Wellenreiten:Europas größter Surfpark soll bei München entstehen

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Umsonst, draußen und mittlerweile weltbekannt: die Surfwelle am Eisbach in München. (Foto: Volker Preusser/imago)

Investoren wollen in der Nähe des Flughafens die "Surftown München" bauen. Auch internationale Wettkämpfe könnten künftig in Hallbergmoos stattfinden.

Von Caspar Busse

Bei den Olympischen Spielen in Tokio, die in diesem Sommer tatsächlich stattfinden sollen, wird es eine besondere Premiere geben: Zum ersten Mal sollen Medaillen im Wellenreiten vergeben werden. Schon im August 2016 hatten die IOC-Mitglieder einstimmig dafür gestimmt, dass Surfen olympische Sportart wird. Demnächst sollen die letzten freien Startplätze für diesen Wettbewerb bei den verschobenen Spielen vergeben werden.

Surfen bei Olympia, darauf haben die Sportlerinnen und Sportler lange hingearbeitet. Das zeigt, welche Bedeutung diese Sportart in den vergangenen Jahren bekommen hat. Die Hoffnungen auf die Premiere sind jedenfalls groß. "Surfen ist einfach mehr als nur ein Sport, das ist ein Lebensgefühl und hat Suchtfaktor. Das weiß ich aus eigener Erfahrung", sagt Conrad Albert. Der ehemalige Fernsehmanager, der hoch im Norden in Flensburg geboren ist, ist ein begeisterter Surfer.

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Von 2005 bis 2020 hat der Jurist, der in München wohnt, aber oft auf Sylt ist, für den Münchner Fernsehkonzern Pro Sieben Sat 1 gearbeitet, zuletzt als Vizevorstandschef. Nachdem er öffentlich das Unternehmen und den Führungsstil des damaligen Vorstandsvorsitzenden Max Conze im SZ-Interview kritisiert und von "Vorstands-Soap-Opera" gesprochen hatte, war er seinen Job los. Albert betätigt sich seitdem als Investor.

So soll die Anlage mit dem riesigen Wasserbecken aussehen. Die Eröffnung ist für 2023 geplant. (Foto: Animation/Surftown)

Jetzt hat er ein neues, durchaus spektakuläres Projekt: Zusammen mit sechs weiteren Investoren will er in der Nähe des Münchner Flughafens den bislang größten Surfpark Europas bauen. Das Becken wird den Planungen zufolge 180 mal 60 Meter groß sein und eine Wasseroberfläche von rund 10 000 Quadratmeter haben. Eine pneumatische Hubanlage einer kanadischen Spezialfirma generiert Wellen, die bis zu zwei Meter hoch sein können, sodass Ritte von bis zu 15 Sekunden möglich sein sollen.

Bis zu 60 Leute können gleichzeitig surfen. Daneben wird ein großer Freizeitpark gebaut. In diesem Herbst sollen die Bauarbeiten beginnen, im vierten Quartal 2022 wird das Wasser eingefüllt, im Sommer 2023 könnte dann die offizielle Eröffnung sein. Investiert wird nach Angaben Alberts ein "solider zweistelliger Millionenbetrag", finanziert durch Eigen- und Fremdkapital, etwa 20 Prozent davon ist öffentliche Förderung.

Künstliche Karibik: So ähnlich könnte der Surfpark am Flughafen aussehen. (Foto: Surftown)

Kann ein solches Projekt mitten in der Corona-Pandemie überhaupt ein Erfolg werden, noch dazu in München, weit weg vom Meer?

"Surfen ist die zurzeit weltweit am stärksten wachsende Sportart, insbesondere in Europa und Asien. Wir investieren in einer frühen Phase eines sich entwickelnden Marktes", sagt Albert. Nach Schätzungen gibt es derzeit rund 50 Millionen Surferinnen und Surfer weltweit, davon etwa 6,5 Millionen in Europa, Tendenz steigend. Allein in Deutschland sollen es bis zu 2,4 Millionen sein, davon betreiben laut Albert etwa knapp 500 000 diesen Sport regelmäßig. Etwa genauso viele Golfspieler gebe es derzeit, die sich auf geschätzt tausend Golfplätzen tummeln können.

Mindestens 60 Prozent der Surfer lebten nicht in der Nähe des Meeres, müssen also immer reisen, um den Sport auszuüben, so die Investoren. München bezeichnet sich zudem als eine der Surferstädte in Deutschland, die Eisbachwelle im Englischen Garten ist inzwischen nicht nur bei Surfern weltweit bekannt, sondern auch ein touristischer Anziehungspunkt. An diese Tradition will das Projekt "Surftown München" anknüpfen. Das Einzugsgebiet könnte, so die Hoffnung der Investoren, etwa 250 bis 300 Kilometer groß sein. Surftown-Initiator und -Gründer ist Chris Boehm-Tettelbach, der die anderen Mitgründer, darunter Albert, über die Münchner Surfszene kennengelernt hat. Das Grundstück in Hallbergmoos nördlich von München wurde bereits erworben. Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Hallbergmoos und dem Landkreis Freising sei bislang gut, innovationsfreundlich und zukunftsorientiert gewesen, sagt Albert.

Drei Surfer haben einen großen Plan: Der ehemalige Pro-Sieben-Sat-1-Vize Conrad Albert, Michi Mohr und Gründer Chris Boehm-Tettelbach (von rechts). (Foto: Surftown)

Die Pläne sind ambitioniert, neben dem Wasserbecken sollen Büros, Gastronomie und Einzelhandel entstehen. "Wir bauen nicht nur ein Schwimmbecken mit Wellengenerator, sondern zugleich einen Content Generator", sagt der ehemalige Fernsehmann Albert. Von den landenden Flugzeugen am Flughafen München aus sei das Areal perfekt zu sehen. Werbung machten Sportler und Besucher, die Bilder in sozialen Netzwerken posten und Geschichten erzählten. Auch internationale Surfwettkämpfte könnten künftig in Hallbergmoos stattfinden.

Berlin, Leipzig oder Wien: Weitere Projekte könnten folgen

Die Corona-Krise, die derzeit so viele Freizeiteinrichtungen hart trifft, sei kein Problem, sagt Albert. Sie wirke eher "wie ein Beschleuniger für das Projekt". Sportliche Betätigung werde immer attraktiver. "Das Reise- und Freizeitverhalten ändert sich gerade, Nachhaltigkeit steht immer mehr im Vordergrund", glaubt Albert. Das System der Anlage sei auf CO₂-Neutralität ausgelegt, der Strom soll aus erneuerbaren Energien gewonnen werden, 80 Prozent aus eigenen Photovoltaik-Anlagen. Der Flughafen und seine Umgebung seien gut mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar. Zudem müssten die Surfer dann nicht mehr um die Welt reisen und hätten konstante Sportbedingungen.

"Unser Geschäftsplan ist sehr solide, wir rechnen damit, dass wir relativ schnell Geld verdienen werden", ist Albert überzeugt. Die Surftown bei München könnte dann sogar "eine Blaupause für weitere Projekte werden", die Idee sei skalierbar. Ähnliche Projekte könnten in den nächsten Jahren in der Nähe anderer Flughäfen umgesetzt werden, etwa in Berlin, Leipzig oder Wien. Vorstellbar sei auch ein Franchisekonzept. In Europa gibt es derzeit erst wenige Surfparks, anders als in den USA.

Ein Manko wird der Surfpark allerdings nie ablegen können, das weiß auch der passionierte Surfer Albert: "Eine solche Anlage wird echtes Wellenreiten im Meer nie ersetzen."

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