump ist nicht der erste vermögende Amerikaner, der ins Weiße Haus einzieht, auch manche seiner Vorgänger, Franklin D. Roosevelt etwa oder John F. Kennedy, waren mehr als betucht. So reich wie der künftige Präsident allerdings war noch niemand: Auf 3,7 Milliarden Dollar schätzt das Magazin Forbes das Vermögen des Unternehmers, das vor allem in Hotels, Bürohochhäusern und Golfplätzen steckt - ein Imperium, von dem sich Trump auch als Präsident nicht trennen will.

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Die Interessenskonflikte, die daraus resultieren können, sind beinahe mit Händen zu greifen - und schon zu besichtigen. Trumps Tochter Ivanka, die ihr Geld unter anderem mit Schmuck verdient und eine wichtige Beraterin ihres Vaters ist, warb nach dem ersten großen Fernsehinterview des künftigen Präsidenten für den teuren Armreif, den sie für alle Zuschauer sichtbar während der Sendung getragen hatte. Die Personenschützer vom Secret Service zahlen hohe Preise für ihre Reisen im Trump-Flugzeug, zu denen sie seit dem Wahltag verpflichtet sind. Und ausländische Regierungsvertreter nächtigen tatsächlich im Trump-Hotel, um sich beim neuen starken Mann einzuschmeicheln.

"Warum soll ich nicht dort absteigen?", fragte ein asiatischer Diplomat jüngst ganz unverblümt im Gespräch mit der Washington Post. Das Hotel liege "nur ein paar Straßen vom Weißen Haus entfernt, und ich kann dem Präsidenten sagen, dass ich sein neues Hotel liebe". Bis Ende Januar sind die Zimmer im alten Postamt weitgehend ausgebucht - aus Sicht des Chefs kein Wunder: Die Marke Trump, sagt Trump, sei nach dem Wahlsieg "heißer denn je."

Bisher hatten Unternehmer, die Präsident wurden, meist einen blind trust gegründet, einen Fonds, der die Führung ihrer Firmen treuhänderisch übernimmt. Der Präsident bleibt in diesem Fall Eigentümer, gibt aber für die Dauer seiner Amtszeit jegliches Mitspracherecht auf. Trump hingegen will seine Unternehmensgruppe den drei ältesten Kindern anvertrauen, Donald Jr., Ivanka und Eric - ein Konstrukt, das ihm offenbar selbst nicht ganz koscher erscheint: "Ich weiß nicht, ob man es einen blind trust nennen kann, wenn Ivanka, Don und Eric ihn führen", sagte der Präsident in spe. Antwort: kann man nicht.

Eine Bestimmung, die Trump zum Verkauf seiner Unternehmen zwingt, gibt es nicht. Zwar ist es Mitgliedern des Kongresses verboten, über Gesetze abzustimmen, bei denen sie aufgrund privater Investments befangen sind. Aber die Vorschrift ist eng gefasst und lässt sich nicht auf den Präsidenten ausweiten. Trump sagt, er würde gerne "irgendetwas" aufsetzen, um Land und Geschäft zu trennen. Richtig notwendig allerdings sei das nicht: "In der Theorie könnte ich sowohl mein Geschäft als auch das Land perfekt führen."

Selbst wenn er sich doch formal aus dem undurchsichtigen Firmenkonglomerat zurückziehen sollte, ist kaum davon auszugehen, dass seine Kinder die Firma völlig unabhängig werden führen können. Ivankas Ehemann Jared Kushner etwa soll den Schwiegervater politisch beraten, er wird also künftig zwischen dem Weißen Haus und dem Abendbrottisch der Firmenchefin hin und her wechseln. Der gesamte Interessenskonflikt, in dem die Familie steckt, kulminiert in seiner Person. Wie das in der Praxis aussehen könnte, zeigte sich bei Trumps erstem persönlichen Treffen mit einem ausländischen Regierungschef, dem japanischen Premier Shinzo Abe: Wie selbstverständlich saßen Ivanka und Jared in der kleinen Runde mit dabei.

Seinen Geschäftssinn ganz ausschalten können wird Trump ohnehin kaum, denn wie sollte er vergessen, dass er Immobilien in Aserbaidschan und auf den Philippinen besitzt und Geschäfte mit der Bank of China macht, wenn er als Präsident mit den Staatschefs dieser Länder verhandelt? Das gilt umso mehr, als Marke und Person in seinem Fall miteinander verschmelzen: Seine Golfklubs, Hochhäuser und Hotels sind ja nicht nur wegen ihres reinen Immobilienwerts so teuer, sondern vor allem deshalb, weil sie seinen Namen tragen. Die Marke ist gewissermaßen sein wichtigstes Kapital. "Es ist ein klein wenig schwierig, seine Identität in einen blind trust zu stecken", sagt Andrew Rudalevige, Professor am Bowdoin College in Maine.

Medienberichten zufolge konnte sich Trump schon bei den ersten Telefonaten mit künftigen Amtskollegen nicht zurückhalten: Beim Glückwunschanruf des argentinischen Präsidenten Mauricio Macri soll er auch über seine Pläne gesprochen haben, ein Bürohochhaus in Buenos Aires zu bauen. Und nach dem Wahlsieg griff angeblich - man ahnt es schon - Tochter Ivanka zum Hörer und setzte die Unterhaltung mit Macri fort. Ihr Vater traf sich zudem in seinem neuen Washingtoner Hotel mit Geschäftspartnern aus Indien.

Ähnlich liefen die Dinge in einem Gespräch, das der künftige Präsident kurz nach der Wahl mit dem britischen Rechtspopulisten Nigel Farage führte. Trump hatte in Schottland wiederholt gegen einen Windpark vor der Küste geklagt, der angeblich den Blick von seinem Golfplatz aus ruiniert - vergeblich. Nun übergab der Unternehmer Trump an den Politiker Trump: Er habe prinzipiell nichts gegen Offshore-Windparks, erklärte er Farage nach Angaben eines Ohrenzeugen. Die Politik - in Washington wie in London - müsse aber darauf achtgeben, dass solche Parks die Sicht nicht verschandelten.

Auch mit dem neuen Hotel in Washington gibt es ein Problem, das über den Tatbestand der freundlichen Diplomaten-Nötigung hinausgeht: Trump hat das ehemalige Postamt für drei Millionen Dollar im Jahr gepachtet, und zwar vom Staat. Vom 20. Januar an ist er also sein eigener Vermieter - was der Pachtvertrag explizit verbietet. Lösung des Problems? Offen.

Trotz und Medienschelte

Beim Umbau des Postgebäudes geholfen hat im Übrigen die Deutsche Bank - noch so ein Fall, in dem sich der Unternehmer und der Präsident in die Quere kommen könnten. Schon seit Monaten streitet das Geldhaus wegen windiger Wertpapiergeschäfte mit der US-Regierung über die Höhe einer Geldstrafe. Wie wird der Konflikt weitergehen, wenn er bis zum 20. Januar nicht gelöst ist? Verhilft Präsident Trump den geschädigten Kunden dann zu ihrem Recht, oder stellt sich Unternehmer Trump vor eine der ganz wenigen Banken, die ihm stets die Treue gehalten hat?

Trump selbst versuchte zuletzt, die Debatte um Interessenskonflikte zu entschärfen, indem er erklärte, er werde auf das Präsidentensalär von 400 000 Dollar im Jahr verzichten - eine Farce, denn es ist ja just dieses Gehalt, das den Staatschef unabhängig von anderen Einkünften machen soll. Weil also auch diese Idee nicht verfing, griff er zu einer Kombination, mit der er schon im Wahlkampf erfolgreich gewesen war: Trotz und Medienschelte. "Vor der Wahl war allgemein bekannt, dass ich an Immobilien in aller Welt beteiligt bin", schrieb der künftige Präsident bei Twitter. "Nur die betrügerischen Medien machen daraus wieder eine große Sache."

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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