Freihandel:Trump wird beim Freihandel plötzlich zahm

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Bei der Präsentation amerikanischer Produkte gibt sich Präsident Trump zupackend. In Handelsfragen ist er neuerdings konziliant. (Foto: REUTERS)
  • Wieder und wieder hat US-Präsident Donald Trump angekündigt, das Handelsabkommen mit Kanada und Mexiko aufkündigen zu wollen.
  • In einem Monat sollen nun die Neuverhandlungen beginnen. Ein Eckpunktepapier dafür zeigt: So schlecht scheint der Präsident das Abkommen gar nicht zu finden.
  • In dem Papier ist weder von Strafzöllen, noch von festen Importquoten die Rede.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Wenn es ihm zu ruhig wird im Publikum und der mit viel Pathos aufgeladenen Veranstaltung ein wenig die Luft auszugehen droht, dann greift der gewiefte Wahlkämpfer Donald Trump bis heute gerne zu einer Spezialwaffe: ein paar derbe Worte über das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta, über arbeitsplatzraubende Mexikaner und tricksende Kanadier - und schon ist das Volk wieder voll da. Hunderte Male hat Trump die Vereinbarung in den vergangenen zwei Jahren als "schlechtesten Handelsvertrag, den je ein Land unterschrieben hat" bezeichnet. Erst im April deutete er, längst Präsident, erneut an, dass er das Abkommen womöglich vollständig aufkündigen werde.

Nun aber hat die US-Regierung ein Eckpunktepapier veröffentlicht, das dem Handelsbeauftragten Robert Lighthizer in den anstehenden Gesprächen mit den Nafta-Partnern als Leitfaden dienen wird. Der Katalog enthält eine ganze Reihe von Punkten, mit denen die Regierungen in Mexiko-Stadt und Ottawa ihre Probleme haben werden. Interessanter aber ist, was auf den 17 Seiten nicht zu finden ist: Von Strafzöllen und festen Importquoten, mit denen Trump stets gedroht hatte, ist ebenso wenig die Rede wie von einer Vertragskündigung. Vielmehr schwenkt Washington nach Monaten der Drohungen offenbar auf einen sehr viel pragmatischeren Kurs ein.

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Zu den Kernzielen der US-Regierung gehört laut Katalog ein besserer Marktzugang für amerikanische Industriebetriebe, Landwirte und Dienstleister in den beiden Partnerländern sowie eine deutliche Reduzierung des Handelsdefizits mit Mexiko. Zudem will man erreichen, dass insbesondere die Regierung in Ottawa Anti-Dumpingmaßnahmen der US-Behörden nicht mehr so einfach wie bisher vor einem Nafta-Schiedsgericht aushebeln kann.

Dass die Amerikaner statt auf Krawall nun auf Dialog setzen, dürfte auch in Berlin aufmerksam registriert werden. Zwar bezieht sich das jetzt vorgelegte Papier nur auf die Nafta-Gespräche. Es enthält jedoch auch Punkte - etwa ein Verbot von Währungsmanipulationen -, die im Handel der USA mit Mexiko und Kanada gar keine Rolle spielen und darauf hindeuten, dass der Katalog auch als Blaupause für Gespräche mit anderen Wirtschaftspartnern dienen könnte. Dazu zählen nicht zuletzt die EU, China, Südkorea und Japan. Trump hatte gerade die hohen Exportüberschüsse der Bundesrepublik immer wieder scharf kritisiert und vor allem der deutschen Autoindustrie mit Strafzöllen gedroht.

Für Trump sind Handelsdefizite ein Ausweis von Schwäche

Der Nafta-Vertrag war vom früheren US-Präsidenten George Bush ausgehandelt und 1994 von dessen Nachfolger Bill Clinton in Kraft gesetzt worden. Er betrifft fast 500 Millionen Menschen und sorgte dafür, dass sich der Handel zwischen den USA, Kanada und Mexiko auf heute 1,2 Billionen Dollar verdreifachte. In den USA profitierten viele Branchen und Millionen Arbeitnehmer von dem Abkommen, wie auch Lighthizer in seinem Papier einräumt. Es gibt aber auch viele Verlierer, darunter die Beschäftigten einiger Industriezweige, deren Betriebe gen Süden abwanderten.

Seit Jahren verbuchen die USA im Handel mit Mexiko ein jährliches Minus im mittleren zweistelligen Milliardenbereich. Trump, der solche Defizite - anders als die meisten Ökonomen - für einen Ausweis von Schwäche hält, verweist gerne darauf, dass sein Land noch 1993, also vor dem Inkrafttreten von Nafta, ein minimales Handelsplus gegenüber Mexiko erzielt hatte. Was der Präsident jedoch unterschlägt, ist: Auch wenn die Vereinigten Staaten heute deutlich weniger ins Nachbarland verkaufen als sie von dort importieren, haben sich die US-Warenexporte nach Mexiko in den vergangenen 23 Jahren beinahe versechsfacht - von gut 40 auf 230 Milliarden Dollar. Gegenüber Kanada wiesen die USA nach vielen Minus-Jahren zuletzt sogar wieder ein leichtes Handelsplus auf - ganz ohne Änderung des Nafta-Vertrags.

Allerdings gilt das Abkommen auch außerhalb der USA als reformbedürftig, da es vor dem Aufstieg der Digitalindustrie abgeschlossen wurde und auch an anderen Stellen nicht mehr zeitgemäß ist. Interessant ist, dass sich die Pläne Washingtons etwa für mehr Arbeitnehmerrechte und Umweltschutz - insbesondere in Mexiko - ausgerechnet an den Handelsvereinbarungen der USA mit Asien und Europa orientieren, die Trump hatte platzen lassen.

Die Regierungen in Ottawa und Mexiko-Stadt zeigten sich erleichtert, dass die USA offenbar konstruktive Gespräche anstreben. Auch in den Partnerländern gibt es Änderungswünsche. Kanada will aber vor allem erreichen, dass Streitigkeiten weiter vor ein Schiedsgericht gebracht werden können, Mexiko geht es darum, jegliche Exportbeschränkungen zu verhindern. Lighthizer, der als knallharter Verhandler gilt, erklärte bei der Vorlage des Zielkatalogs, er wolle "ein viel besseres Abkommen" für alle Bürger seines Landes erreichen. "Zu vielen Amerikanern ist durch die Schließung von Fabriken, die Verlagerung von Arbeitsplätzen und den Bruch politischer Versprechen Leid zugefügt worden", sagte er.

Die Nafta-Verhandlungen sollen Mitte August beginnen und wegen der 2018 anstehenden Wahlen in Mexiko und den USA möglichst rasch abgeschlossen werden.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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